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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Prozess ist sein zeitliches Element.
    Was ist ein Monte-Carlo-Generator? Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein perfektes Rouletterad auf Ihrem Dachboden bauen, ohne einen Schreiner beauftragen zu müssen. Computerprogramme können für nahezu alle erdenklichen Simulationen geschrieben werden. Sie sind sogar besser (und billiger) als das von Ihrem Schreiner entworfene Rouletterad, da dieses unter Umständen wegen einer Schräge in seiner Konstruktion oder im Fußboden Ihres Speichers eine Zahl gegenüber anderen bevorzugen könnte. Das nennt man Verzerrung oder »Bias«.
    Monte-Carlo-Simulationen haben mehr Ähnlichkeit mit einem Spielzeug als alles andere, was mir in meinem Erwachsenenleben bisher untergekommen ist. Man kann Tausende, vielleicht sogar Millionen von Zufallspfaden generieren und besonders häufig auftretende Eigenschaften einiger ihrer Attribute unter die Lupe nehmen. Für solche Analysen ist die Unterstützung durch einen Computer von entscheidender Bedeutung. Der glamouröse Verweis auf Monte Carlo steht als Metapher dafür, dass die zufälligen Ereignisse wie in einem virtuellen Kasino simuliert werden. Man legt Bedingungen fest, von denen man annimmt, dass sie den in der Realität auftretenden Umständen ähneln, und startet eine Reihe von Simulationen um mögliche Ereignisse herum. Ohne mathematische Vorkenntnisse können wir eine Monte-Carlo-Simulation für einen 18-jährigen libanesischen Christen laufen lassen, der für einen bestimmten Geldbetrag immer wieder russisches Roulette spielt, und feststellen, wie viele dieser Versuche ihn zu einem reichen Mann machen und wie lange es im Durchschnitt dauert, bis sein Nachruf geschrieben werden muss. Wir können den Gewehrlauf so abändern, dass er 500 Kammern umfasst (was die Sterbewahrscheinlichkeit verringern würde), und uns die entsprechenden Ergebnisse ansehen.
    Monte-Carlo-Simulationsmethoden wurden ursprünglich in der Militärphysik im Labor von Los Alamos bei der Vorbereitung der Atombombe entwickelt. In der Finanzmathematik wurden sie in den achtziger Jahren populär, vor allem durch die Random-Walk-Theorien zur Entwicklung von Wertpapierkursen. Natürlich wird für ein Beispiel wie russisches Roulette kein solcher Apparat benötigt, doch viele Problemstellungen – besonders solche, die realen Situationen ähneln – lassen sich nur anhand eines leistungsstarken Monte-Carlo-Simulators beurteilen.

Monte-Carlo-Mathematik
    Faktisch sind Monte-Carlo-Methoden »wahren« Mathematikern ein Gräuel. Sie glauben, dass sie uns der Finesse und Eleganz der Mathematik berauben, und bezeichnen sie als »rohe Gewalt«. Denn wir können einen großen Teil des mathematischen Wissens durch den Monte-Carlo-Simulator (und andere Computerakrobatik) ersetzen. Beispielsweise kann man ohne formelle Kenntnis der Geometrie das rätselhafte, ja beinahe mystische ὂ ausrechnen. Das geht so: Zeichnen Sie einen Kreis in ein Quadrat und »beschießen« Sie dieses Bild dann mit zufallsgenerierten Kugeln (wie in einer Spielhalle). Für jeden einzelnen Punkt der Zeichnung ist dabei die gleiche Trefferwahrscheinlichkeit definiert (im Fachjargon nennt man das »Gleichverteilung«). Der Anteil der Kugeln innerhalb des Kreises geteilt durch die Zahl der Treffer innerhalb und außerhalb des Kreises ergibt ein Vielfaches des sagenumwobenen ὂ mit möglicherweise unendlicher Genauigkeit. Das ist natürlich kein effizienter Einsatz eines Computers, da man ὂ analytisch – das heißt mit einem mathematischen Ansatz – berechnen kann, aber die Methode kann einigen Anwendern das Thema intuitiv näher bringen als viele Zeilen von Gleichungen. Gehirn und Intuition einiger Menschen sind so angelegt, dass sie ein Argument auf diese Weise besser verstehen (ich zähle mich selbst auch zu dieser Kategorie). Der Computer mag ja dem menschlichen Gehirn nicht von Natur aus eingängig sein, aber das gilt in gleichem Maße auch für die Mathematik.
    Ich bin kein »geborener« Mathematiker, also nicht jemand, der Mathematik wie seine Muttersprache beherrscht. Bei mir ist da stets ein Anflug eines ausländischen Akzents zu spüren. Denn mich interessieren nicht mathematische Eigenschaften an sich, sondern nur ihre Anwendung, während einem Mathematiker die Verbesserung der Mathematik per se (über Theoreme und Beweise) am Herzen liegt. Ich kann mich nicht auf die Entschlüsselung einer einzigen Gleichung konzentrieren, wenn ich nicht durch ein reales Problem (mit einer kleinen Portion

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