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Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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sich die gleiche karge Landschaft: Berge und Täler aus Eis und Schnee. Sonnenstrahlen färbten die Gipfel rosig und orangegelb. Bald würde sich die feurige Kugel vollends erheben, das Gebiet in blendendes Licht tauchen, und es würde ein spektakulärer Anblick sein.
    Trotz der kalten Atmosphäre da draußen war ihr warm, und das beunruhigte sie. Obwohl sie ihre Sternenengelmacht erst seit Kurzem besaß, wusste sie, wozu sie fähig war. Doch die Ausstattung dieses Raums erlaubte ihr eindeutig nicht, ihre Talente zu nutzen. Da gab es nichts, was sie mittels Telekinese hätte umherwerfen, kein Feuer, das sie hätte manipulieren können. Und weil sie die Außenwelt durch die Fenster nicht spürte, musste der Marmorsaal auf magische Weise gegen sein Umfeld abgeschirmt sein. Wenn sie ein Gewitter entfesselte, würde es den Anwesenden nichts anhaben. Hier war sie machtlos.
    Verzweifelt versuchte sie die Energie des Mannes in Weiß zu ignorieren, der nur wenige Schritte von ihr entfernt stand.
    »Wie bitter ich enttäuscht wurde, kann ich nicht bestreiten«, erklang seine vertraute, unheimlich schöne Stimme.
    Sophie wollte ihn nicht anschauen, nicht in den Bann der schwarzen, eisblau umrahmten sternförmigen Pupillen geraten. Jetzt kannte sie ihn. Angstvoll zitternd kniete sie am Boden und konnte endlich klar genug denken, um Gregori zu durchschauen.
    Bei der letzten Begegnung hatte er sie mit einem schwarzen Mal versehen, um sie gegen den Mann aufzuhetzen, den sie liebte.
    Der Mann, den ich liebe. Dieser Gedanke gab ihr neue Kraft. Nun kniete sie vor einem Monster, das sie wahrscheinlich töten würde, ohne dass sie gewusst hätte, warum, und trotzdem war die Erkenntnis ihrer Liebe zu Azrael wichtiger als alles andere.
    »Zutiefst enttäuscht …« Gregori seufzte so traurig, dass sie ihn unwillkürlich ansah. »Aber ich kann es Ihnen nicht verübeln«, fügte er hinzu und schenkte ihr ein verständnisvolles Lächeln. »Wenn Ihre Gefühle echt sind.«
    Sophie blinzelte verwirrt. Wer war er? Was zum Geier wollte er von ihr? Welches Spiel trieb er mit ihr? Sie warf einen raschen Blick auf die anderen Anwesenden. Über ihre Schulter musterte sie den Mann, der sie am Strand gefangen genommen hatte.
    Sicher ein Vampir. Groß und breitschultrig, mit pechschwarzem Haar, leuchtend blauen Augen und feurig roten Pupillen. Irgendetwas an diesen Pupillen erschien ihr merkwürdig. Aber sie wollte nicht lange genug hineinschauen, um herauszufinden, was es war. Keinesfalls durfte sie Gregori den Rücken kehren.
    Zwei Männer standen sich an den Enden des Raums gegenüber, beide etwa zwei Meter groß und kräftig gebaut, mit heller, fast durchscheinender Haut. Der eine hatte grünlich schimmerndes braunes Haar und grüne Augen, der andere bläulich schimmerndes schwarzes Haar und blaue Augen, und beider Augenpaare wirkten … reptilienartig, hatten nicht runde, sondern schlitzförmige Pupillen.
    Obwohl sie es nicht wollte, starrte sie die zwei Männer, die ausdruckslos ins Leere blickten, fasziniert an. Wie Statuen standen sie da, die Arme entspannt zu beiden Seiten ihres Körpers. Beide trugen Bluejeans, schwere Stiefel und Lederjacken, die anscheinend mit echten Juwelen verziert waren. Imitationen hätten kein so intensives Feuer aufgewiesen. Auf der einen Jacke funkelten grüne Steine – Smaragde? –, auf der anderen Saphire.
    O Gott, dachte Sophie, diese Jacken müssen ein Vermögen wert sein.
    Dann musterte sie die vierte Person und erkannte John Smith, der sie aus der Zelle auf Alcatraz geholt hatte. Mit rätselhaften Augen erwiderte er ihren Blick.
    »Warum bin ich hier?«, fragte sie ihn, weil sie nur ihn anschauen konnte, ohne dass ihr Magen rebellierte.
    »Sie werden es nicht glauben«, erwiderte Gregori und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Aber es ist die reine Wahrheit. Ich möchte Ihnen nicht schaden, Sophie.«
    Langsam stand sie auf, in dem vergeblichen Versuch, sich diesem Mann gegenüber nicht so klein zu fühlen.
    »Wenn ich das wollte, hätte ich es schon während der letzten zwanzig Jahren getan«, fuhr er in bedeutsamem Ton fort. »Ich hätte Sie, als Ihre Eltern starben, nicht beschützt und auch nicht vor der Polizei, nachdem Sie Ihren Pflegevater erschossen hatten.«
    Verblüfft starrte sie ihn an. Sie waren das?
    Er nickte. »Viele Jahre gab ich Azrael die Schuld an meinem Unglück. Er war der Todesengel. Und ich hatte jemanden verloren, den ich sehr liebte. Natürlich hatte ich einen Plan. Aber

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