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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und faß mich an, Arunuschka.«
    »Ich habe Angst …«
    »Komm her!«
    Zögernd kam sie näher, streckte die rechte Hand aus und berührte Babkin mit den Fingerspitzen. Kein Zweifel, das war ein Körper, keine Geisterluft. Wadim Igorowitsch war zur Erde zurückgekehrt – wer kann das begreifen?
    Plötzlich begann Arune zu weinen, lehnte sich an den Sessel aus geflochtenen Weidenruten und an Babkins Schulter und fühlte das Tätscheln seiner Hand auf ihrem Gesäß. Auch das war ihr bekannt, aber ihr Gefühl dabei war weniger wohlig als unangenehm.
    Auch als Babkin ihr über die Schenkel strich, schloß Arune nicht die Augen vor Lüsternheit, sondern vor Erschrecken. Wer ist schon jemals von einem Wiedererwachten gestreichelt worden? Niemand von uns, Genossen!
    »Hast … hast du Durst?« fragte sie mit vergehender Stimme.
    »Ein Weinchen wäre gut, meine Liebe.« Babkin unterbrach seine noch harmlosen Zärtlichkeiten, sah ihr mit glänzendem Blick nach, wie sie in die Küche lief und dabei ihre Hüften schwenkte, daß es eine wahre Pracht war.
    Warum bloß, dachte Babkin, hat Narinskij sie mit Nina betrogen? Ein Rätsel ist das. Aber wer kann schon in das Herz eines anderen blicken oder in seine Gehirnwindungen, um Verworrenheiten zu erklären?
    Arune mit Nina zu betrügen, ist fast, wie einen guten Braten gegen ein wässriges Würstchen zu tauschen. Man kann's nicht begreifen.
    Arune kam zurück, eine Flasche Wein und ein Glas in der Hand. Sie zitterte beim Gehen, goß das Glas voll, reichte es Babkin und wich dann zur Wand zurück.
    »Was willst du von Isaak Guramowitsch?« fragte sie, als Babkin das Glas wieder absetzte.
    »Ihm den Schädel einschlagen. Mit Nina betrügt er uns – stell dir das vor! Mit Nina Romanowna! Verrückt muß er sein … Aber trotzdem schlage ich ihm den Schädel ein! Schleicht heimlich zu ihr …«
    »Und wir?« Die schöne Arune atmete heftig. »Was war mit uns? Bist du nicht auch, wenn ich ein Handtuch zum Fenster hinaushängte, zu mir …«
    »Das ist etwas anderes!« Babkin winkte ab. »Nicht zu vergleichen ist das. Ein Mann in meiner Position muß weltoffen sein …«
    »Auch Narinskij ist ein Mann.« Sie weinte wieder, ihr Körper zuckte dabei, und Babkin betrachtete mit Wohlwollen ihren auf und ab wogenden Busen. »Du erschlägst ihn? Wie soll ich als Witwe weiterleben? Zu jung bin ich noch für lange schwarze Kleider.«
    »Wir werden sehen.« Babkin goß sich noch ein Gläschen voll. Ein guter Wein aus dem Kaukasus war es. Er kannte ihn, denn Narinskij hatte ihn ja von ihm gekauft. »Zum Beispiel könnten wir heiraten, Arune.«
    »Wir?« Sie starrte ihn an, als sei er wirklich ein Geist. »Und Nina Romanowna?«
    »Ich werde sie erschlagen wie Narinskij. Jedermann wird das gerecht finden, und alle werden lobend sagen: Sieh an, der Babkin! Der gerächte Witwer heiratet die arme Witwe. Welch eine große Seele! Nun steht die Welt wieder gerade. Was haben die beiden leiden müssen! – Genauso wird man sprechen.«
    »Ich soll einen zweifachen Totschläger lieben?«
    »Einen vielfachen Totschläger, mein Schwänchen.« Babkin dehnte und streckte sich im Sessel. »Da sind noch mehrere, denen es an den Kragen geht: Waninow, dem Popen, Afanasjew, Sawitzkij, Mischin, Sapanow, Bobo, Pyljow, meinem verdammten Schwiegersöhnchen, Blistschenkow, diesem Floh … Ha, ich rotte sie alle aus!«
    »Und wann rottest du mich aus?«
    »Ganz sicher, wenn auch du mich betrügst!« Babkin hob den Kopf. Auf den Steinplatten vor dem Haus ertönten Schritte. Arune, die Süße, preßte die Fäuste an den Mund und biß hinein. Ihre Augen, die Babkin einmal – in seinem Alter wie ein Gockel reagierend – vom Himmel gefallene Sterne genannt hatte, weiteten sich in maßlosem Entsetzen. Sie wollte aus dem Zimmer laufen, aber eine Handbewegung Babkins hielt sie zurück.
    »Da kommt er ja, der gute Isaak Guramowitsch«, sagte er gemütlich. »Paß auf, wie er gleich wegzulaufen versucht. Die Hosen wird er sich vollmachen, der Ehebrecher.«
    »Mein liebliches Täubchen!« rief draußen in der Diele eine fremde Stimme. Babkin erstarrte und schob den Kopf vor. »Wo ist es denn, mein zärtliches Kaninchen? Hast dich schon ausgezogen, was?«
    Die Tür sprang auf, und herein kam ein Mensch, den Babkin noch nie gesehen hatte. Ein feines Herrchen, so sah er jedenfalls aus, in der einen Hand einen Strauß mit Blumen, in der anderen eine Flasche Sekt von der Krim. Ein schwarzes Bärtchen klebte ihm unter der Nase, und

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