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Babel 17

Babel 17

Titel: Babel 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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weder fliegen noch Stasissprünge machen könne. Aber es kann.«
    Das ciribische Schiff trieb wie eine schaukelnde Feder in einer Luftströmung über den Bildschirm. »Haben Sie schon mal überlegt«, fragte sie, »warum wir so selten auf Vertreter der anderen neun Spezies weltraumfahrender Lebensformen stoßen? Ich meine, jede von ihnen ist so ausgebreitet und zahlreich wie die menschliche, jede von ihnen ist technisch so intelligent, jede hat eine vergleichbar komplizierte Wirtschaft und sieben von ihnen haben sogar in diesem Krieg Partei ergriffen. Trotzdem kommen wir so gut wie nie mit ihnen zusammen, begegnen ihnen so selten, daß wir Mühe haben, ihre Schiffe zu identifizieren.«
    »Nun, warum?«
    »Weil es kaum so etwas wie eine gemeinsame Kommunikationsbasis gibt. Nehmen wir die Ciribier: sie haben kein Wort für Haus, Heim oder Wohnung. Ihr ganzes Leben wird von periodischen Schwankungen der Körpertemperatur bestimmt, beruht auf Hitze und Wärmeaustausch. Immerhin wissen sie, was eine Familie ist, denn sie sind außer uns Menschen die einzigen, die so etwas haben. Aber auf den meisten Ebenen fehlen einfach die Gemeinsamkeiten.«
    Das fremde Schiff verschwand, und der Schlächter wandte sich zu ihr und legte plötzlich seine Hand an ihre Wange. Der Sporn ruhte leicht auf ihrer Unterlippe. »Sie und ich«, sagte er und schob sein Gesicht nahe an das ihre heran. »Niemand sonst ist hier. Nur Sie und ich. Aber wer sind wir?«
    Sie nickte und legte die Hand auf die seine. »Manchmal erschrecken Sie mich.«
    »Warum?«
    »Weil Sie Banken berauben, schwangere Frauen erschießen und Messer in anderer Leute Augen stoßen, Schlächter. Das sind Dinge, die ich nie getan habe, nie tun wollte, nie tun könnte. Und ich mag Sie, ich mag Ihre Hand auf meiner Wange. Wenn Sie auf einmal das Verlangen hätten, mir ein Messer ins Auge zu stoßen, nun, dann …«
    »O nein, das würde ich niemals tun«, sagte der Schlächter. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
    »Sie könnten Ihre Meinung ändern.«
    »Nein.« Er sah sie eindringlich an. »Sie glauben nicht wirklich, daß ich Sie töten würde, und ich würde es niemals tun. Das weiß ich, und Sie wissen es auch. Ich glaube, wenn Sie sich fürchten, dann ist es etwas anderes.«
    Sie schüttelte ein wenig den Kopf, ohne seine Hand wegzustoßen. »Nein, es hat mich schockiert. Das ist die Wahrheit. Sagen Sie«, fuhr sie fort, bemüht, auf ein anderes Thema zu kommen, »Sie wissen nicht, welches Ihre Muttersprache war, bevor Sie Ihr Gedächtnis verloren?«
    »Nein. Aber ich habe nicht das Gefühl, daß ich jemals eine andere Sprache gesprochen hätte.«
    »Was geschah nach Ihrem Banküberfall?«
    »Ich verließ Rhea mit dem Geld, aber mein Boot wurde defekt, und ich mußte auf der Eishölle Dis niedergehen. Dann reparierte ich das Boot und fand Unterschlupf in einer Höhle. Dort wurde ich von Würmern angegriffen, drei Meter langen. Sie kamen aus Löchern im Gestein, und der Schleim auf ihrer Haut war wie Säure. Ich fürchtete mich, aber ich tötete sie. Ich machte ein elektrisches Netz mit der Energiequelle meines Rettungsschlittens. So konnten sie nicht an mich heran, wenn ich schlief. Ich tötete sie, und als ich wußte, daß ich sie schlagen konnte, fürchtete ich sie nicht mehr. Ich hätte sie gegessen, wären mir nicht wegen ihrer Säure Bedenken gekommen.«
    »Gibt es jetzt etwas, das Sie fürchten?« fragte Rydra.
    Er schüttelte seinen Kopf, weniger in Verneinung als in Verwirrung. »Manchmal fürchte ich das Alleinsein. Das Baby, das gestorben ist … Einsamkeit ist nicht gut, wissen Sie.«
    Sie nickte.
    »Ich habe es erfahren. Lange Zeit wußte ich es nicht, aber nach und nach lernte ich es. Auf Rhea war ich einsam, selbst mit all dem Geld. Einsamer auf Dis. Und in der Strafkolonie, obwohl immer die anderen Gefangenen um mich herum waren, war ich am einsamsten. Niemand verstand einen wirklich, wenn man zu ihm sprach. Und man verstand nicht wirklich, was die anderen zu einem sagten. Jeder lebte wie in einem inneren Gefängnis allein mit sich selbst.«
    »Sie wollten das Kind selbst großziehen?« fragte Rydra.
    »Dann wären wir beide nicht allein gewesen.«
    »Ich verstehe.«
    Der Schlächter seufzte. »Es war zu jung. Es starb. Aber nun bin ich nicht mehr ganz so allein.« Er legte seine Hände auf ihre Schultern und sprach ernst. »Ich mag Sie, Miß Wong. Als ich Sie das erste Mal hier an Bord sah, war etwas an Ihnen, das mir gefiel. Sie sahen mich Dinge

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