Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
hatte, um mich als Sohn ausrufen zu lassen! Ich wurde dazu geboren, gehasst zu werden und selbst zu hassen, doch das Schicksal will noch mehr für mich. Meine Macht als Wasserflüsterer ist unübertroffen!«
Er machte eine kurze Pause, in der wir uns flammend fixierten.
»Ist es nicht eine wunderbare Ironie, dass weder Eaden und Baltimore noch eines ihrer Kinder die Saat der Wasserflüsterer in sich tragen? Nur durch meine Venen strömt das Blut, das die Götter mit ihrem Segen belegt haben. Hades und Persephone, Poseidon und Demeter – sie alle haben mein Schicksal geknüpft. Und es bestimmt mich zum Herrscher über Azulamar!«
»Es mag sein, dass River kein Wasserflüsterer ist!«, gab ich zitternd zur Antwort. »Aber er hat das, was Ihr nie haben werdet. Ehre. Großmut. Güte und den Mut, sich einer bedrückenden Situation ohne vernichtenden Hass zu stellen. Seht Ihr nicht, wie ähnlich sein Leben dem Euren war? River wuchs als Außenseiter auf, in einer Stadt, in der ihm alle mit Skepsis und Argwohn begegneten. Er passte mit seinen großen Kräften nicht hinein, wurde weder geduldet noch geschätzt. Seine Wahl war die gleiche wie die Eure – doch Ihr habt Euch für den Weg des Hasses entschieden, während River in die entgegengesetzte Richtung gegangen ist.«
Meine Augen standen in Flammen.
»Ich verabscheue Euch, Alastair – weil Ihr unmenschlich, grausam und eiskalt seid. Und doch versagt habt!«
Ich wandte mich an Aries, der immer noch dastand und nicht wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte.
»Bringt mich sofort zurück in meine Zelle«, knurrte ich. »Ich ziehe die Gefangenschaft der Gesellschaft Eures großen neuen Herrschers vor!«
Meine Stimme vibrierte vor triefendem Sarkasmus. Ich fühlte mich nicht gut, aber zumindest so bestätigt, dass ich nun ganz genau wusste, dass Alastair eine große Schwäche hatte. Zwar hatte er recht – ich konnte ihn damit nur provozieren und ihm nicht das Genick brechen, aber ein Anfang war gemacht.
14. Kapitel
P OSEIDONS E RBE
R IVER E RZAHLT
R iver! River, wach auf! Sieh mich an!«
Ich sah sie nicht an.
Ich sah niemanden an. Ich fühlte nur, wie meine Augen brannten, vor Staub, Salz und Tränen. Ich betrachtete nur die Szene, die sich vor meinen Szenen abspielte, durch die dunkelgrünen Augen Ashlyns.
Gregory hatte meine Mutter nicht umgebracht.
Vielleicht hätte er es getan – aber Alastair war ihm zuvorgekommen. Und zwar nur aus einem Grund: um meinen Vater gegen Gregory aufzuhetzen. Er hatte es geplant. Großer Gott, er hatte mein ganzes Leben gesponnen. Und den Tod meiner Eltern …
Er suchte nach einem Mann, der skrupellos genug war, um zu töten, und trotzdem tiefe Gefühle empfinden konnte. Er fand damals Gregory, der brennend am Meer und an allem anderen interessiert war, was damit zusammenhing. Er ermordete dessen Frau Angela, wohl wissend, dass Gregory nah im Umfeld von Baltimore und mir war. Anfangs war es nur die Kreditkarte und die Stimme aus dem Off, die er nutzte, um in Gregorys Brust Rachsucht zu pflanzen. Oh, ich hätte es wissen müssen!
Was für ein guter Schauspieler Alastair doch immer gewesen war!
Er tötete Monique, meine Mutter, die ich so sehr geliebt hatte, um meinem Vater einen Schlag zu verpassen und ihn noch mehr gegen Gregory aufzuhetzen. Es war alles kühle Berechnung gewesen – und dafür hatten so viele Menschen ihr Leben gelassen.
Eaden, mein Onkel, und seine Verlobte, mein Vater, meine Mutter, meine Großmutter, mein Großvater.
Alastair und Selene hatten praktisch meine ganze Familie ausgelöscht.
Ich sah dies alles durch Ashlyns Augen. Es kam über mich, als Dracion, Elomir, Paradise und ich noch dabei waren, eine Strategie zu erarbeiten.
Kochend heiß wie flüssiges, klebriges Pech strömten die fremden Erinnerungen über mich.
Ich wehrte mich, wand mich unter dem Fremdkörper in meinem Geist, bis ich die Präsenz von Ashlyn spürte. Sie war es. Ich konnte sie riechen, sie fühlen. Verblüffend einfach wurde mir klar, dass es die Liebe war, die uns verband und es uns möglich machte, die starken Emotionen auf den anderen zu übertragen.
Ich hatte davon gehört, dass nur die Götter dies in alten Zeiten vermocht hatten – nie jedoch Sterbliche.
Und Sterbliche waren wir; mit aller Magie in unserem Blut war uns die Unsterblichkeit doch so fern wie allen anderen Menschen auch.
So viele Tote. So viele hatten sterben müssen, damit Alastair diesen Punkt erreichte. Unschuldige, Schuldige – aber vor
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