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Babel 17

Babel 17

Titel: Babel 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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tun, die Sie für schlecht hielten, aber Sie blieben freundlich zu mir. Sie sagten mir, daß Sie zur Spitze der Drachenzunge wollten, und ich sorgte dafür, daß Sie hinkommen. Ich werde alles tun, was Sie von mir erbitten. Es ist wichtig, daß Sie das wissen.«
    »Danke, Schlächter«, sagte sie.
    »Wenn ich jemals wieder eine Bank beraube, werde ich Ihnen das ganze Geld geben.«
    Rydra lachte. »Oh, danke schön. Das hat mir noch nie jemand angeboten. Aber ich hoffe, Sie werden um meinetwillen nicht einen Raubüberfall …«
    »Ich werde jeden töten, der Ihnen Schaden zufügen will. Und ich werde jeden töten, der versuchen wollte, Sie und mich auseinanderzubringen und uns wieder einsam zu machen.«
    »Das ist sehr schmeichelhaft für mich, und ich weiß es zu schätzen, aber ich möchte nicht, daß Sie herumgehen und Leute töten, schon gar nicht um meinetwillen. Zumindest sollten Sie sehr gründlich darüber nachdenken, bevor Sie es tun. Jeder hat ein Recht zu leben, und ein anderes Ich ohne zwingende Notwendigkeit auszulöschen, ist ein schweres Verbrechen. Sie müssen lernen, andere zu respektieren.«
    »Ich muß darüber nachdenken. Ich habe immer in einer harten und rauhen Welt gelebt, wissen Sie. Ein Menschenleben war da nicht viel wert. Aber mit Ihnen will ich keine Fehler machen. Das wäre zu schrecklich. Ich werde sowenig Fehler wie möglich machen. Und eines Tages werde ich alles gelernt haben.« Er lächelte. »Sie und ich sind sehr verschieden. Ich habe viel gesehen und erlebt, wovon Sie nie wissen werden. Sie wissen von Dingen, die ich nie kennen werde. Sie haben geholfen, daß ich nicht allein bin, ein wenig. Ich weiß viel über Fliehen und Kämpfen, Überleben und Gewinnen. Wenn Sie jemals in einer echten Gefahr sind, in einer Situation, wo Sie keinen Ausweg sehen, fragen Sie mich.«
    »Danke, Schlächter«, sagte sie.
    Er streckte ihr seine Hand hin. »Kommen Sie.«
    Sie nahm seine Hand und ging mit ihm, ihre Schulter an seinem Arm. »Freund oder Feind«, sagte sie, als sie durch das Zwielicht zum Ausgang schlenderten, »manchmal kommt mir diese ganze Invasion dumm und albern vor. Vor zehntausend Jahren gingen die Menschen mit Keulen und Speeren aufeinander los, wenn ein Stamm im Gebiet des anderen Pilze sammelte oder Hasen jagte. Heute machen sie es genauso, bloß ist die Zahl der Beteiligten viel größer, und die Methoden sind entsprechend wirksamer.«
    »Sie wollen wegen der Invasion zum Verwaltungshauptquartier der Allianz, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich habe genug davon. Die Invasoren töteten meine Eltern, und bei der zweiten Blockade wäre ich selbst beinahe verhungert. Viele haben wie ich Angehörige verloren. Und die Invasion geht weiter. Bald bin ich dreißig, und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Es sieht so aus, als sollte sie für mein ganzes Leben bestimmend werden. Das gefällt mir nicht. Ich möchte nichts mehr damit zu tun haben. Irgendwohin gehen, wo es ruhig ist.«
    »Die Invasoren«, sagte der Schlächter sinnend, »sie haben viel Böses getan, viele Menschen verletzt, Sie, mich. Ja, sie haben mich auch verletzt.«
    »Wirklich?«
    »Mein Kopf, ich sagte es Ihnen. Das waren die Invasoren.«
    »Was machten sie?«
    Der Schlächter zuckte die Achseln. »Meine früheste Erinnerung ist die an meine Flucht aus New New York.«
    »Das ist der große Haupthafen für den Sternhaufen im Krebs?«
    »Genau.«
    »Die Invasoren hatten Sie gefangen?«
    Er nickte. »Und was mit mir gemacht. Vielleicht Experimente, vielleicht Folter. Spielt keine Rolle mehr. Ich kann mich nicht daran erinnern. Als ich entkam, entkam ich jedenfalls mit nichts: ohne Erinnerung, ohne Stimme, ohne Namen.«
    »Vielleicht waren Sie ein Kriegsgefangener, oder vielleicht sogar eine wichtige Persönlichkeit, bevor Sie gefangen wurden …«
    Er bückte sich und legte in einer seltsamen und unerwarteten Geste seine Wange an ihren Mund, um sie am Weitersprechen zu hindern. Als er sich wieder aufrichtete, lächelte er traurig. »Es gibt manche Dinge, die der Verstand nicht wissen, aber erraten kann: Ich war immer ein Dieb, ein Mörder, ein Krimineller. Und ich war nicht ich. Die Invasoren erwischten mich einmal. Ich entkam. Die Allianz erwischte mich später und schickte mich nach Titin. Ich entkam …«
    »Sie sind aus Titin geflohen? Nicht entlassen worden?«
    »Natürlich geflohen«, sagte er. »Nach dem Banküberfall hatte ich lebenslänglich, was dachten Sie? Wahrscheinlich werden sie mich wieder erwischen, weil das

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