Babkin, unser Väterchen
an.
»Rieche ich wirklich so nach Wodka?«
»Bestialisch, Bairam Julianowitsch.«
»Ich rieche nichts.«
»Wer im Schnaps schwimmt, dem riecht alles gleich.«
»Es ist alles nur Ihretwegen, Wadim Igorowitsch«, sagte Dr. Poscharskij und gab sich keine Mühe mehr, sein Elend zu verbergen. »Ihr medizinisches Rätsel lastet auf meiner Seele …«
»Sie haben sich an meiner Leiche benommen wie ein kleiner Junge, der Doktor spielt. Lustig und erstaunlich war's, das anzusehen.«
»Vermeiden Sie bitte, Wadim Igorowitsch, von Ihrer Leiche zu sprechen. Welch dunkles Kapitel ist das in meinem Leben!«
»Wir könnten es aufhellen, Bairam Julianowitsch«, gab Babkin zu bedenken. »Ich schweige über Ihre Untersuchungsmethoden, und Sie helfen mir. Ein glattes Gegengeschäft.«
Dr. Poscharskij blickte Babkin etwas neugierig, aber mit größter Vorsicht an. Mißtrauen war Wadim Igorowitsch gegenüber immer angebracht, zu lange kannte man sich schon.
»Babkin …«, sagte er vorsichtig und gedehnt, »Teuflisches haben Sie im Sinn. Nur in Ihre Augen braucht man zu sehen …«
»Sie wissen, daß Nina mich jahrelang betrogen hat.«
»Nein …«
»Warum lügen Sie, Dr. Poscharskij? Natürlich wissen Sie es. Und geschwiegen haben Sie vor mir …«
»Ein Arzt sieht viel und redet wenig. Die Schweigepflicht, Babkin …«
»Das ist es, was ich von Ihnen erbitte, Bairam Julianowitsch. Handeln und schweigen … Wie schnell wir uns näherkommen!«
»Ich verstehe Sie nicht, Babkin.«
»Nina Romanowna, mein fleißiges Weibchen, weiß weder aus noch ein. Als Toter war ich ihr mehr willkommen denn als Lebender. Wie schön wäre das alles geworden – eine fröhliche Witwe mit fünfzig Jahren, immer noch knackig und dazu reich. Ha, welch ein Leben stand ihr bevor!«
Babkin blickte Dr. Poscharskij offen an, ein Biedermannsblick war es, der gar nicht zu dem paßte, was er jetzt aussprach. »Man sollte ihr ein besonderes Leben gönnen. Bairam Julianowitsch, Sie werden Nina ein Spritzchen geben …«
»Hinaus!« schrie Dr. Poscharskij empört. »Babkin, hinaus! Ja, was ist das denn? Trägt mir einen Mord an …«
»Das Gegenteil, mein Lieber, das Gegenteil. Sie geben Nina ein Spritzchen, das sie überschäumen läßt; wir bringen die Arme nach Tobolsk in eine geschlossene Anstalt, und bis man dort merkt, wie es wirklich um sie steht, können Jahre vergehen. Ist das eine Idee?«
»Eine gute Idee, eine wunderbare Idee!« schnaubte Dr. Poscharskij erschüttert. »Die Idee eines Teufels! Hinaus, Babkin, sage ich, hinaus!«
»Wie kommt's, daß ein Mensch mit Ihrer Intelligenz, Bairam Julianowitsch, so schwer die realen Dinge des Lebens begreift?« sagte Babkin fast wehmütig. »Kein Hund wird vor Ihnen mehr mit dem Schwanz wedeln, wenn alle Welt erfährt, daß meine Auferstehung kein Wunder, sondern lediglich die Folge einer Fehldiagnose von Dr. Poscharskij war.«
»Wadim Igorowitsch, ich flehe Sie an«, stammelte Dr. Poscharskij und begann heftig zu schwitzen. »Irren gehört zur menschlichen Substanz …«
»Aber ein Irrtum, durch den ein Mensch lebendig begraben werden kann – na, na …«
»Ich bin vernichtet, Babkin. Haben Sie doch Mitleid …«
»Mehr als das – ich schweige!«
»Mein Freund! Mein geliebtes Brüderchen …« Dr. Poscharskij wollte Babkin umarmen und an seine Brust drücken, aber der wehrte mit einer Handbewegung ab und trat einen Schritt zurück, um nicht doch noch ein Opfer von Poscharskijs Aufwallung zu werden.
»Ein Kaufmann bin ich, Bairam Julianowitsch«, sagte er fest. »Und bei einem Kaufmann gilt: Ware gegen Geld. Kein Geld – keine Ware.«
»Wieviel?« stöhnte Dr. Poscharskij.
»Ha! Sie wagen es, mir Geld anzubieten?« schrie Babkin empört. »Begreifen Sie nicht, daß dies nur ein Gleichnis war. Ich habe bildlich gesprochen, wie man so sagt. Meine Ware Schweigen bezahlen sie mit Ihrem Geld – einem Spritzchen für meine liebe Nina Romanowna.«
»Ich sterbe«, stöhnte Dr. Poscharskij noch einmal laut auf, sank in einen Sessel und verdrehte schaurig die Augen. »Sie töten mich, Babkin. Mein Herz … oh! Hören Sie: Es schlägt nicht mehr. Es zittert nur noch. Es flimmert, wie wir Mediziner sagen … der Beginn des Todes.«
»Bitte, Bairam Julianowitsch, bezeichnen Sie sich nicht als Mediziner! Wer Lebende begraben läßt …«
»Töten Sie mich, Babkin. Sofort, töten Sie mich!« wimmerte Dr. Poscharskij. »Welche Qualen …«
»Merkwürdig ist das.« Babkin wischte sich über das
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