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Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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ohne gemerkt zu haben, wie es aus ihrer Kehle gestiegen war.
    Plötzlich schmerzte ihre rechte Hand, und sie zuckte zusammen. Azrael ließ sie sofort los und musterte sie besorgt.
    Die Stirn gerunzelt, betrachtete sie ihre Handfläche. Gregoris schwarzer Löwenzahn war verschwunden. Auch der winzige weiße Engel, den Az ihr gegeben hatte. Auf ihrer Haut schimmerte ein perfektes goldenes Flügelpaar.

32
    In einem weißen Marmorsaal mit Marmorsäulen spiegelte sich ein flackerndes Kaminfeuer im Marmorboden, auf dem mit gekreuzten Beinen ein Mann in der Mitte eines Kreises aus weißen Kerzen saß. Über dem aufgeknöpften Kragen seines weißen Hemds wellte sich sein dichtes schwarzes Haar. Sein kraftvoller Körper wirkte völlig entspannt, seine schönen, aber beängstigend fremdartigen Augen waren geschlossen.
    Als Bilder an den gesenkten Lidern vorbeizogen, öffnete er die Augen. Seine eisblauen Iriden umgaben dunkle Sterne, erfüllt von einer noch dunkleren Magie, die sich wie ein Lauffeuer ausbreiten und wie Unkraut wuchern konnte. Der Mann beobachtete eine Szene an einem Strand – einen Vampir und eine Frau, die ihren Fesseln entkommen war.
    So sei es, dachte er, es ist an der Zeit.
     
    Ich liebe dich.
    Klar und deutlich hörte er den Gedanken. Die drei schlichten Worte durchschnitten den dichten Nebel, in den sich die restliche Welt verwandelt hatte, als wären sie die einzigen, die in der Geschichte der Zeiten jemals erklungen waren.
    In diesem Moment entschwand alles Böse, das es in Azraels Leben gegeben hatte. Es flog davon wie Staub in einem Hurrikan. Alles war verziehen, alles war gut, und er wollte die Frau, die das bewirkt hatte, nur noch küssen.
    Ich liebe dich.
    Auf die Zehenspitzen erhoben, streichelte sie sein Haar. In seiner Verblüffung stand er einfach nur da und ließ sich küssen. Dann übernahm er die Kontrolle. Alle Fasern seines Erzengelleibs erwachten zu neuem Leben.
    Plötzlich zuckte sie zusammen, und er spürte ihren Schmerz wie seinen eigenen. Er beendete den Kuss nur widerstrebend und betrachtete Sophies Handfläche, die sie anstarrte. Dort schimmerte ein goldenes Tattoo, das Gregoris Löwenzahn verdrängt hatte. Zwei Engelsflügel.
    Eine plötzliche Bewegung in der Luft hielt ihn davon ab, die Hand zu ergreifen und genauer zu inspizieren. Die atmosphärische Störung erregte seine Aufmerksamkeit, seinen Kampfgeist.
    Während sein Blick über die Schatten am Strand schweifte, hielt er den Atem an. Ein Knall, ein saugendes Geräusch. Und alles änderte sich. Dank seiner Erzengel- und Vampirreflexe wirbelte Azrael herum. Blitzschnell zog er Sophie hinter seinen Rücken und sondierte die Lage.
    Phantome rasten über den Strand, darunter ein paar Gespenster, verzerrten die Luft und verbreiteten erstickende negative Energien.
    Sofort wuchsen Azraels Fänge. Aus seinen Augen sprühten rote Funken, sein Atem bildete Eiszapfen in der erkalteten, von den Phantomen verpesteten Nacht. Die Anwesenheit dieser Monster überraschte ihn. Offensichtlich hatten sie es auf Sophie abgesehen. Hätten sie ihn attackieren wollen, hätten sie in den letzten zweitausend Jahren genug Zeit dazu gehabt.
    Die milchweißen Gestalten näherten sich dem Paar, die grausigen Fratzen zu einem schwarzen, zähnefletschenden Grinsen verzerrt. Über zwei Meter groß, mit einer flirrenden Haut, die Nebelschichten glich, sahen sie wie Fotonegative von Sterblichen aus, nur viel größer. Die dünnen, schulterlangen bläulich weißen Haare flatterten wie Federn im Wind, die Augen waren unergründliche schwarze Tümpel. Unter der breiten nackten Brust zogen sich blau-weiß schimmernde mysteriöse Symbole über ihren Bauch.
    Als der schlimmste Fluch in der übernatürlichen Welt konnten Phantome nach Belieben verschwinden und in Sekundenbruchteilen unvorstellbar weite Wege zurücklegen. Wenn sie ein Opfer berührten, raubten sie ihm alle Kräfte und ließen es von innen her erkalten, sodass es qualvoll erfror.
    Niemals würde ein Erzengel ein einzelnes Phantom unterschätzen. Viele Phantome waren ein apokalyptischer Albtraum. Glücklicherweise waren sie bisher noch nie in Gruppen aufgetreten, immer nur als Einzelkämpfer. Was Az jetzt sah, hätte er nicht für möglich gehalten.
    Die Gespenster in ihren Reihen bewegten sich langsamer, waren etwas schwächer, besaßen aber ein schreckliches Talent. Wenn sie ein Opfer berührten, rissen sie alte Wunden auf und brachen ihm alle Knochen.
    Vor langer Zeit, nach der Erschaffung der

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