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Babson, Marian

Babson, Marian

Titel: Babson, Marian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze mit den sieben Leben
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und mit betrübter Miene. Mit einem Anflug von
ironischer Belustigung beobachtete sie die hysterische Reaktion ihrer Enkelin.
    »Man sollte
nicht glauben«, meinte sie leise, »dass sie das Ding erst seit drei Wochen
hatte. Eigentlich wollte sie eine giftige Gila-Krustenechse, aber zum Glück untersagte
ihre Mutter ihr das.«
    »Boswell ...
Boswell ...« Das Wehklagen des traurigen Mädchens schwoll an und ab. »Mein
armer kleiner Boswell.« Die Szene verlor erheblich an Wirkung, als Clarice mit
einem Seitenblick festzustellen versuchte, wie überzeugend ihre Darbietung war.
    »Will sie zum
Theater gehen, wenn sie erwachsen ist?«, fragte Freddie interessiert. »Sie wäre
eine hervorragende Lady Macbeth.«
    »Für mich
passt das eher zu East Lynne von Ellen Wood«, urteilte Macho
kenntnisreich. »>Tot, tot, und nie nannte sie mich Mutter!< Ihr wisst
schon. Die Theatergruppe hatte das in einem Jahr an der Schule aufgeführt.«
    Zwei kleine
Köpfe spähten kurz um die Ecke, aber beide Katzen kamen zu dem Schluss, dass
sie sich besser wieder zurückziehen sollten. Das Schluchzen nahm kein Ende.
    »Ob sie ein
Glas Wasser möchte?«, fragte Lorinda ungerührt.
    »Zum Glück ist
sie für alles andere noch zu jung«, gab Rhylla zurück. »Ich dagegen bin nicht
mehr zu jung, und mir kannst du gern ein großes Glas mit dem Stärksten bringen,
das du im Haus hast. Oder vielleicht möchte Macho ja eine Runde von seinem
Tequila springen lassen.«
    »Das ist nicht
witzig!« Machos Gesicht wurde bleich, seine Augen dagegen glühten vor Wut.
    »Tut mir
leid«, sagte sie erschrocken. »Ich meinte deinen Romanhelden Macho. Dass du das
Zeug nicht im Haus hast, weiß ich ja.«
    »Von wem?«,
fragte er mit unverhohlener Feindseligkeit.
    »Von dir«,
antwortete die sichtlich vor den Kopf gestoßene Rhylla. »Das hast du mir mehr
als einmal erzählt.«
    Wortlos
musterten sie sich einen Moment lang, während Clarice' Schluchzen zu einem gelegentlichen
Schluckauf abflachte, da sie durch die plötzliche und unerklärliche
Feindseligkeit abgelenkt wurde. Lorinda nutzte die Gelegenheit, um ein
Küchentuch über den kleinen Leichnam zu legen.
    Clarice schien
davon nichts mitzubekommen, sondern stand auf und war in Gedanken
offensichtlich bereits bei etwas völlig anderem angelangt. Sie hob den Kopf und
sah ihre Großmutter herausfordernd an. »Kann ich jetzt eine Gila-Krustenechse
bekommen?«, wollte sie wissen.
    »Nur über
meine Leiche«, antwortete Rhylla.
    Für eine
Sekunde blitzte in Clarice' Augen Boshaftigkeit auf. Könnten Blicke töten, wäre
sie schon am nächsten Morgen Besitzerin einer Gila-Krustenechse.
    »Wenn du mich
noch länger so ansiehst, junge Dame, dann bekommst du von mir nicht mal
Taschengeld!« Rhylla, die durch Machos grundlose Attacke bereits schlecht
gelaunt war, würde nicht auch noch die Aufsässigkeit ihrer Enkelin hinnehmen.
    Nicht zum
ersten Mal beneidete Lorinda ihre Katzen. Wie wunderbar es doch sein musste,
sich bei den ersten Anzeichen für einen Streit zurückzuziehen und erst wieder
aufzutauchen, wenn Ruhe eingekehrt war.
    Während Clarice
vor Wut kochte und nach einer Form von Meuterei suchte, die keinen
Taschengeldentzug nach sich ziehen würde, hatte Macho seine Fassung
wiedergewonnen. Er zwinkerte Lorinda verschwörerisch zu und ging an Clarice
vorbei, um hinter deren Rücken die tote Ratte aufzuheben und durch die
Hintertür aus dem Haus zu schleichen.
    Diese Mühe wäre
gar nicht nötig gewesen, denn Clarice nahm von ihrem vormaligen Haustier längst
keine Notiz mehr. Die Vorstellung, auf ihr Taschengeld verzichten zu müssen,
wog schwerer als alles andere. »Das sage ich meiner Mutter«, drohte sie. »Das
kannst du ruhig machen«, konterte Rhylla. »Und dann kannst du ihr auch gleich
sagen, dass mir jetzt einige Fehler aufgefallen sind, die ich bei der Erziehung
deines Vaters gemacht habe und die ich bei dir nicht wiederholen werde.«
    Der einzige
Trost war der, dass die beiden sich während des Redens allmählich der Haustür
näherten. Wenn sich ihnen nichts in den Weg stellte, würden sie in wenigen
Augenblicken verschwunden sein.
    »Wer hat
eigentlich gesagt, dass Kinder einen jung halten?«, wunderte sich Freddie.
    »Jemand, der
selbst keine Kinder hatte!«, zischte Rhylla und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Erst dieses
Theater«, stöhnte Freddie, »und morgen Abend auch noch Dorians Party!«
    »Ich glaube,
ich kehre sofort nach London zurück«, merkte Lorinda an.
    Wie aus

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