Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
Azulamar! – nicht zulassen, dass unser Fehler die Zukunft dieser Stadt zerstört.«
»Du bist grausam! Wir sind mehr als Großmeisterin und König! Wir sind auch Eltern von einem kleinen Kind! Ist er nur ein Fehler gewesen? Wie kannst du uns das antun!«
»Du wirst immer in meinem Herzen bleiben, auch wenn Hippolyta die Frau ist, mit der ich verheiratet bin.« Claude beugte sich vor und küsste Selene auf die Lippen, doch sie drehte sich von ihm weg.
»Du wirst es bereuen, wenn du mich verlässt«, prophezeite sie ihm.
Ich erkannte am Klang ihrer Stimme, dass sie es ernst meinte, doch er hielt ihre Worte wohl für einen Ausspruch aus ihrem gekränkten Herzen, der nichts Besonderes zu bedeuten hatte. Ich wusste es besser.
Claude nestelte an seinem Gürtel herum und legte einen schweren Dolch auf den Beistelltisch. Es war der, den mittlerweile Alastair trug.
»Ich werde dich für immer lieben.«
»Wenn du jetzt gehst, werde ich dich für immer hassen«, sagte Selene und starrte wie gebannt auf ihre Handfläche, wo ihr Mal eingebrannt war.
Claude drehte sich um und ging.
Er ließ Selene zurück. Aus ihren Augen lösten sich keine Tränen, doch ein Schluchzen krümmte ihren Körper. Nur für wenige Sekunden, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
»Mama?«, hörte ich plötzlich eine zaghafte Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um und wich zur Seite aus.
Es war ein kleiner Junge, höchstens zwei Jahre alt. Seine grünen Augen jedoch wirkten älter, sein hübsches Gesicht sprach schon jetzt von der Kraft, die in ihm schlummerte.
»Alastair, mein Schatz«, murmelte Selene, machte zwei Schritte auf ihn zu, hob ihn hoch und drückte ihn an sich.
»Ist Papa gegangen?«
»Ja, mein Liebling.«
»Wann kommt er wieder?«
»Niemals.«
»Werde ich ihn nie wiedersehen?«
»Oh doch, aber er wird uns nicht mehr besuchen. Du wirst ihn oft sehen, aber er will das nicht mehr.«
»Hat er mich nicht mehr lieb?«
»Richtig. Aber ich habe dich lieb. Ich werde dich immer lieb haben. Und eines Tages, wirst du stark sein und …« Sie unterbrach sich selbst und warf einen kurzen Blick auf ihren Sohn. Er war jung, doch nicht zu jung, um seinen Geist mit dem Hass auf das Königshaus zu füttern.
Sie nahm den Dolch.
»Darf ich damit spielen?«, fragte Alastair unbekümmert.
»Heute nicht, aber bald – mein kleiner Prinz …«
Der Nebel umwob mich wieder, und alles, was meine Augen nun wahrnahmen, waren nur noch Fetzen. Sie blitzten auf, kurz und eindringlich wie ein Wimpernschlag, sie zuckten und funkelten und erloschen ebenso schnell wieder. Ich gab es auf, sie alle genau erkennen zu wollen, und gab mich stattdessen nur dem Gefühl hin, das mich umfing.
Es war eine reine, pure und unberührte Form der Traurigkeit, die immer schwerer und undurchdringlicher zu werden schien. Ich versank in ihr wie in einem Sumpf, der meine Glieder festhielt und sie mit eiserner Gewalt nach unten zog. Nach und nach kam aber noch etwas anderes an die Oberfläche des Meeres meiner Gedanken.
Hass.
Ich war beinahe verblüfft, dass ich es so nüchtern, aber doch recht spät erkannte. Schließlich war Hass eines der stärksten Gefühle. Hier jedoch schlich er sich langsam ein, bedächtig, fast vorsichtig. Erst glaubte ich, es wäre Zufall, dass er sich entwickelte, aber schnell stellte ich meinen Irrtum fest: Er war wie Gift, das eingeflößt wurde. Alastair hatte sein ganzes Leben lang gefühlt, wie das Gift des Hasses seine Kehle herabrann und eine brennende Spur hinterließ.
Ich sah einen Jungen von etwa sieben Jahren, der mit einer merkwürdigen Steintafel auf dem Schoß in einem abgerundeten Torbogen saß undzwei Jugendlichen hinterhersah. Der eine hatte volles blondes Haar, in dem einige einzelne Strähnen zu sauberen Zöpfen geflochten waren. Er war feingliedriger als der neben ihm und etwa genauso groß. Ich brauchte nicht das Gesicht des dunkelhaarigen zu sehen – ich wusste, dass es Baltimore war. Baltimore und sein Bruder, der Vater von Paradise.
Der Junge mit dem wilden schwarzen Haar und den stechend grünen Augen bohrte seinen Blick in den Rücken seiner Halbbrüder. Er sah nicht wütend aus, nur neidisch. Hatte es dieser Neid geschafft, Alastair zu dem zu machen, was er war? Ich wandte den Blick und sah nun, dass seine Mutter hinter ihn getreten war.
Sie legte ihre Hand auf den Kopf ihres Sohnes und beobachtete Baltimore und den anderen Jungen ebenfalls, als Hippolyta hinter einer Häuserwand auftauchte. Sie saß in
Weitere Kostenlose Bücher