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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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überhaupt nichts geschehen sei.
    Über zwei Stunden gingen wir so, bis der Weg uns aus der Schlucht auf einen grasbewachsenen Hang führte. Hier fanden wir zu unserer Überraschung eine Feuerstelle, über der ein Tonkrug hing, in dem eine Art Eintopf kochte. Die Gestalt machte mir durch Zeichen zu verstehen, daß ich absitzen sollte, und deutete auf den Topf, was sicherlich bedeutete, daß wir essen sollten, was die wilden Männer auf ihren Befehl für uns vorbereitet hatten, und wir gehorchten der Anweisung mehr als willig. Auch für das Pferd war vorgesorgt worden, denn neben dem Feuer lag ein großes Bündel frischer Zweige.
    Während Leo das Tier absattelte und zum Futter führte, nahm ich einen zweiten Tontopf zur Hand, der neben der Feuerstelle stand, und ging zum Bach hinunter, um zu trinken und meinen verletzten Arm in das eiskalte Wasser zu tauchen. Es war eine große Erleichterung, und ich war jetzt sicher, daß die Fänge des riesigen Hundes nur die Elle zerbrochen oder verletzt hatten, eine Entdeckung, für die ich mehr als dankbar war. Nachdem ich meine Wunde gekühlt hatte, füllte ich den Krug mit Wasser.
    Auf dem Rückweg kam mir ein Gedanke, und als ich an der mysteriösen Gestalt vorbeikam, die jetzt reglos wie Lots Weib stand, nachdem sie in eine Salzsäule verwandelt worden war, trat ich auf sie zu und bot ihr das Wasser an, in der Hoffnung, daß sie von dem Krug trinken und dazu ihr Gesicht enthüllen würde. Zum ersten Mal zeigte sie jetzt einen menschlichen Zug, jedenfalls hielt ich es dafür, indem sie dankend den Kopf neigte. Doch wenn dem so war – und ich konnte mich irren –, so war das alles, denn sie wandte sich sofort um und zeigte mir damit, daß sie mein Angebot ablehnte. Also wollte sie nicht trinken – oder war dazu nicht in der Lage. Und sie wollte auch nicht essen, denn als Leo ihr später von dem Essen anbot, wandte sie ihm ebenfalls stumm den Rücken.
    Inzwischen hatte er den Topf vom Feuer genommen, und sobald sein Inhalt genügend abgekühlt war, fielen wir darüber her, denn wir waren wirklich ausgehungert. Nachdem wir gegessen und getrunken hatten, erneuerte Leo den Verband um meinen Arm, und wir ruhten uns etwas aus. Ich glaube, daß wir, da wir sehr müde waren, sogar ein wenig geschlafen haben, denn ich fuhr auf, als ein Schatten auf mein Gesicht fiel, und sah unseren mumienhaften Führer neben mir stehen. Er zeigte erst auf die Sonne, dann auf das Pferd, als wenn er uns andeuten wollte, daß wir noch einen weiten Weg vor uns hätten. Also sattelten wir auf und zogen weiter, etwas mehr bei Kräften, weil wir zumindest nicht mehr hungrig waren.
    Den ganzen Nachmittag führte der Weg über grasbewachsene Hänge, und wir sahen keinen Menschen. Ab und zu hörten wir jedoch das schrille Pfeifen, das uns sagte, daß wir von den Wilden ständig beobachtet wurden. Gegen Sonnenuntergang veränderte sich der Charakter des Landes, aus dem grasbewachsenen Boden wurde nackter Fels, auf dem da und dort Krüppelkiefern wuchsen. Wir hatten das Vorland des Berges verlassen und befanden uns jetzt auf seinem Hang.
    Die Sonne sank, und wir zogen in der Dämmerung weiter. Das Abendrot verglühte, und es wurde dunkel. Unser Weg wurde jetzt nur noch von den Sternen beleuchtet, und von dem matten Glühen der Wolke über dem Berg, das vom Schnee reflektiert wurde. Immer weiter zogen wir, hinter unserem Führer her, der keine Müdigkeit zu kennen schien. Wenn er uns vorher unheimlich und unmenschlich erschienen war, so kam er uns jetzt wie ein Geist vor, als er, in weiße Totenlinnen gekleidet, von denen das matte Licht reflektiert wurde, ohne zu sprechen, ohne auch nur einmal zurückzublicken, lautlos zwischen den dunklen Felsen und den windschiefen Kiefern vorwärts glitt.
    Bald hatten wir jede Orientierung verloren. Der Weg führte einmal in diese Richtung und dann in jene. Wir überquerten eine weite, offene Fläche und zogen durch die Schatten eines engen Tals, bis wir endlich, als der Mond aufgegangen war, in eine Schlucht kamen, die wir auf einem schmalen, geröllübersäten Weg durchzogen. An ihrem Ende lag ein Platz, den ich am besten als riesiges Amphitheater beschreiben kann, das die Hand der Natur aus dem Fels des Berges geschnitten hatte. Es war offensichtlich als Verteidigungsanlage vorgesehen, da der einzige Zugang ein enger, gewundener Tunnel war, durch den Menschen nur einzeln passieren konnten. Auf der gegenüberliegenden Seite des weiten Runds sah ich eine Reihe von

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