Baby-Bingo
auch bald mit mir einen Kinderwagen kaufen gehen.
Drei Mal bin ich zur Untersuchung bei Frau Doktor Steinberger. Dann bekomme ich endlich den erlösenden Anruf der Sprechstundenhilfe. Die Untersuchungen haben ergeben, dass ich kurz vor meinem Eisprung stehe. Martin soll seinen Bei trag am nächsten Morgen bis spätestens acht Uhr in der Praxis abliefern. Ich rufe Martin sofort an, um ihn vorzu warnen.
»Okay, dann weiß ich Bescheid«, sagt er überraschend kühl und legt auf. Vermutlich habe ich ihn gerade inmitten eines Meetings gestört.
Ach, ich bin so aufgeregt. Und gleichzeitig optimistisch. Diesmal wird es klappen. Ganz sicher!
Martin
Die Wärmflasche
»Können Sie frei sprechen?«
Wenn ein Telefongespräch so beginnt, ist entweder die Kriminalpolizei dran. Oder ein Headhunter.
»Ja, was gibt’s?«, frage ich und verpasse der offenen Bürotür einen Fußtritt. Sie fliegt krachend ins Schloss.
»Schmidt, Praxis Doktor Steinberger«, sagt die selbstbewusste Frauenstimme. »Ich soll im Auftrag von Frau Doktor Steinberger nachfragen, ob die Angaben auf der Spermienprobe, die Sie heute Morgen abgegeben haben, auch wirklich korrekt sind.«
»Ja, warum, stimmt was nicht damit?«
Heute ist ein großer Tag in unserer persönlichen Kinder wunschhistorie. Vielleicht der entscheidende: der Tag der Insemination. Insemination, ein Wort, dem ich in meinem Leben bis dahin nie begegnet bin. Mein Schullatein reicht gerade noch aus, um zu wissen, dass »semi« halb heißt. Die Nation versteht sich von selbst. Und wenn »in« davor steht, geht’s irgendwo rein.
Nur das mit dem »rein« erwies sich letztlich als richtig, denn es handelt sich um eine getunte Befruchtung. Doktor Carla hatte mir schon vor dem Gespräch mit Frau Doktor Steinberger zusammenfassend erklärt, was dabei passiert: »Deine Spermien kommen ins Labor. Die Ärztin holt die besten raus und spritzt mir diese direkt ein.« Das klang verständlich und nicht ausführlicher, als es ein Mann wissen muss und möchte.
Ich hatte nichts dagegen, denn mir erscheint diese Methode halbwegs natürlich. Dass nur die besten überleben oder zum Zuge kommen ist ein Naturgesetz. Man kann es überall beobachten. Zum Beispiel auch früher im Sportunterricht in der Schule. Dort wurden bei der Teamaufstellung ganz gnadenlos erst mal die Cracks ausgewählt.
Wenn also ein Arzt bei der Umsetzung dieser Gesetzmäßigkeit hilft und meine Spermien vorsortiert, ist meiner Meinung nach ethisch dagegen nichts einzuwenden. Die Vorstellung, dass man ein Kind bekommen kann, ohne seine Partnerin auch nur zu berühren, ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber da dadurch die Chancen einer Schwangerschaft für Carla angeblich deutlich gesteigert werden können, war ich sofort bereit, den Versuch zu starten und mit Carla zum Beratungsgespräch bei ihrer Frauenärztin zu kommen.
Die Ärztin, die auch mir sehr sympathisch war, erklärte mir nochmals im diplomatischen Medizinjargon, dass von meiner Seite aus für die Insemination nichts weiter zu tun ist, als die bestmögliche Basis in einem Becher zu liefern.
Genau das habe ich heute Morgen getan. Dem Becher lag ein »Merkblatt zur Gewinnung und dem Transport von Samenflüssigkeit« bei. Darauf standen Punkte wie:
– Erzeugen Sie Samenflüssigkeit durch Masturbation.
– Beachten Sie die Karenzzeit: Der letzte Samenerguss sollte nicht kürzer als zwei Tage zurückliegen. Geben Sie auf der Beschriftung des Bechers Ihre Karenzzeit und die Uhrzeit der Gewinnung an.
– Überzeugen Sie sich davon, dass der Probenbecher vor der Zugabe Ihrer Probe sauber und absolut trocken ist.
– Den Becher sorgfältig verschließen und innerhalb von maximal zwei Stunden in der Praxis abgeben.
– Bestätigen Sie die Identität der Probe auf dem Gefäß und in der Praxis mit Ihrer Unterschrift.
– Transportieren Sie die Probe körperwarm.
Körperwarm? Das war die Schwierigkeit. Da es heute am Morgen extrem frisch war und ich mit dem Fahrrad zur Praxis und dann gleich weiter ins Büro fahren wollte, kam ich auf die clevere Idee mit der Wärmflasche. Ich packte nach getaner Arbeit den frisch gefüllten Becher in einen Plastikbeutel, zusammen mit einer ebenfalls frisch gefüllten Wärmflasche. So konnte ich sicher sein, dass das wertvolle Gut kuschelig warm blieb.
»Ihre Probe kam hier nahezu völlig vertrocknet an«, sagt Frau Schmidt mit deutlichem Tadel in der Telefonstimme. »Auf der Beschriftung geben Sie allerdings eine Produktionszeit von
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