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Babel 1 - Hexenwut

Babel 1 - Hexenwut

Titel: Babel 1 - Hexenwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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missionieren.«
    Der Mann schüttelte den Kopf und griff nach seiner Brieftasche, zögerte, langte noch einmal hinein und streckte ihr schließlich fünfzig Euro entgegen.
    »Ist das angemessen?«
    Woher soll ich das wissen?
    »Danke!« Sie steckte das Geld ein und wollte den Motor starten, aber der Mann griff plötzlich nach ihrer Hand.
    »Sagen Sie mal, machen Sie das eigentlich oft? Menschen helfen, die verflucht worden sind, meine ich?«
    »Nein.«
    »Weil es nicht oft vorkommt oder weil Sie es nicht wollen?«
    »Letzteres.«
    »Interessant.«
    »Finden Sie?«
    Seine Augen wurden schmaler, und zum ersten Mal stahl sich so etwas wie ein Lächeln in sein Gesicht. Er hielt ihr die Hand entgegen. »Mein Name ist Karl. Sie und ich, wir sollten uns unterhalten. Ich denke, wir könnten da ins Geschäft kommen.«
    HEUTE
    124 Montage, genauso viele staubtrockene Kuchen und noch mehr bittere Kaffees in Pappbechern - das war die Bilanz, die Babel nach all diesen Jahren zog. Freude tauchte in dieser Statistik nicht auf. Montage waren einfach nicht dafür geschaffen, um glücklich zu machen, obwohl auf diesen sogar ihr Geburtstag fiel. Ein runder. Doch seit ihrem zwanzigsten hatte sie keinen Geburtstag mehr gefeiert - warum also heute damit anfangen?
    An diesem Abend verspürte sie noch dazu das unangenehme Gefühl, verfolgt zu werden. Das Erschreckende daran war, dass ihr auf Anhieb ein halbes Dutzend Leute einfiel, die womöglich einen Grund dafür hätten. Angefangen mit den anderen Hexen der Stadt, die genau wie Babel darauf hofften, dass ein mysteriöses Virus alle magisch Aktiven dahinraffen würde - außer ihnen selbst. Ja, Hexen waren schon gesellige Wesen. Und dann waren da natürlich noch die Leute, denen sie im Laufe der letzten vier Jahre im Zuge ihrer Arbeit mit Karl auf den Schlips getreten war: ein illustrer Kreis aus Kleinkriminellen, Ehebrechern und Blendern.
    Möglichst unauffällig sah sie sich um, aber auf der Straße hinter ihr war niemand zu sehen. Trotzdem ballte sich die Kälte in ihrem Magen zu einem Eisklumpen zusammen, der nicht verschwinden wollte. Vielleicht lag es aber auch nur am Wetter. Der Nieselregen beschwerte ihre Haare, lief am Kragen vorbei unter das T-Shirt und hing ihr in den Wimpern, so dass sie nur noch verschwommen sah. Nicht gerade ideale Bedingungen für einen Kampf.
    Das Kitzeln an den Fußsohlen wurde stärker, als sie sich darauf konzentrierte. Sie konnte das magische Muster dieses Ortes und seine Energielinien, die sich netzförmig durch die Erde zogen, deutlich spüren. Einen Moment lang schloss sie die Augen und forschte den Energieströmen in ihrem Inneren nach, die sich mit dem Muster der Straße verbanden. Alles war so, wie es sein sollte; in den Fingerspitzen spürte sie die Hitze, die entstand, wenn sie die Magie aktivierte.
    In vielerlei Hinsicht war Babel wie ein Mensch, der mit einer geladenen Waffe im Gürtel auf die Straße ging. Die Magie war ein Radar im Stand-by-Modus, das sich automatisch anschaltete, sobald sich die Magiemuster in ihrer Umgebung veränderten. Das verhinderte, dass sich jemand anschlich und sie mit einem Fluch belegte, und ein bisschen Paranoia war in ihren Kreisen durchaus angebracht. Schließlich begannen alle Geschichten ihrer Kindheit mit: Hüte dich vor.. . Was meistens beinhaltete, dass sie niemandem trauen und so wenig wie möglich erzählen sollte. Man ging nicht damit hausieren, dass man im Notfall Dämonen beschwören konnte, das kam auf den meisten Kindergeburtstagen schlecht an.
    Noch einmal schaute sie sich um, aber sie konnte keinen magisch Aktiven in der Nähe spüren, auch keine künstlichen Energiemuster, die auf einen Zauber hindeuteten. Was sie spürte, musste demnach altmodische Unruhe sein. Verärgert über ihre eigene Nervosität lief sie weiter.
    Ihr Ziel, ein Haus im Stadtzentrum, war ein schlichter Neubau mit blauen Fensterverkleidungen, in dem Montagabend nur ihre Gruppe zu finden war. Das machte es den Neuen leichter, die man immer schon von Weitem erkannte, weil sie sich erst eine halbe Stunde vor der Tür herumdrückten, bevor sie es wagten, einzutreten. Wenn sie nicht wieder umkehrten. Auch dieses Mal stand ein Mann vor der Eingangstür, die Schultern hochgezogen und der Blick unruhig zwischen dem erleuchteten Treppenhaus und der anderen Straßenseite hin- und herhuschend. Babel nickte ihm im Vorbeigehen zu und sah sich ein letztes Mal um, aber noch immer war niemand hinter ihr zu sehen. Vielleicht lag ihr auch nur

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