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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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strahlt die Sonne in die verträumten Winkel zwischen Kirche und Gymnasium. Ein Schwarm Mauersegler zischt hoch über ihnen durch die Luft, das aufdringliche ›Krikri‹ der Vögel tönt laut in den stillen Gassen. Sam atmet tief durch. Sie fühlt sich in ihrer Wohnung eingeengt. Wie schön wäre es jetzt, bei Blanca zu wohnen, die Terrasse und den Garten zu genießen … Das habe ich alles verbockt, denkt sie selbstkritisch.
    Ein Wagen pirscht um die Ecke, ein klappriger Kombi. Der Motor macht eigenwillige Geräusche und erstirbt dann.
    Luna lacht. »He, da hat einer Probleme mit seinem motorisierten Schrotthaufen!«
    Sam folgt ihrem Blick. Und erstarrt. Der vierschrötige Mann mit der Glatze, der frustriert die Hände auf seine Motorhaube stützt, ist niemand anders als ihr Bruder Igor.
    So korpulent hat sie ihn nicht in Erinnerung. Wann habe ich Igor das letzte Mal gesehen?, fragt sie sich. Ist das wirklich so lange her? Und seine Haare hat er ganz abrasiert. Das ohnehin dünne Kraut auf seinem Kopf wurde in den letzten Jahren immer schütterer. Dennoch sitzt ihr der Schreck in den Gliedern. Igor in Coburg?
    Igor stemmt die Arme in die Hüften und geht auf Sam zu.
    »Kennst du den?«, flüstert Luna nervös.
    »Das ist mein Bruder Igor.«
    »Genau.« Igor hat die letzten Worte gehört. »Servus, Schwester!«
    Sie stehen einander gegenüber, bis Sam sich vorbeugt und kurz ihre Wange an seine legt.
    »Hi«, sagt sie. »Das ist Luna, meine Freundin.«
    »Tagchen.« Luna nickt freundlich. »Ich muss ins Atelier. Schön, dich kennengelernt zu haben, Igor. Du meldest dich, Sam?«
    »Klar. Bis nachher.«
    Luna spaziert davon.
    »Was machst du hier?«, fragt Sam.
    »Müssen wir das auf der Straße besprechen?«
    »Dein Wagen ist zusammengebrochen.«
    »Quatsch, der hustet und röchelt immer, als hätte er die offene Tuberkulose. Das ist normal.«
    »Ach so.« Sam steht mit hängenden Armen da. »Ich habe nichts zum Frühstücken im Haus.«
    »In Coburg gibt’s doch Cafés, oder?«
    Sam grinst schwach. »Möchte man meinen.«
    Igor klemmt sich hinters Steuer, lässt den Motor an, der Wagen ächzt und rollt widerwillig in eine Parklücke.
    Sie gehen zum Markt und setzen sich ins nächstbeste Café. Igor bestellt ein englisches Frühstück, und weil Sam zu k.o. ist, um sich dem Stress einer Auswahl auszusetzen, nimmt sie das Gleiche.
    »Also. Klartext. Du willst wissen, warum ich hier bin. Ich habe gestern einen Anruf von Mutter bekommen. Panik total. Und weißt du, warum?«
    »Ist wieder jemand gestorben?«
    »Gestorben? Nicht dass ich wüsste. Nein, unsere Mutter ist dahintergekommen, dass Dad eine Affäre hat.«
    »Autsch.« Sam sackt in sich zusammen.
    »Sie hat ihn sozusagen in flagranti ertappt und hatte einen Zusammenbruch in der Künstlerklause.«
    »In der Künstlerklause?«
    »Passt ja zu ihr. Dramaturgisch gesehen, meine ich. Die Typen in der Kneipe riefen eine Ambulanz, und Dad fuhr gleich mit. Im Klinikum führte sie wohl einen ziemlichen Tanz auf. Dad rief bei dir an, aber du gingst nicht ans Telefon.«
    Das also war der Anruf, den ich weggedrückt habe, denkt Sam. Sie schämt sich ihrer Erleichterung. Nicht auszudenken, wenn sie in dieses Drama auch noch verwickelt worden wäre.
    Igor legt den Kopf schief. Der störrische Bruder, der immer alles kaputtmachte. Der an die große Schwester nie herankam, und dem der kleinere, charmante, reizend lächelnde Bruder die Schau stahl. »Wusstest du das mit der Affäre?«
    Sam nickt.
    »Shit«, sagt Igor. Das Frühstück kommt. Er stürzt sich auf Eier und Speck und trinkt den schwarzen Kaffee in einem Zug leer. »Weil du nicht zu erreichen warst, hat Mutter mich angerufen. Mitten in der Nacht habe ich mich auf die Socken gemacht. Zweieinhalb Stunden später war ich in Coburg. Mutter hat das Klinikum auf eigene Verantwortung verlassen und hockte auf einem gepackten Koffer.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Im Hotel. Ich habe sie hingefahren. Nach Schloss Hohenstein. Sie wollte raus aus der Stadt, war in einem irrsinnigen Zustand. Total durch den Wind. Sie murmelte ständig was von Grace, die wohl doch die Wahrheit gesagt hätte. Und dann brüllte sie Dad an und schlug auf ihn ein.«
    »Wo ist Eva?«
    »Eva?«
    »Die Affäre!«
    »Keine Ahnung. Wie lange geht das schon so?«
    »Eine gute Weile.«
    »Hm. Klar.« Igor bestellt einen zweiten Kaffee. »So also bin ich nach Dunkeldeutschland gekommen.«
    Sam grinst schief. »Du spinnst.« Plötzlich fühlt sie sich am richtigen

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