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B00DJ0I366 EBOK

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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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nicht.«
    Sie schweigen. Sam schießen andere Dinge durch den Kopf.
    »Mutter ist total durchgedreht, als ich sie damit konfrontiert habe.«
    »Kann ich mir denken.« Nikolajs Lachen klingt freudlos.
    »Aber ich verstehe sie jetzt besser.«
    »Ach ja?«
    »Der lange Kampf gegen eine Schwester, die bevorzugt wurde.«
    »Sam, bei allem Respekt deinem Einfühlungsvermögen gegenüber, findest du nicht, dass unsere Mutter das Glück hatte und hat, eine wunderbare Mutter zu haben? Blanca ist warmherzig, sie hat etwas«, er sucht nach Worten, »Grundgütiges.«
    »So eine Mutter hatten wir nicht.«
    »Nein. Und jetzt sind wir erwachsen.«
    Sam nickt. Sie gießt sich Tee nach.
    »Es hat uns geprägt, oder?«, fragt sie.
    »Was?«
    »Victoria als Mutter zu haben.«
    »Den Commander in Chief.« Nikolaj grinst schief. »Immer funktionieren, bloß der gestressten Victoria nicht noch mehr Arbeit und Unbill machen.«
    »Warum ist das so?«
    »Warum wirkt es immer noch, das frage ich mich!« Nikolaj trinkt seinen Becher leer. »Ich kann mich an tausend Augenblicke erinnern, in denen Victoria einer Diskussion mit zusammengepressten Lippen ein Ende setzte. Es reichte eine Geste, ein Blick. Nach dem Motto: Macht mir nicht noch mehr Maläsen.«
    Sam nickt. Nie werden die Dinge ausgesprochen. Alle Schuldzuweisungen sind stumme Emotionen, zerstörerisch wie Tornados. Und sie zielen immer auf eins: Victoria darf nicht noch mehr zugemutet werden.
    »Sie hat mir einen Fliederstrauß in die Wohnung gestellt. Und eine Karte. Versöhnungsangebot.«
    »Nimmst du es an?«
    »Weiß nicht.« Sie wird es annehmen, das ist Sam klar, obwohl sie gern so tut, als könnte sie frei darüber entscheiden.
    »Weiß Vater es?«, fragt Nikolaj. »Das mit Grace?«
    Vater hat eine Affäre, will Sam sagen, aber sie zuckt nur die Achseln. »Logisch. Unsere Eltern waren doch schon verheiratet, als Victoria mit Grace nach Griechenland fuhr. Ich war schon auf der Welt.«
    Nikolaj steht auf. Groß und dunkel steht er vor Sam, die sitzen bleibt, während er die Arme um ihre Schultern legt und sie drückt.
    »Ich muss in die Praxis.«
    »Wie geht’s Trixi?«
    »Sie ist in der Schweiz. Reportagefotos. Kommt erst in einer Woche heim.«
    »Klemm dich hinter die Videoinstallation, ich bitte dich, Nikolaj, ja?«
    Er nickt.
    »Keine Panik. Wir haben’s im Griff.«
    Sam will sagen, wie ihrem Griff immer mehr entgleitet. Sie will sagen, dass sie den Halt verliert. Sie ringt nach Worten, während Nikolaj ihr ein Küsschen zuwirft. Dann zieht er die Wohnungstür hinter sich ins Schloss.

24
    Sam schaltet den Anrufbeantworter zwischen sich und die Welt und macht sich an die Arbeit. Sie setzt die Reihenfolge fest, in der sie die Bilder zeigen will, legt sich den Grundriss des Kongresshauses auf den Teppich und teilt den Platz grob ein. Sie weiß, dass Stellwände dazukommen können, um den Raum nach ihren Wünschen abzuteilen. Sie benötigt zunächst Themen, um Unterteilungen vornehmen zu können. Die Videoinstallation will sie als Einstieg haben. Sie beschließt, die Stellwände so zu platzieren, dass die Besucher zunächst in einen kleineren Raum treten, um das Video zu sehen, bevor sie weitergehen, in einen Bereich, wo der Raum sich öffnet und sie mit Victorias Bildern konfrontiert werden. Spontan entscheidet Sam, zuerst die halbabstrakten und dann die konkreten Malereien zu zeigen, denn genau das war der künstlerische Weg ihrer Mutter. Dabei will sie die Chronologie der Jahre zugunsten der Aussage und der Machart der Bilder in den Hintergrund stellen.
    Sam legt die Ausdrucke der Originale auf ihrem Teppich aus. Ihr fällt auf, dass die Bilder, die Victoria vor der Griechenlandreise malte, durchaus konkret waren, ausgestattet mit etlichen Details. Fast naive Malerei, denkt Sam. Im Verlauf der 80er wurde Victorias Kunst abstrakt, wandelte sich jedoch später wieder zum Konkreten.
    Sie arbeitet sich schließlich über den Rand des Teppichs bis zum Sofa und zur Wand vor. Mehrmals muss sie den Maßstab verkleinern, um mit dem Platz auszukommen.
    Zufrieden mit ihrem Werk fotografiert sie den Plan auf dem Boden. Sie versieht die Ausdrucke mit Nummern, notiert die Ziffern auf einer Liste und zeichnet den Grundriss ab, trägt die Nummern exakt ein.
    Etwas ist getan. Sie ist einen großen Schritt weiter. Bleibt die Frage, wo sie die Fotos aus Victorias Leben unterbringt. Unter Umständen können sie dafür einen extra Raum organisieren, oder sie hängen die Fotografien ins Foyer.

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