Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
uns vor der Tür steht, dann wäre es besser, wenn du dich dort ab und zu mal blicken lässt. Du weißt, dass die uns sowieso auf dem Kieker haben.«
Schmollend verschränkte Mo die Arme. Babel wusste, dass Tom seit Jahren die Unterschriften für Mo fälschte, wenn der etwas von seinen Eltern unterschreiben lassen musste. So sorgten sie dafür, dass das Jugendamt nicht sofort merkte, dass die eigentlichen Erziehungsberechtigten gar nicht in der Stadt waren, und den Jungen abholte. Allerdings bestand der Deal darin, dass Mo wenigstens versuchte, so lange durchzuhalten, bis die gesetzliche Schulpflicht für ihn vorbei war.
Offenbar war ihm durchaus bewusst, dass er sich in dieser Diskussion im Unrecht befand, denn der Protest fiel eher schwach aus, und der Kampf kam zu einem baldigen Ende, als Urd schwanzwedelnd mit einem toten Vogel im Maul in die Küche trabte.
Offenbar war es ein Geschenk, denn die Dogge legte das Tier vor Babel auf den Boden und setzte sich daneben. Erwartungsvoll sah die Hündin zu ihr auf.
»Jungs.« Babel schaute auffordernd hoch.
»Schon gut, ich kümmer mich darum.« Mo schob den Stuhl zurück und sprang auf. Vielleicht war er froh, Toms Ermahnungen zu entkommen. Er griff sich ein Stück Küchenpapier und hob damit den toten Vogel am Flügel an. Verwirrt schaute Urd ihm nach, als er damit die Küche verließ, dann trottete sie ihm neugierig hinterher.
»Gib zu, der eigentliche Grund, warum du Single warst, als wir uns kennengelernt haben, ist der, dass alle Frauen, die deinen Hund getroffen haben, schreiend das Weite gesucht haben«, sagte Babel trocken.
Erschöpft fuhr er sich über die Augen. »Wo warst du?«
Als sie es ihm erzählte, ruhte sein Blick ernst und nachdenklich auf ihr. Am Ende fragte er nur, ob sie mit Tamy darüber gesprochen habe, und Babel nickte.
Tom nahm es nicht persönlich, dass sie zuerst ihre Sponsorin aufgesucht hatte, denn es war wichtig, dass sich zwischen ihnen nicht alles um ihre Magieabhängigkeit drehte. Die Sucht nach der Dämonenebene durfte nicht zum einzigen Thema zwischen ihnen werden, schließlich war er nicht ihr Therapeut.
Nachdem Mo mit hängendem Kopf verschwunden war, sagte Tom: »Komm, lass uns eine Runde mit dem Hund gehen.«
Während sie Hand in Hand an den Geschäften der Hauptstraße entlangliefen und die letzten Sonnenstrahlen ihre Gesichter wärmten, merkte Babel erst, wie sehr sie diese kleinen Alltäglichkeiten vermisst hatte. Beim Bäcker gemeinsam ein Brot zu kaufen, weil man wusste, dass der andere auch in drei Tagen noch mit am Frühstückstisch sitzen würde. Eine Zeitung zu kaufen, um sie nach dem Abendessen zu lesen, während der andere Nachrichten schaute.
Im Vergleich zu den Dramen, die gerade ihr Leben beherrschten, war dieser Abend mit Tom beinahe banal. Doch die Zufriedenheit darüber konnte Babel tief in sich spüren.
17
Als sie am nächsten Morgen ins Büro kam, hatte ihr Karl bereits eine Mappe auf ihre Seite des Schreibtischs gelegt, die die Informationen über den Mitarbeiter der Gerichtsmedizin enthielt. Während sie las, was er zusammengetragen hatte, fütterte er Xotl mit etwas, das nach chinesischen Glasnudeln aussah. Der Geruch nach Chilisoße verteilte sich in den Räumen.
Erstaunt und fasziniert fragte er den Papagei: »Hat sich dein Magen eigentlich deiner dämonischen Natur angepasst, oder warum kannst du Dinge essen, die anderen Vögeln den Garaus machen würden?«
Xotl wackelte mit dem Kopf. Dabei hingen ihm rechts und links Nudeln aus dem Schnabel.
Kopfschüttelnd sah sich Karl nach Babel um. »Sieh dir Seite zwei an. Da findet sich eine Auflistung seines Gehalts und seines Vermögens.«
Sie suchte die entsprechende Stelle. »Nicht gerade beeindruckend viel. Normaler Tarif in der Branche.«
»Eben. Aber unser Herr Doktor hat da ein kleines Problem.«
Interessiert sah sie auf.
»Sieht ganz so aus, als hättest du recht gehabt, was diesen Kerl betrifft. Kein Wunder, dass er nervös war, als du das erste Mal bei ihm aufgetaucht bist. Er hat ein Geheimnis, von dem er sichergehen will, dass es eins bleibt, denn wenn die Bullerei erst mal davon erfährt, wird er ganz oben auf ihrer Verdächtigenliste im Fall Vendome stehen.« Er kippte Xotl den Rest Nudeln in den Käfig und kam zurück zum Schreibtisch. »Er spielt.«
»Glücksspiel?«
Karl nickte.
»Aber das kann die Polizei auch rausfinden. Glaubst du, dass sie ihn deswegen befragen?«
»Nicht, wenn er nur in einem Privatclub spielt und
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