Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
weich aus, wenn man bedachte, was für ein aggressives, wildes Tier der Löwe doch war.
Und plötzlich – stürzte das Wasser wieder auf mich ein.
Ich weiß, wer du bist, wollte ich schreien, ich weiß es! Ich habe dich erkannt!
Doch es war zu spät. Das Wasser verschlang mich und ließ mich aus dem Reich der Träume wieder in die trüben, tiefen Gefilde des reinen Schlafes eintauchen.
Die Königin zuckte zusammen und schreckte hoch. »Alles in Ordnung, Herrin?«, fragte das Mädchen.
»Ja, ja, natürlich.« Die Stimme der Königin klang unwirsch. »Geh und hol die Prinzessin. Sag ihr, es ist wichtig.«
»Ja, natürlich, Herrin.« Sich verbeugend verließ das Mädchen rückwärts den Raum, während die Königin aufstand und begann, mit ihren Fingerspitzen ihre faltige Stirn zu massieren. Sie kannte diese Art von Träumen. Sie hatte nicht geschlafen, nein, sie hatte nur auf ihrem Ruhebett gesessen, die Kristallkuppel über ihrem Kopf betrachtet und war dann in eine Vision hineinversetzt worden.
Als die Prinzessin das Gemach ihrer Großmutter betrat, starrte diese unverwandt auf ihren Ring, in den ein violetter, strahlender Stein eingefasst war.
»Großmutter?«, fragte die Prinzessin und kam näher.
»
Viorev …«
, flüsterte die Königin.
4. Kapitel
E LYSIUM
O h Gott, Gregory. Ich habe solche Angst um sie …« Eine Stimme, ein Schluchzen – »Es wird alles wieder gut, Isabel. Ich verspreche es dir …« – als Antwort.
Ich hatte nicht gespürt, dass ich dabei war, wieder aufzuwachen, aber tatsächlich war ich es. Ein unangenehmer Geruch stieg mir in die Nase, aber, benommen, wie ich war, konnte ich ihn noch nicht zuordnen. Das war auch erst einmal nebensächlich.
Ich öffnete die Augen (oder eher: Ich zwang meine Augenlider, sich zu öffnen …) und sah erst mal nur grelles Licht. Viel heller und aggressiver als das in meinem Traum.
»Gregory! Sieh nur! Sie wacht auf!«
Ein Schwall von Parfum umfing mich, und dieses Mal hatte ich kein Problem, den Duft zu erkennen.
»Mom …«, murmelte ich leise und schloss die Augen gleich wieder. Ich sah ja außer dem Licht sowieso nichts.
»Ashlyn! Du hast mich erkannt! Du bist wach!« Sie fiel mir um den Hals und ließ mich dann ganz plötzlich und erschreckt los. »Geht es dir gut? Hast du Schmerzen? Möchtest du etwas essen? Oder etwas trinken? Ashlyn! Gregory ist auch da. Und draußen warten deine Freunde auf dich.«
Als sich ihr Redeschwall über mich ergoss, musste ich leise lächeln. Ich war eindeutig wieder in der Welt der Lebenden – nur meine Mutter brachte es fertig, ihre soeben aus einem tiefen Schlaf erwachte Tochter dermaßen zuzureden.
Bevor ich etwas erwidern konnte, war sie schon wieder dabei, fortzufahren: »Ashlyn, du bist ja so ruhig … Ist wirklich alles in Ordnung? Sollten wir nicht lieber einen Arzt rufen? Was meinst du, Gregory?«
Ich lachte leise in mich hinein und richtete mich mit einem leisen Seufzen auf. Endlich fiel es mir leichter, die Augen ganz zu öffnen, und nach einigem Blinzeln sah ich auch etwas.
»Mom, es geht mir gut«, brachte ich heraus und legte meine Hand auf die ihre.
Sie saß an meinem Bett, und jetzt war auch klar, warum es komisch gerochen hatte – ich war in einem Krankhaus. Kalte, weiße Wände starrten mich an.
Gregory trat hinter meine Mutter und platzierte seine Hand auf ihrer Schulter, um sie zu beruhigen. »Kannst du dich erinnern, was passiert ist?«
Diese Worte, diese Frage sorgten erstmals dafür, dass ich es überhaupt versuchte. Ich spulte in meinen Gedanken den Film meines Lebens zurück. Ach ja, der Bootstrip. Ich war in Melbour losgefahren, hatte bei einer Raststätte halt gemacht und war rein gegangen, um einzukaufen …
Und dann …
Ich sog die Luft ein und begann zu erzählen. »Wir wollten uns alle am Santa Monica Pier treffen. Die Jacht von Tylers Vater, die ›Illusion‹, liegt dort vor Anker, also haben wir beschlossen, damit rauszufahren. Anscheinend kennt Tyler sich damit ziemlich gut aus und hat auch einen Führerschein für das Ding.« Die letzten Sätze fügte ich nur hinzu, um meine Eltern nicht noch mehr zu verunsichern, als sie sowieso schon waren. »Jedenfalls habe ich ja gefragt, ob ich heute –«
»Es ist schon Samstag, Ashlyn. Du hast beinahe einen ganzen Tag geschlafen«, unterbrach mich Gregory.
»Oh … Nun, wie dem auch sei. Ich bin heute also losgefahren und hab an einer kleinen Tankstelle mit Supermarkt angehalten, um noch Chips und Cola zu kaufen …
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