Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Türsteherin ihren amüsierten Blick bemerkte, wurde sie tatsächlich verlegen. »Wenn ich es schon nicht verhindern kann, dann muss ich ja nicht wie ein Lump aussehen.«
»Mein Gott, entdecke ich da wirklich so etwas wie Eitelkeit an dir? Als Nächstes wirst du mir noch gestehen, dass da irgendwo in den Tiefen deines Kleiderschranks tatsächlich ein Kleid darauf wartet, hervorgezogen zu werden.«
Die Antwort bestand in einem Schnauben, das Babel zum Lachen brachte. Dieses Lachen hielt an, bis Judith zurückkam und Tamy kritisch dabei beobachtete, wie diese sich umzog.
»Du solltest dein Haar offen tragen«, gab sie zum Besten.
»Vergiss es.«
Judith runzelte die Stirn. »Aber du hast wirklich sehr schönes Haar.«
»Hör mal«, Tamy drehte sich zu ihr um und hob den Zeigefinger. »Nur weil ich gesagt habe, dass du heute hier pennen kannst, heißt das nicht, dass du dich auch in mein Leben einmischen sollst. Ich trage mein Haar so, wie ich es will, verstanden?«
»Bitte, wie du meinst. Kein Grund, gleich so hochzugehen.« Beleidigt wandte sich Judith ab, aber schon in der nächsten Sekunde kam sie auf Babel zu und legte ihr den Arm um die Schulter. »Da fällt mir ein, Mutter hat gestern angerufen. Sie will dich besuchen kommen. Ich habe gesagt, du hättest sicher nichts dagegen.«
»Was?«
Judith klopfte ihr auf die Schulter. »Ach, sie will sicher nur sehen, wie es uns geht. Du weißt doch, dass man vor ihr nichts geheim halten kann.«
»Was?«
»Nun schau doch nicht so, es sind doch nur ein paar Tage.«
Entsetzt ließ sich Babel zurück auf das Bett sinken. »Wie kannst du das sagen? Sie wird ja nicht bei dir wohnen!«
»Vielleicht bringt sie ja Vater mit.«
Babel legte den Kopf in die Hände. Ihre Mutter kam nie zu Besuch – nicht ein Mal in den vier Jahren, in denen sie nun schon in dieser Stadt lebte. Warum wollte sie unbedingt jetzt vorbeischneien? Ausgerechnet, während Tom und Sam bei ihr eingezogen waren.
»Na, so schlimm wird’s schon nicht werden«, warf Tamy ein, die gerade ein Baseballcap aufsetzte.
Woraufhin Judith und Babel sie anblickten, als hätte sie Chinesisch gesprochen.
»Du kennst unsere Mutter nicht«, sagte Judith trocken. Die Aussicht, dass sich Babel mit ihr rumschlagen musste, schien sie ebenso aufzuheitern wie die Vorfreude auf eine durchfeierte Nacht.
Sie stellte sich neben Tamy und hakte sich bei ihr unter. Diesmal galt ihr Lächeln Babel, die noch immer auf dem Bett saß und versuchte, das drohende Übel zu erfassen. Da hatte sie nun also einen Dämon besiegt, einen Nekromanten und seinen Zombie vernichtet – und nun das. Als hätte sie zu Hause nicht genug Probleme.
Wie sollte sie ihrer Mutter erklären, dass nicht nur ein Plag, sondern auch Sam bei ihr wohnte? Es gab Dinge, die erzählte man seinen Eltern einfach nicht. Als sie damals mit fünfzehn ihre Unschuld an den Eisverkäufer verloren hatte, hatte sie darüber auch Stillschweigen bewahrt. Zumindest, bis ihrer Mutter aufgefallen war, dass sie dauernd kostenloses Eis in großen Plastikdosen mit nach Hause brachte.
»Nun zieh doch nicht so ein Gesicht. Heute Abend lassen wir’s krachen.« Judith zog Tamy hinter sich her, und es blieb Babel nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Wenn sie Glück hatte, verlangte Judith wenigstens nicht von ihr, dass sie tanzte.
Und vielleicht konnte sie ja für einen Abend vergessen, dass Clarissa vermutlich gerade dabei war, einen Krieg anzuzetteln. Oder wie sie in Zukunft gedachte zu verhindern, dass sich Tom und Sam die Köpfe einschlugen – oder ob sie wirklich ein größeres Bett brauchte.
Babel hatte die Münze in die Luft geworfen, und es sah aus, als wäre sie endlich am Boden aufgetroffen. Nur zeigte sie überraschenderweise weder Kopf noch Zahl, sondern war einfach auf der Kante stehen geblieben.
DAMALS
Babels 15. Geburtstag
»Das ist nicht dein Ernst!« Entrüstet blieb Babel stehen.
Um sie herum lachten die Leute, die sich auf dem Marktplatz zum Stadtfest eingefunden hatten. Auf einer Bühne spielte die übliche Regionalband Coversongs von Bands, die sich schon vor zwanzig Jahren aufgelöst hatten, und hundert Menschen sangen falsch, aber laut mit.
»Ach, komm schon, das wird lustig.« Judith fasste sie ums Handgelenk und zog sie weiter, auf ein rostfarbenes Zelt zu, das aussah wie eine Mischung aus Indianer- und Campingzelt. Es stand etwas abseits der anderen Buden auf einer Wiese, auf der Dutzende Bierbänke und Tische aufgestellt waren. Der Himmel
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