Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Räume mit seinem Zauber vor ungebetenen Gästen schützte.
Ihr Magiezimmer, das am Ende des Kellers lag, war aufgeladen mit Babels magischen Energien, und daran, wie sich ihre Mutter und Judith beim Betreten des Raumes kurz schüttelten, konnte sie erkennen, welchen Einfluss die Magie auf andere Hexen hatte. Dieser Raum war ihr Machtzentrum, eine andere Hexe würde sich darin nie vollständig entspannen können.
An der Wand standen drei deckenhohe Stahlschränke, in denen Zutaten für Zauber und Rituale aufbewahrt wurden. Zwei schwarze Katzenstatuen, die ebenfalls an der Wand standen, waren Babels Energiespender für Rituale, wenn sie zusätzliche Energie benötigte. Ihnen gegenüber hing der Stadtplan, in den die Wohnorte der anderen Hexen eingezeichnet waren.
Das Ritual selbst war nicht schwer, ein bisschen Holzasche über den Stadtplan gepustet, Konzentration auf die Energien und den Rest erledigte die Magie. Babel spürte es mehr, als dass sie es sah, wie sich Judith und Maria neben ihr versteiften, während sie ebenfalls auf den Plan starrten, auf dem sich das bunte Netz der Energien vor ihren Augen dreidimensional zu bilden begann. Sie selbst hätten für dieses Ritual einige Schritte mehr benötigt, Runen, Symbole, aber Babels intuitive Magie funktionierte auch ohne diese Dinge. Zumindest bei diesen einfachen Ritualen. Es hatte keinen Zweck mehr, so zu tun, als wäre Babels Magie nichts Besonderes, Judith und ihre Mutter wussten genau, welchen Preis Babel dafür bezahlte. Die Sehnsucht nach der Dämonenebene würde sie nie verlassen, und manchmal verhieß weniger Macht durchaus einen ruhigeren Schlaf.
Ihr Haus in der kleinen Nebenstraße war auf dem Plan leicht auszumachen, ihre drei magischen Netze leuchteten hell auf der Karte. Und auch Clarissas Haus am anderen Ende der Stadt war unschwer zu erkennen. Babel zählte vier Lichter, genau wie erwartet: Clarissa, Lorelei, Anatol und sein Sohn Nikolai. Zwei schwächere Lichtpunkte zeigten die beiden anderen Hexen, die noch in der Stadt waren, aber so wenig Macht besaßen, dass sie weder für Babel noch für Clarissa von Bedeutung waren.
Doch es hätte noch eine weitere helle Flamme geben müssen: die von Daniel, dem Hexer, der eine besondere Vorliebe für Feuer hegte und Vendomes ehemaliger Liebhaber gewesen war. Aber sein magisches Netz konnte Babel nirgendwo sehen.
Er hatte sich aus dem Staub gemacht.
Wieder einmal.
Diesem Feigling reiße ich das nächste Mal die Mandeln eigenhändig raus! Oder ich setze Xotl auf ihn an.
Stattdessen gab es zwei neue magische Punkte, die ähnlich hell leuchteten wie Babel oder Judith.
»Wer zum Henker ist das?« Sie deutete auf die Stelle.
Neben sich hörte sie Judith tief einatmen. »Erinnerst du dich nicht?«, fragte sie mit gepresster Stimme.
Babel besah sich das Netz genauer, und auf einmal erkannte sie die Linien. »Scheiße.«
»Ganz genau.«
»Wer sind sie?« Maria sah mit zusammengezogenen Augenbrauen zwischen ihnen hin und her.
»Das sind die Zwillinge, mit denen Judith vor ein paar Jahren eine Auseinandersetzung in ihrer Stadt hatte.«
»Clarissa muss sie hergeholt haben.«
»Aber ich dachte, ihr habt sie besiegt.«
Babel nickte. »Ja, aber nur knapp. Inzwischen haben sie sicher einiges dazugelernt. Und sie kennen unsere Stärken, aber auch ein paar Schwächen.« Sie löschte das Energienetz, drehte sich um und betrachtete besorgt die Katzenstatuen, die wie Wächter zu ihnen herüberstarrten. »Sie sind jetzt zu sechst. Das ist nicht gut.«
5
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass Mutter kommt?«, zischte Judith, nachdem sie Babel in den Garten gezerrt hatte, während Maria zu Hause anrufen wollte.
Nachdem sie festgestellt hatten, dass sie es nicht nur mit Clarissas Familie, sondern auch mit den Zwillingen zu tun kriegen würden, brauchten sie erst einmal frische Luft. Gemeinsam standen sie unter dem Apfelbaum, zwischen dessen niedrigstem Ast und dem Stamm immer noch Xotls Käfig steckte. Vor Aufregung hatte Judith sogar rote Flecken auf den Wangen bekommen.
»Weil ich es nicht wusste. Sie ist einfach hier aufgetaucht.«
»Verdammt!«
Babel hob die Hände. »Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass du Angst vor ihr hast.«
»Du weißt doch, wie sie ist. Ständig scheint sie über alles Bescheid zu wissen, sogar, bevor du es selbst weißt.«
»Ich habe mir sagen lassen, dass alle Mütter so sind.«
Judith schüttelte den Kopf. »Nein, sind sie nicht. Ich will nicht, dass …«
»Was?«
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