Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
Freunde nicht mehr zu mir, weil sie der Meinung waren, ich bräuchte Ruhe.
Und damit hatten die Schwestern vollkommen recht: Ich war so müde wie noch nie zuvor in meinem Leben. Meine Muskeln fühlten sich so an, als hätte ich einen schweren Muskelkater, und ich wollte nur noch schlafen.
Aber der Gedanke an River hielt mich wach. Er hatte mir das Leben gerettet. Wie viel ich ihm nun schuldete, war unermesslich … Warum hatte er das getan? Natürlich, ich glaubte nicht, dass er ein schlechter Mensch war – aber selbst, wenn er den Unfall gesehen hätte, hätte er doch wie ein normaler Mensch mit dem Handy einen Krankenwagen rufen können … Wie war es ihm gelungen, so schnell zur Unfallsstelle zu tauchen und mich zu befreien?
Das war doch …
Ich fröstelte.
Es war unnatürlich. Übermenschlich.
Ein normaler Mensch hätte das nicht gekonnt. Aber River schon. Wie hatte er das nur angestellt?
Mein Körper verlangte immer heftiger nach Schlaf und besiegte mein Bewusstsein schließlich. Ich würde wohl noch warten müssen, bevor ich all diese Fragen River stellen konnte – aber sobald ich die Möglichkeit dazu hatte, wollte ich es tun.
Er konnte mir nicht einfach das Leben retten und erwarten, dass alles wieder so war wie früher.
Ich lächelte, kurz bevor ich wieder einschlief. Vielleicht konnte ich sein Leben verändern, es schöner machen. Denn ob er wollte oder nicht, er und ich würden in den nächsten Stunden zum Stadtgespräch werden, sobald die Information über meinen halsbrecherischen Unfall und die spektakuläre Rettung nach außen gedrungen war. Er würde zu einem geheimnisvollen Helden für die Leute werden – und seine Außenseiterposition würde ins Wanken geraten. Vielleicht war es für uns beide die Chance für einen Neuanfang.
Als ich am nächsten Morgen nach Hause entlassen wurde, stellte sich heraus, dass Eric ein schlechtes Gewissen hatte.
Diese zwei Begriffe in einem Satz zu verwenden, war normalerweise praktisch unmöglich – Eric bereute nicht, ebenso wenig wie er über Handlungsweisen nachdachte. Dafür vernebelten ihm die Joints meistens zu sehr das Gehirn – aber das war seine Sache. Tatsache war, dass er sich unbehaglich fühlte, weil er in einem Surfer-Laden in Los Angeles gewesen war, während ich unter Wasser um mein Leben kämpfte.
Kaum hatte ich meinen Fuß in unser Haus gesetzt, war er da und bereit, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Die Versuchung, das auszunutzen, war ziemlich groß, aber ich beherrschte mich. Eric brachte mir etwas zu trinken zur Couch – ich brauchte schließlich noch Ruhe, er fuhr in die Stadt, um mir neue Modemagazine zu kaufen, er wuselte die ganze Zeit um mich herum und erkundigte sich, ob ich nicht noch irgendwas brauchte.
Gregory und Isabel hingegen waren für einen Tag zum Bürgermeister von Melbour eingeladen, und ich hatte sie dazu gedrängt, anzunehmen.
Meine Mutter verabschiedete sich unter Tränen von mir, als würde sie nun damit rechnen, dass ich jederzeit wieder in Lebensgefahr geraten würde.
Selbst Skelter schien von der Situation ergriffen zu sein.
»Soll ich nicht lieber hier bleiben?«, fragte er Gregory an der Türschwelle und zögerte, seine verspiegelte Sonnenbrille aufzusetzen.
»Nein!«, rief ich abwehrend und schob ihn lachend nach draußen. »Du musst auf Gregory und Mom aufpassen, Skelter. Bitte.«
»Gut, Ashlyn.« Er nickte mit kurz zu, schob sich die Sonnenbrille auf die Nase und folgte dann Gregory in dessen Limousine, nachdem er den Chauffeur zum dritten Mal kontrolliert hatte.
Gregory hatte mir auf der Fahrt vom Krankenhaus nach Hause erzählt, warum Meyers ihn so hasste.
Meyers war tatsächlich, wie Abigail gesagt hatte, bei AamesCorporations angestellt gewesen, bis er sich beim Glücksspiel in Los Angeles verschuldethatte. Gregory hatte ihm Geld geliehen, und das über Monate hinweg, doch Meyers war nicht in der Lage gewesen, es ihm zurückzuzahlen. Daraufhin war ihm fristlos gekündigt worden, und Meyers Frau hatte ihn mit ihren zwei Kindern verlassen und war in eine andere Stadt gezogen.
Und immer noch pochte Gregory darauf, endlich sein Geld zu bekommen – vergeblich.
Der Hass auf Gregory, dem er seinen persönlichen Ruin in die Schuhe schob, hatte ihn also zu der Tat veranlasst.
Das, was mir Gregory so kühl und distanziert erzählen konnte, war für mich eine Tragödie, wie man sie im Kino sehen konnte, nur, dass ich dieses Mal eine Rolle hatte, die mir nicht gefiel.
Mein Volvo war weg
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