Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
wollte.
Und du? Wirst du auch über Leichen gehen? Wie weit wirst du dich vorwagen, um die zu schützen, die du liebst?
So weit ich muss. Aber ich will niemanden töten.
Und bist du selbst bereit zu sterben? Hast du selbst begriffen, was du den anderen erzählst? Dass es gefährlich wird, dass es vielleicht nicht gut enden wird?
Ich werde nicht sterben.
Bist du sicher? Was glaubst du denn, was passiert, wenn Clarissa es schafft, dir alle Magie auszutreiben? Bist du dann immer noch du?
Nein, ohne ihre Magie war Babel nicht mehr sie selbst, das wusste sie. Aber so weit würde es nicht kommen.
Es wird immer jemanden geben, der stärker ist als du.
Aber nicht dieses Mal.
Als sie die Beine ausstreckte und sich erheben wollte, um eine Runde durch den Garten zu laufen und sich abzulenken, parkte Tom sein Auto vor dem Tor.
Schon als er mit Sam in den Garten trat, wusste Babel, dass etwas nicht stimmte. So grimmig hatte sie ihn noch nie gesehen. Seine Fäuste waren geballt, und die Wut rollte in Wellen von ihm ab. Selbst Sam und Urd hielten Abstand zu ihm, als könne er jeden Moment explodieren.
Wunderbar, noch mehr Ärger.
Vor ihr blieb er stehen, und sie atmete tief durch, bevor sie fragte: »Was ist passiert?«
»Sie haben mir ein Ultimatum gestellt.«
»Was wollen sie?«
»Dass ich sofort den Kontakt zu dir abbreche und mit Mo zurückkomme. Dauerhaft.«
»Vielleicht solltest du das tun …«
»Sagst du das, weil du mich loswerden willst oder weil du mir Ärger ersparen willst?« Jetzt schien er wütend auf sie zu sein.
»Du kennst die Antwort darauf«, erwiderte Babel leise und fuhr ihm mit der Hand über den Arm, worauf er sich ein wenig entspannte.
Über die Schulter warf er Sam einen Blick zu, den sie nicht deuten konnte, aber wer wusste schon, worüber die beiden im Auto gesprochen hatten. »Es spielt sowieso keine Rolle mehr.«
»Warum?«
»Weil ich ihnen gesagt habe, dass ich mich nicht erpressen lasse und sie sich ihr Ultimatum sonst wohin stecken können.«
»Tom …« Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
Für einen Plag war seine Gemeinschaft heilig. Sie brachen nicht leichtfertig miteinander, weil es so wenige von ihnen gab. Wenn ein Plag die Gemeinschaft verließ, war das beinahe so, als würde er seine Gliedmaße verlieren.
»Diese undankbaren Kerle«, zischte er. »Seit Jahren reiße ich mir für sie den Arsch auf und jetzt …« Er schüttelte heftig den Kopf. »Was soll’s, sie werden sich schon wieder beruhigen, in ein paar Jahren oder so.«
Sam stellte sich neben ihn. »Mir wär’s zwar lieber gewesen, ich hätte deine Visage nicht mehr sehen müssen, aber ich gebe zu, du hast mehr Rückgrat, als ich dir zugestanden hätte.«
Tom lachte freudlos, dann sagte er: »Ich muss mit Mo reden.«
»Er ist in der Küche. Geh nicht ins Wohnzimmer, Judith führt gerade ein Ritual durch.«
Er nickte und verschwand im Inneren des Hauses. Als Babel sich zu Sam umdrehte, machte der gerade vulgäre Gesten in Richtung Xotl. Worüber sich der Papagei anscheinend königlich amüsierte, wenn man das heisere Krächzen als eine Art Lachen interpretierte.
»Das hätte ich mir ja denken können, dass ihr euch ganz prächtig versteht.«
Sam grinste nur. »Das liegt in der Familie, meine Schöne. So von Dämon zu Dämon.«
»Sehr witzig.« Sie lehnte sich an die Haustür und schloss für einen Moment die Augen. »Ist es sehr schlimm? Ich meine, mit den Plags?«
Sie konnte spüren, wie er die Hände rechts und links neben ihrem Kopf abstützte, die Verbindung zwischen ihnen verursachte ihr eine Gänsehaut. Aber vielleicht lag das auch nur an der Nähe zu seinem Körper.
Seine Stimme klang ernst. »Ich habe ja nicht viel mitgekriegt, Babel. Schließlich habe ich wie ein braver Hund im Wagen gewartet. Aber von dem, was ich gesehen habe, würde ich sagen, ja. Er hat sich fast mit einem von ihnen geprügelt.«
Sie atmete tief durch und öffnete die Augen – und sah direkt in Sams.
»Ich glaube fast, er hängt wirklich an dir«, murmelte er, während sein Blick zu ihren Lippen glitt.
Überrascht schaute sie ihn an.
»Aber unter uns, ich glaube nicht, dass er sich allein wegen dir mit ihnen streitet.«
»Warum sagst du das?«
Ein kleines, intimes Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, das andeuten sollte, wie gut er sie kannte. »Weil du schon wieder ein schlechtes Gewissen hast, und ich mag es nicht, wenn du dich grämst. Er hat es einfach satt, dass sie ihm sagen, was er tun soll. Es ist
Weitere Kostenlose Bücher