Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
aber ihre Verbindung zu Sam und selbst die Tatsache, dass sie Xotl behielt, mussten für einen Außenstehenden verdächtig wirken. Das war, als würde sich Tamy eine Flasche Bier ins Wohnzimmer stellen und dann erklären, sie wäre trocken. Die anderen hatten nie verstanden, dass es etwas mit Erinnerung zu tun hatte und damit, zu glauben, wenn man diesen Verlockungen widerstehen konnte, dann konnte man auch größeren widerstehen. Gift in kleinen Dosen …
»Wir könnten versuchen, ihn auf Clarissa zu hetzen«, sagte Judith, um die Stimmung zu brechen, und deutete nach oben, wo Xotl gerade dabei war, seinen Dreck durch die Gitterstäbe auf ihre Köpfe zu bugsieren.
Jede von ihnen tat einen Schritt zurück.
»Ich könnte versuchen, eine Verbindung zu ihm herzustellen.«
Babel schüttelte den Kopf. »Das kannst du vergessen, das wirkt bei ihm nicht. Du müsstest zu dem Dämon in ihm Kontakt aufnehmen, und wer will das schon.«
Judiths Talent lag in der Tiermagie, sie konnte fast jedes Tier manipulieren, das ihr vor die Augen kam. Aber Xotl war eben schon lange kein reines Tier mehr. Je mehr seine äußere Hülle verfiel, desto mehr verdichtete sich der Dämon in ihm. Es war die Ironie seiner Natur.
»Ich glaube, ihm ist da irgendetwas abgefallen …«, murmelte Judith und schüttelte sich. »Himmel, wie hältst du das bloß mit ihm aus? Ich könnte keinen Dämon in meinem Haus haben.«
Babel zuckte mit den Schultern. »Was soll ich sagen, man gewöhnt sich dran.«
»Schlabberrr … oooh … oooh …«
»Äh … möchtest du uns vielleicht erklären, warum der Papagei Kussgeräusche in deine Richtung macht, Judith?«
Ihre Schwester lief tatsächlich rot an, etwas, das ihr nicht mehr passiert war, seit sie zwölf war. »Keine Ahnung«, murmelte sie, bevor sie hastig zum Haus zurückstiefelte und Babel ihr perplex nachsah. Wenn sie es nicht besser wüsste, könnte sie glatt denken, Judith wäre verliebt …
»Wir sollten uns vorbereiten«, sagte ihre Mutter in ihre Gedanken hinein.
»Was?«
»Judith und ich müssen unsere Magie aktivieren und uns vorbereiten, damit wir während der Auseinandersetzung genügend Energie zur Verfügung haben.«
Babel nickte widerwillig. Es gefiel ihr nicht, dass andere Hexen in ihrem Haus Magie üben würden, selbst wenn es Familie war. »Du kannst den Dachboden haben, Judith soll ins Wohnzimmer gehen.«
Bevor sich Maria abwandte, berührte sie mit den Fingerspitzen kurz Babels Wange. Es war eine seltsam zärtliche Geste, die Babel überraschte und ihr deutlich machte, dass Maria besorgt war.
Sie ist hier, um ihre Kinder zu schützen.
Sie versuchte, aufmunternd zu lächeln, aber es gelang ihr nur schlecht, dazu war die Situation zu ernst, und Maria würde ihr den falschen Optimismus ohnehin nicht abkaufen. Langsam ging sie zurück ins Haus, und Babel beobachtete nachdenklich, wie sie die Haustür hinter sich schloss.
Je älter sie wurde, desto besser verstand sie ihre Mutter. Manche Handlungen, die sie als Kind verletzt hatten, erkannte sie jetzt als Schutzmechanismen. Maria hatte versucht, ihre Töchter auf das Leben als magisch Aktive vorzubereiten. Sie hatte ihnen früh beigebracht, dass das Leben kein Zuckerschlecken war. Aber als Kind hatte sich Babel oft gewünscht, Maria hätte die schwierigen Wahrheiten noch eine Weile länger von ihr ferngehalten. Sie hatte sich nach einer Wolke aus Zuckerwattelügen gesehnt, in der sie sicher war und sich vor dem Schmerz verstecken konnte. Aber das war nie Marias Art gewesen. Es hatte Babel misstrauisch gegenüber anderen Menschen, aber auch hart gemacht. Sie wusste nicht, ob dieses Verhalten einer Mutter angemessen war, doch sie verstand, warum Maria so gehandelt hatte.
Sie hat dir beigebracht, wie man überlebt.
Babel hockte sich auf die Stufen vor dem Haus, sie würde im Garten warten. Wenn ihre Mutter und Judith ihre Rituale durchführten, um ihre Kräfte zu aktivieren, wollte sie nicht in der unmittelbaren Nähe sein, denn ihre intuitive Magie konnte unter Umständen die Energienetze der beiden anderen beeinflussen.
Lange saß sie auf den Stufen, während sie spüren konnte, wie innen Magie gewirkt wurde. Mo und Tamy hatten sich in die Küche verzogen. Dass Mo nicht einfach aufsprang und vom Grundstück rannte, zeigte, welcher Graben mittlerweile zwischen ihm und seinen Leuten lag.
Die Freundschaft zu ihr hatte die beiden viel gekostet. Zu viel. Clarissa ging buchstäblich über Leichen, um zu bekommen, was sie
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