B146 - Mein Höllenjob in Mexiko
Sprechpause.
Er wandte sich an das Girl, das nun in eine Army-Decke eingewickelt war, weil Kensall die Kleider mitgenommen hatte. »Heißt das, daß der Gangster unbewaffnet ist?«
Pat stampfte wütend mit dem Fuß auf. »Na klar! Unbewaffnet. Mit der Faust beulte er sein Jackett aus und tat so, als hätte er eine Kanone. Bis ich es merkte, war es zu spät. Hätte ich es rechtzeitig gemerkt, so wäre der Kerl jetzt reif fürs Gefängnishospital.«
Innerlich atmete Johnson auf. Nicht nur wegen der fehlenden Waffe, sondern auch des Umstands wegen, daß der Verbrecher in Pat kein Opfer gefunden hatte, das für den Rest seines Lebens unter den Folgen des Verbrechens seelisch leiden würde. Er konnte sich vorstellen, daß sie eines Tages darüber zu lachen fähig war. Das Verbrechen blieb zwar eine Untat, aber das Opfer konnte das Erlebnis verdrängen.
»Achtung, Zentrale«, meldete er sich wieder. »Gesuchter Kensall vermutlich unbewaffnet.«
»Roger«, sagte die Zentrale.
Für die Fahndung nach Kensall war dieser Umstand wichtig. Jeder beherzte Mann konnte den unbewaffneten Verbrecher ohne Gefahr für Leib und Leben überwältigen.
Gerade im Hinblick auf Kensalls Benzinbedarf war das interessant.
Johnson wußte, daß die Kollegen das bei der Benachrichtigung der Tankstellen im Suchgebiet erwähnen würden.
»Gut, daß du das gesagt hast«, meinte der G-man zu dem Rodeogirl. »Freund Kensall muß damit rechnen, daß er an der nächsten Tankstelle kein Benzin in den Tank, sondern eine Zapfpistole auf den Schädel bekommt«
»Muß es gerade der Schädel sein?« fragte Pat.
Johnson wußte, was sie meinte.
***
Die Dunkelheit kam schneller als bei uns in New York.
2000 Meilen südlicher ist die Dämmerung kürzer.
Der helle Wagen, den ich von Zeit zu Zeit im Rückspiegel beobachtet hatte, verschwand in der Dunkelheit. Aber ich sah die Scheinwerfer. Der rechte war eine Kleinigkeit dunkler als der linke. Wenig nur, aber auf so was bin ich geschult. Wir lernen es immer wieder, uns an Kleinigkeiten zu orientieren, die dem Normalmenschen verborgen bleiben.
Der Wagen folgte mir, als sei er an einer Kette mit mir verbunden.
Blödsinn, dachte ich, ihr wißt doch, daß…
Ich schob diesen Gedanken auf das Abstellgleis.
Neue Überlegung: Warum beobachteten sie mich, nachdem ich alles so gemacht hatte, wie ich es tun sollte?
Wegen dem Zwischenfall mit dem Taxifahrer?
Ich zog die Bilanz. Sie führte dahin, daß der Verfolger schon hinter mir war, als ich noch nicht bei Ortez angekommen war.
Aber wieso hatte er nichts unternommen, als ich den Taxifahrer außer Gefecht setzte? Und als ich zum Telefon stürmte? Als ich ein Gespräch in die USA anmeldete?
Rätselhaft. So rätselhaft, daß mir die Sache unheimlich wurde.
Vielleicht hatten sie schon längst herausgefunden, wer ich wirklich war? Und sie hatten mir einen Killer ins Genick gesetzt?
Unfall in Mexiko?
Unwillkürlich blickte ich in den Rückspiegel.
Gerade eben war ich durch eine Kurve gekommen.
Von den ungleichmäßigen Scheinwerfern war im Moment nichts zu sehen. Runter vom Highway, dachte ich.
Denken ist einfach. Verwirklichen schwerer. Besonders dann, wenn es keine Möglichkeit gibt, eine Straße zu verlassen, wenn man in tiefer Dunkelheit auf einer fremden Straße in einem fremden Land fährt.
Trotzdem, runter vom Highway!
Optisch wenigstens.
Ich schaltete die Scheinwerfer aus und dachte im gleichen Moment an die Warnungen in der Zeitschrift des Autofahrerklubs, in dem ich Mitglied bin. Wegen der Pannenhilfe und anderer Vorteile.
Und wegen der interessanten Mitteilungen.
Beispielsweise Über mexikanische Straßen, auf denen sich, den Hinweisen zufolge, öfter bei Nacht unbeleuchtete Esel, Eselskarren und Eselstreiber tummeln. Und mexikanische Landwirte auf dem Weg nach Hause.
Und Straßenräuber. Besonders im Süden. Aber ich war ja nicht im Süden. Im Gegenteil.
Im Rückspiegel tauchten die ungleichmäßigen Scheinwerfer wieder auf. Ziemlich weit hinter mir.
Plötzlich leuchteten sie grell auf.
Aufgeblendet! Mein Verfolger, wer immer es war, suchte nach mir.
Oder nach Spuren, die meinen Verbleib verraten könnten.
Ich schaute nach vorn.
Meine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und ich merkte jetzt, daß es doch nicht völlig dunkel war. Nein, von unbeleuchteten Eselskarren und heimwärtsstrebenden, ebenfalls unbeleuchteten Landwirten war nichts zu sehen. Die Straße war breit und ziemlich leer.
Entgegenkommende
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