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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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anzusehen.«
    »Was ... wie war sie?« fragte Leo begierig.
    »Wie sie war? – Oh, sie war die Inkarnation aller Schönheit; sie war wie der Schein der Morgendämmerung auf dem Schnee; sie war wie der Abendstern über den Bergen; sie war wie die erste Blume des Frühlings. Bruder, frage mich nicht, wie sie war. Ich will nicht mehr von ihr reden. Oh! Meine Sünde, meine Sünde! Ich gleite in die Vergangenheit zurück, und ihr zerrt meine verborgene Schande an das Licht des Tages. Nein, ich will es gestehen, damit ihr wißt, wie schwach und sündig ich bin, den ihr vielleicht für einen Heiligen gehalten habt. Diese Frau – falls sie eine Frau war – hat in meinem Herzen ein Feuer entfacht, das niemals erloschen ist – Oh! – und noch mehr, noch mehr ...« Kou-en wiegte seinen Oberkörper vor und zurück und Tränen der Reue quollen unter seiner Hornbrille hervor. » Sie hat mich dazu gebracht, sie anzubeten! Zuerst fragte sie mich nach meinem Glauben und hörte aufmerksam zu, als ich ihr unsere Dogmen darlegte. Ich sprach mit großer Hingabe, da ich hoffte, in ihrem Herzen die Flamme der Erleuchtung anfachen zu können. Doch als ich zu Ende gekommen war, sagte sie: ›Dein Weg ist also die Entsagung, und dein Nirwana das Nichts, ein Ziel, das kaum die großen Anstrengungen lohnt, die ihr euch auferlegt, um es zu erreichen. Ich werde dir jetzt einen amüsanteren Weg zeigen, und eine Göttin, die deine Verehrung mehr verdient.‹
    ›Welchen Weg, und welche Göttin?‹ fragte ich sie.
    ›Den Weg der Liebe und des Lebens‹, antwortete sie, ›der die ganze Welt geschaffen hat, der auch dich geschaffen hat, o Sucher des Nirwana, und der Name dieser Göttin ist Natur.‹
    Ich fragte sie nun, wo diese Göttin wäre, und sie richtete sich auf, und ihre Haltung war die einer Königin, und sie sagte: ›Ich bin diese Göttin, ich bin Sie . Knie nieder und bete mich an!‹
    Meine Brüder, ich fiel auf die Knie, ja, und ich küßte ihre Füße, und dann floh ich wie gehetzt aus dem Raum, beschämt und gebrochenen Herzens, und sie begann zu lachen und rief mir nach: ›Denk an mich, wenn du Devachan erreichst, du Diener des Buddha-Heiligen, denn obwohl ich mich verändere, sterbe ich doch nicht, und selbst dort werde ich bei dir sein, der du mich einmal angebetet hast.‹
    Und so ist es, meine Brüder, so ist es; obwohl ich für meine Sünde Absolution erlangt und ihretwegen während meiner folgenden Inkarnation viel gelitten habe, kann ich mich nicht von ihr lösen, und für mich ist der Endgültige Friede weit, weit entfernt.« Kou-en preßte seine Greisenhände vor das Gesicht und begann bitterlich zu schluchzen.
    Ein befremdender Anblick, wahrlich, einen heiligen Khubilghan von weit über achtzig Jahren wie ein Kind weinen zu sehen wegen eines Traums von einer schönen Frau, den er in einer mehr als zweitausend Jahre zurückliegenden Inkarnation geträumt zu haben glaubte. So wird es der Leser sehen. Doch ich empfand aus sehr persönlichen Gründen ein tiefes Mitgefühl mit diesem armen, alten Mann, und auch Leo verstand ihn. Wir klopften ihm auf den Rücken und versicherten ihm, daß er gewiß das Opfer einer bösen Halluzination geworden sei die niemals gegen ihn aufgerechnet werden könne, weder in diesem Leben, noch in einem späteren, und wenn es eine Sünde gewesen sein sollte, so sei sie längst vergeben, und so weiter. Als er sich wieder etwas beruhigt hatte, versuchten wir, weitere Informationen von ihm zu erhalten, doch mit sehr magerem Resultat, so weit sie die Priesterin betrafen.
    Er erklärte uns, daß er nicht wüßte, zu welcher Religion sie gehörte, und es sei ihm auch gleichgültig, da es sich auf jeden Fall um eine sehr üble Religion handeln müsse. Sie sei am nächsten Morgen mit der Armee weitergezogen, und er habe sie nie wiedergesehen und auch nie wieder von ihr gehört, doch erinnere er sich, daß er gezwungen gewesen war, sich acht Tage lang in seiner Zelle einzuschließen, um sich davor zu bewahren, ihr zu folgen. Doch, an eines könne er sich noch erinnern: Der Abt hatte den Brüdern erklärt, daß die Priesterin der wahre Anführer jener Armee sei nicht der König oder die Königin, die die Priesterin haßte. Ihr Befehl sei es gewesen, der die Armee den Marsch nach Norden habe antreten lassen, um jenseits der Wüste und der Fernen Berge ein Land zu erreichen, in dem sie sich und ihren Kult etablieren wollte.
    Wir fragten, ob es wirklich ein Land jenseits der Fernen Berge gäbe, und Kou-en

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