B00G7SVP3K EBOK
spätestens zwei Wochen ihren Mietrückstand ausgleichen würde. Ich hörte ihr gar nicht richtig zu und grübelte angestrengt, wie ich sie dazu ermuntern könnte das Gesprächsthema wieder auf ihren Ring zu lenken.
„ Darf ich ihn einmal näher betrachten?“, fragte ich unvermittelt und warf einen auffordernden Blick auf ihre Hand. Den Manieren einer verwöhnten Mätresse angemessen, reichte sie mir ihre Hand huldvoll entgegen.
„ Ein wunderschönes Stück, sicher ein Geschenk von einem ihrer ergebenen Kunden?“, mutmaßte ich hoffnungsfroh und wartete siegesgewiss auf ihre Zustimmung.
„ Neeein ... nein!“, quietschte sie beinahe empört.
„ Den habe ich mir selbst gekauft, im Juweliergeschäft Sperling. Das war ein Schnäppchen, fast geschenkt!“
„ Ach was ...“, hüstelte ich verlegen.
„ Ein Schnäppchen“, dachte ich wütend und ärgerte mich maßlos darüber, dass meine Spekulation ein Fehlgriff war. Melchior hatte meinen Ring zum Spottpreis feilgeboten, damit ihn das gute Stück nicht mehr an mich erinnerte. Eine gelungene Geste, die mir schmerzlich veranschaulichte, dass mich dieser Mann aus seinem Leben verbannt hatte wie ein Scharfrichter die Gnade.
„ Ich muss jetzt gehen“, murrte ich schmallippig. Bemühte mich dann aber doch, etwas weniger verbissen zu wirken und drehte mich mit einem aufgesetzten Lächeln nochmals zu ihr um.
„ Ach, übrigens. Vielleicht sollten Sie in Zukunft erst ihre laufenden Kosten begleichen, bevor Sie sich der Verschwendungssucht unterwerfen“, empfahl ich ihr und ging zur Tür.
Als ich vor der Haustür stand, schäumte ich vor Wut. Ich schnaufte wie ein Dampfbügeleisen und musste mich erst einmal an der verrosteten Regentonne abreagieren. Mit voller Wucht trat ich dagegen, bevor ich die beiden Sträflinge, die mir bei meinem Aggressionsabbau verwirrt zusahen, mit Steinen bewarf.
„ Macht euch an die Arbeit! Ihr faules Pack!“, keifte ich sie an.
Danach marschierte ich entschlossenen Schrittes zu meinem Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Obwohl die schon längst abgefahren waren und mir das Geld für neue fehlte. Aber was soll’s! Ich fühlte mich gleich viel elastischer, so dass einem befreienden Heulkrampf nichts mehr im Wege stand. Und da ich nicht alleine weinen wollte, lud ich meine Schwester zum Mithören ein. Ohne es wirklich darauf anzulegen, muss ich geklungen haben, als würde ich bereits absprungbereit auf dem Brückengeländer einer Talsperre stehen.
Sie überredete mich, einen Kurzurlaub bei ihr zu verbringen. Eine gute Idee, habe ich gedacht . Meiner Mutter Bescheid gesagt, und noch am selben Abend meine Koffer gepackt.
Kapit el 15
Zwei Stunden später befand ich mich schon auf der Autobahn in Richtung Hamburg. Es war schon weit nach Mitternacht und die leergefegte Autobahn erlaubte mir, kräftig aufs Gaspedal zu drücken. Mit 200 Sachen jagte ich über den Asphalt. Jedoch hielt ich sowohl die psychische Anspannung, die mir das Tempo abverlangte als auch die katastrophalen Sitzverhältnisse in meinem alten Porsche nicht lange aus.
Bereits nach zweihundert Kilometern war der erste Boxenstop fällig. Ich hatte das Gefühl, dass sich mein ohnehin schon spärliches Gesäß, während der Fahrt abgescheuert hat te, und auch die Knochenbestandteile meines Körpers sich irgendwie verhakt hatten. Ich kroch förmlich aus meinem Auto. Sehr zum Amüsement einiger Jugendliche, die auf dem Parkplatz der Raststätte herumstanden und mich dabei beobachteten, wie ich meine strapazierten Glieder streckte.
Neidvoll behielt ich sie im Auge, wie sie anschließend mit ihren Eltern in einen bequemen Campingbus einstiegen und mir noch frech zuwinkten. „Hätte ich mir nur ein vernünftiges Auto gekauft“, habe ich gedacht. Mit gemütlichen Sitzen, Navigator, vielleicht sogar einer Automatic, und vielen niedlichen Airbags, in die man sanft hineinfällt, wenn man beim Fahren einnickt und versehentlich die Leitplanke rammt. Ja, hätte ich auf Melchior gehört, dann müsste ich nicht krumm laufen. Aber nach einer kräftigen Gulaschsuppe und einer Tasse Kaffee, sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Ich fühlte mich wieder fit genug, um weiter zu fahren. Aber diesmal weitaus bequemer. Mein Fahrersitz war nun mit vier weichen Sofakissen mit Pferdemotiven ausgestattet, die ich mir in der Tankstelle gekauft hatte. Jetzt kam ich mir vor, als säße ich in dem Daunenfederbett meiner Großmutter, und schon passte sich mein Tempo
Weitere Kostenlose Bücher