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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in Ulorjansk, weder ein Hausbau noch eine Geschäftseröffnung noch ein Grundstückskauf, ohne daß nicht Blistschenkows offene Hand über den Papierchen mit den Stempeln schwebte. Und was – ihr wißt es, Genossen – ist das Leben wert ohne amtliche Stempelchen? Eine Null ist wenigstens noch eine Zahl – aber ohne einen Stempel auf deinen Papieren bist du einfach gar nichts.
    Vor allem Afanasjew, der Bodenbetrüger, konnte ein Lied davon singen. Bei ihm stand Blistschenkow unverrückbar an erster Stelle auf der geheimen ›Spendenliste‹. Und jetzt war es ganz sicher, daß Babkin diese Geheimnisse kannte.
    »Worum geht es, mein lieber Wadim Igorowitsch?« fragte Blistschenkow liebenswürdig, aber mit Mordgedanken im Hirn.
    »Eine verworrene Sache, Genosse, ganz verworren. Kommt da vor einiger Zeit Zapunow zu mir. Du kennst ihn. Dmitri Wladimirowitsch, der Schieler. Steht bei mir im Basar, schielt mich an und sagt doch: ›Wadim Igorowitsch, immer warst du ein guter Mensch, hast ein Herz gehabt für die Armen, hast oft in mein Körbchen ein paar Äpfelchen geworfen oder eine Melone oder Seife zum Rasieren, Gott danke dir dafür. Aber nun ist's an mir, dir zu danken.‹ Ja, so hat er gesprochen.«
    Babkin holte tief Atem. Kein Wort davon, daß Zapunow die geschenkten Äpfelchen, Melonen und Rasierseifen mit anderen, verteuerten Artikeln doppelt bezahlt hatte – wer kennt schon die Kalkulation eines ehrlichen Kaufmannes? Den Kunden muß man das Gefühl vermitteln, beschenkt zu werden, dann rechnen sie nicht nach, was sie sonst noch kaufen.
    Pyljow, der kluge Lehrer, nannte das Verkaufspsychologie, ein unaussprechliches Wort. Babkin bezeichnete es schlicht als Kundenbetreuung. Und wer von uns will nicht betreut werden?
    »Sehr interessant«, sagte Blistschenkow verständnislos. »Aber was soll's?«
    »Nun ja, Zapunow kam in das Hinterzimmer, rauchte dort eine von mir gestiftete Zigarre und begann zu schluchzen.«
    »Dimitri Wladimirowitsch schluchzte? Warum denn das?«
    »Ein tragischer Fall.« Babkin wischte sich über die Augen, als falle auch er in Ergriffenheit. »Was gestand mir Zapunow? ›Krank bin ich, Babkin‹, sagte er. ›Sehr krank. Sterbenskrank, fast schon tot. Daß ich bei dir noch ein Zigärrchen rauche, ist geradezu ein Wunder. Ich komme gerade aus Tobolsk, aus der großen Klinik, weißt du. Da haben sie Apparate, mit denen können sie in deinen Körper sehen. Sehen alles, die tüchtigen Genossen Ärzte, nichts bleibt ihnen verborgen. Und als sie in mich hineingeguckt haben, haben sie die Köpfe hin und her gewiegt und mich scharf angeblickt. Nur zu, habe ich mit all meinem Mut gesagt. Was ist? Wie sieht's in mir aus? – Da kam die Wahrheit heraus. Ein Geschwür am Magen, groß wie eine Kinderfaust. Nun denn, habe ich gesagt, dann holt sie raus. – Und die Ärzte haben gesagt: Zu spät. Da kann man nichts mehr machen, fahr nach Hause, Dmitri Wladimirowitsch, iß ganz vorsichtig, laß dir von deinem Arzt Mittel gegen die Schmerzen verschreiben und bereite dich auf dein Ende vor. – Ja, so ehrlich sind sie in Tobolsk. Mich hat es nicht erschreckt. Dreiundsiebzig bin ich jetzt, hab alle meine Verwandten überlebt und nie an das ewige Leben geglaubt.‹«
    »Aber Zapunow lebt doch noch!« warf Blistschenkow ein. »Gestern ging er munter über den Roten Platz …«
    Auch das gab's in Ulorjansk: Einen Roten Platz. Das nur zur Information, Genossen.
    »Du sagst es: noch! Aber seine Wochen sind gezählt.« Babkin überwand sich, goß sich vom Wein der Konkurrenz ein Gläschen ein und schlürfte ihn mit saurem Gesicht. Dann schüttelte er sich dramatisch und tat so, als habe der Wein ihm die Kehle verengt.
    »Auch davon kann man sterben!« wisperte er. »Guri Jakowlewitsch, dieses Gesöff kostet dich ein paar Jahre Leben. Aber weiter: Zapunow schielte mich also an und sagte dann: ›Babkin, du guter Mensch, der besten einer unter Gottes Himmel … ‹«
    »Er muß wirklich sehr krank sein«, warf Blistschenkow ein.
    »› … unter Gottes Himmel, nun ist's an mir, dir etwas zu schenken. Zunächst – es stimmt nicht ganz, daß ich ein armer Mensch bin. Geizig war ich nur, das ist alles. Eine Henne brütet auf ihren Eiern, ich habe auf meinen Rubeln gebrütet. Mehr wurden sie nicht dadurch, aber es wurden auch nicht weniger. Das ist schon was wert in unserer Zeit, gib es zu. Ja, und draußen am See, bei den Zwölf Aposteln – keiner weiß das – gehört den Zapunows seit über zweihundert Jahren ein

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