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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Igorowitsch hatte kommen sehen, klebte förmlich hinter der Gardine am Fenster seiner Wohnung und beäugte ihn mißtrauisch.
    Er hat etwas vor, dachte der Pope, sonst wäre er nicht wiedergekommen. Was will er noch? War's ihm nicht genug, einen vor Angst greinenden Popen zu sehen? War's nicht genug Triumph? Geh weiter, Wadim Igorowitsch!
    Aber Babkin ging nicht weiter. Als er sich wieder in Bewegung setzte, führte sein Weg genau auf die Kirche zu.
    Waninow seufzte, schlug das Kreuz und sagte erschüttert:
    »Wen Gott straft, den straft er gründlich.«
    Man soll nicht glauben, daß nur Babkin an diesem Vormittag damit beschäftigt war, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. O nein, da verkennt man die Mitglieder der Familie Babkin, die sich schon als fröhliche Hinterbliebene gesehen hatten und nun durch die Widerauferstehung von Väterchen bitter enttäuscht wurden.
    Und nicht nur das! Nach der allgemeinen Beichte am Totenbett war nichts mehr so wie vordem. Jeder hatte Schmutzflecken angesetzt, die man nicht so einfach wegreiben konnte, hatte Löcher in der Seele, die keiner mehr stopfen konnte.
    Vor allem aber war man sich klar darüber, daß das weitere Leben nie mehr so sein würde wie das vergangene: Babkin hatte sie nun alle in der Hand, und wenn er wollte, konnte er jeden auswringen wie einen Scheuerlappen.
    Gebt es zu, Genossen: So geht's nun wirklich nicht! Welch ein Dasein würde das werden!
    Pyljow, das kluge Bürschchen von Lehrer, den die Babkins noch einmal zu Rate zogen, hatte da wieder die beste Idee, das gefährlich gewordene Väterchen zu liquidieren.
    »Meine Lieben«, sagte er zu Nina Romanowna, der verhinderten Witwe, Nelli, seiner Frau, und Walentina, seiner Schwägerin. »Bisher hat alles versagt: Er wachte nach der Spritze auf, erhängen konnten wir ihn nicht, ihn erdolchen ist ein blutiger, unästhetischer Akt, selbst ihn zu erschießen war unmöglich. Und auch vergiften kann man ihn nicht, weil er jeden Teller bei Tisch austauscht und uns zuschiebt, und keiner weiß vorher, wer Babkins Teller bekommt … Fürchterlich ist es, mit solch einem Menschen leben zu müssen!«
    Pyljow holte tief Atem. »Kann Väterchen eigentlich schwimmen?«
    Die drei Frauen schwiegen verblüfft. Kann Wadim Igorowitsch schwimmen? Mit dieser Frage hatte sich noch keiner beschäftigt; man hatte Babkin auch noch nie in schwimmender Position gesehen.
    Nur Nina Romanowna erinnerte sich undeutlich an einen Sommerabend vor langer Zeit, an dem Babkin mit ihr, einem bildschönen Mädchen von siebzehn Jahren mit langen blonden Zöpfen und runden Augen, am Ufer des nahen Propjet-Sees gelegen hatte und auch in dessen Wasser gestiegen war. Nackt sogar, was damals eine ungeheuerliche Schamlosigkeit bedeutete, aber es hatte Nina gefallen.
    Ob Babkin nun in dem See geschwommen oder nur im seichten Wasser herumgeplanscht hatte, daran konnte Nina Romanowna sich nicht mehr erinnern. Sie war damals mit der Betrachtung von Babkins sportlichem Körper vollauf beschäftigt gewesen. Später dann ging Babkin immer allein zum Angeln; ob er dabei auch geschwommen hatte, wer weiß das?
    »Wenn Väterchen nicht schwimmen kann«, sagte Pyljow nachdenklich, »dann könnte man ihn diskret ertränken. Das macht keinen Lärm, kein Blut fließt, es sieht aus wie ein Unfall, und es ist eine sichere Sache. Also rundherum ästhetisch. Wir laden Wadim Igorowitsch zu einem Badeausflug ein – heiß genug ist es ja – fahren an den Propjet- See, gehen gemeinsam ins Wasser und drücken ihn dort, wir alle zusammen, unter Wasser. Dann wird Nina schreiend Alarm schlagen, man wird Babkin bergen. Dr. Poscharskij wird den Tod durch Ertrinken feststellen, und wir können Väterchen endlich begraben. Ist das eine Idee, meine Lieben?«
    Man muß zugeben: Die Idee war überzeugend. Nur einen Fehler hatte sie: Wie bekam man Väterchen an den See und vor allem in den See? Daß jemand an Land, auf einer Uferwiese, ertrank, hatte es noch nicht gegeben.
    »Walentina muß ihn zu diesem Ausflug überreden«, sagte Nina Romanowna und schaute dabei ihre jüngste Tochter liebevoll an. »Sie ist Väterchens Liebling.«
    »Versuchen werde ich's, Mütterchen.« Walentina erwiderte ihren Blick mit einer Unbefangenheit, die keinerlei Zweifel aufkommen ließ. Dabei dachte sie: Das muß man Väterchen sofort sagen; später am See kann es zu spät sein. »Wann wollen wir schwimmen gehen?«
    »So schnell wie möglich!« rief Pyljow, der liebe Schwiegersohn. »Jeder Tag kann unser

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