Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
Wie immer hab ich das Auto nicht abgeschlossen …« Ich schüttelte den Kopf und fixierte mit meinem Blick die gegenüberliegende Wand, um mich zu konzentrieren. »Alles war okay. Gute Musik im Radio, die Straße war vollkommen frei, das Wetter war super. Und dann – dann ist mir die Wegbeschreibung runtergefallen. Ich hab also das Tempo gedrosselt, habe mich runtergebeugt, und als ich wieder nach oben kam, saß hinter mir dieser Mann und hat mir eine Waffe an den Kopf gehalten!«
Dadurch, dass ich das alles erzählte, wurde mir erst wieder bewusst, wie furchtbar die Situation gewesen war. Eine gewisse Panik stieg in mir auf, aber ich bemühte mich, sie zu unterdrücken. Ich konnte mir Hysterie jetzt nicht erlauben.
»Wer war das?«, in Gregorys Gesicht spiegelte sich Unruhe.
»Ludovic Meyers.« Der Name sorgte dafür, dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Unwillkürlich drückte ich die Hand meiner Mutter etwas fester.
»Meyers!«, rief Gregory aus und sprang auf. Einige Sekunden lang tigerte er durch das Zimmer, schien die Zeit zu brauchen, um seine Wut zu zügeln, und drehte sich dann wieder zu mir um.
»Was ist weiter passiert?«
»Er hat gesagt, er wollte mich töten, um sich an dir zu rächen. Aber nicht nur mich – sondern auch dich, Mom und Eric …« Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. »Er war vollkommen durchgedreht und … er verlangte, dass ich anhalten sollte, aber ich habe es nicht getan. Ich hab den Wagen herumgerissen, er ist durch die Leitplanke gebrochen und ins Wasser gestürzt. Und dann … dann kam jemand … Er hat die Tür aufgerissen und mich nach oben gezogen und mich an Land gebracht.«
»Wer?«, fragte meine Mutter.
Ich öffnete den Mund, als mir klar wurde, dass es River gewesen war, der mich gerettet hatte. Es bestand daran gar kein Zweifel. Es war keine Stimme gewesen, sowohl am Strand als auch die des Löwen in meinem Traum. Die dunkle Silhouette passte zu ihm, die Art, sich zu bewegen und auch die blauen Augen, die ich im Traum gesehen hatte.
Ich schluckte.
»Es war River Sullivan.«
River hatte mich gerettet.
River. Der Mann, der mich nicht leiden konnte, der, der Tyler so brutal geschlagen hat. Die Halbwaise mit dem geheimnisvollen Hintergrund.
Und gleichzeitig der Mensch, der mich seit Tagen am meisten beschäftigte. Er war so – undurchsichtig. Aber noch viel wichtiger war: Wie hatte er es geschafft, mich zu retten? Wie konnte er die Tür aufreißen und sie sogar noch aus ihren Angeln ziehen? Verdammt, wie hatte er so tief tauchen können? So schnell? Wie war es möglich, dass er zu dem Ort gekommen war, der nur von meterhohen Klippen umgeben war?
Keine dieser Fragen, die er aufwarf, konnte beantwortet werden.
Er schien ein einziges Rätsel zu sein.
»Sullivan? Der Junge von Giles Sullivan?«, erkundigte sich Gregory.
Ich nickte.
»Nun, dann ist der Junge ein Held«, schloss meine Mutter. »Und wir sollten uns bei ihm bedanken. Du hast großes Glück gehabt, Ashlyn. Wenn du ihn das nächste Mal siehst, musst du ihn zum Essen einladen.«
Ich starrte die beiden ungläubig an. Sie kannten River überhaupt nicht! Und doch planten sie sofort, ihn zum Dank zum Essen einzuladen! Nun, ich war mir sicher, dass sie die Geschichte noch einmal von ihm hören wollten …
»Wo ist Ludovic Meyers jetzt?«, fragte Gregory. »Ist er unten ertrunken?«
»Ja«, flüsterte ich. »Da bin ich mir sicher.«
Dann fiel mir noch etwas ein. »Wieso musstet ihr eigentlich nachfragen, wer mich gerettet hatte? War River denn nicht mehr da, als ihr gekommen seid?«
»Niemand war bei dir, Ashlyn.« Isabel schüttelte verneinend den Kopf. »Es ist nur ein anonymer Anruf eingegangen, der einen Rettungswagen zu dem kleinen Buchtstück bei den Klippen rief – aber als die Hilfe da war, fand man nur dich, wie du dalagst. Um dich herum war niemand mehr zu sehen.«
Das Gespräch war an dieser Stelle praktisch beendet. Sie wünschten mir gute Besserung und teilten mir mit, dass der Arzt darauf bestand, dass ich über Nacht noch im Krankenhaus blieb, obwohl ich bis auf ein paar Kratzer und Schrammen keine Verletzungen abbekommen hatte. Eigentlich wollte ich lieber gleich nach Hause, aber es erschien mir klüger, die ärztliche Anweisung zu befolgen, um dann morgen auch wirklich entlassen zu werden. Außerdem hatte ich ein wenig Angst, dass bei uns ein volles Haus sein würde, sobald sich in Melbour mein Unfall erst einmal herumgesprochen hatte. Hier im Krankenhaus ließen sie meine
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