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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla und Martin Moretti
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nun doch ganz bald Großmutter zu werden.
    »Ich hoffe es, Mami«, sage ich. »Ich hoffe es sehr.«

Martin
    Die Krise
    »Kein Wunder, dass ich im Moment so wenig Lust habe. Guck doch mal genau in den Spiegel.«
    Es ist einer dieser verhängnisvollen Momente. Noch während ich den Satz ausspreche, ist mir klar, dass er böse Konsequenzen haben wird. Aber er musste trotzdem raus. Er hat ein Eigenleben entwickelt, er ist nicht mehr zu stoppen. Jeder Mann kennt das. Die subjektive Wahrheit muss in gewissen Situationen einfach gesagt werden, wenn sich zu viel Druck angestaut hat. Egal, ob das die Partnerschaft, die Karriere oder den Kopf kostet.
    Das Problem ist, dass es keine »Delete«-Taste für so einen in den Raum geworfenen Satz gibt. Wie bei einer Mail, die man in der ersten Wut geschrieben hat. Und beim zweiten Durchlesen merkt, dass man an einigen Stellen doch etwas überreagiert hat. Nein, der Satz lässt sich nicht wieder einsaugen. Ich muss an den berühmten Zahnpasta-Vergleich denken. Hat man die erst mal aus der Tube gedrückt, gibt es kein Zurück mehr. Die Zahnpasta ist also heute draußen.
    Vorausgegangen war meiner Bemerkung ein harmonisches Wochenendfrühstück. Das besteht traditionell aus einem ersten Teil, in dem ich mich mit Carla unterhalten muss, obwohl ich die ersten drei Stunden des Tages eigentlich weder kommunikationsfähig noch kommunikations willig bin. Aber eine Partnerschaft verlangt Kompromisse, das habe ich inzwischen gelernt.
    Dieser kommunikative Teil dauert erfahrungsgemäß nur maximal dreißig Minuten. Dann ist Carlas Mitteilungsdrang fürs Erste gestillt, und es folgt der zweite Teil: Ich kann endlich die Zeitung lesen. Allerdings tat ich dabei heute das, was bei Ehepaaren häufig zu beobachten ist: Ich fand eine Meldung so interessant, dass ich sie Carla spontan vorlas.
    »Hör mal: Neue Forschungen haben ergeben, dass Männer nicht, wie bisher fälschlich behauptet, alle sieben Minuten an Sex denken, sondern nur 19 Mal am Tag.«
    »Ich würde mich schon freuen, wenn du einmal am Tag an Sex denkst«, sagte Carla trocken.
    Vermutlich war ihre Bemerkung lustig gemeint oder einfach nur so dahingesagt. Aber sie erwischte mich total auf dem falschen Fuß. Denn ich mache mir im Moment so einige Gedanken über dieses Thema. Mir fällt selbst auf, dass meine Lust auf Annäherung seit einigen Monaten stark abgenommen hat, was völlig neu für mich ist. Bereits ein erstes Warnsignal, dass unsere Beziehung auf dem Weg in eine Krise ist? Oder ein Anzeichen meines fortschreitenden Alters? Vielleicht liegt aber der Grund für die gegenwärtige Flaute auch nur im überpräsenten Kinderwunsch, durch den unser Zusammenleben eine ungewohnte Schwere bekommt.
    Bei Carla, um ganz offen zu sein, auch eine zunehmende Schwere im körperlichen Sinne. Seit sie sich regelmäßig Hor monspritzen zur Unterstützung der Insemination in den Bauch jagt, hat sich leider auch innerhalb kürzester Zeit ihre Fi gur verändert. Carla hat, was für sie neu ist, einen deutlich sichtbaren Bauch bekommen. Eine Art Minibierbauch, in Rekordzeit gewachsen. Es mag an den Hormonen liegen. Oder auch daran, dass sie während der Hormonaufnahme keinen Sport machen soll und sich auch daran hält. Carla bewegt sich kaum noch, dazu isst sie mehr und ungesünder als sonst. Mir ist völlig klar, dass man eine Partnerschaft nicht auf Äußerlichkeiten reduzieren darf. Schon gar nicht in einer extremen Kinderwunschphase, die von Carla einen hohen kör perlichen Einsatz verlangt. Ein Mann sollte dafür Verständnis haben. Ich bewundere Carla auch wirklich für den Heldenmut, mit dem sie sich selbst jeden Abend die Nadel der Spritze in den Bauch rammt. Das würde ich wohl kein einziges Mal schaffen.
    Doch andererseits sind wir Männer immer noch armselige Sklaven der Evolution. Da kann das Gehirn in Massen philosophische Gelassenheit und politisch korrekte Parolen in Botenstoffe verpackt aussenden, der Rest des Körpers reagiert unbeeindruckt davon weiterhin auf simple Primärreize. Man kann sicher einige Zeit über die äußerlichen Veränderungen der Partnerin hinwegsehen, aber irgendwann nagen diese Veränderungen auch an der spontanen Lust.
    Dieser Hintergrund, kombiniert mit Carlas Vorwurf, dass sie sich mehr körperliche Zuwendung wünschen würde, bündelte sich in dem wütenden Satz, den ich Carla soeben entgegengeschleudert habe.
    »Verschwinde«, sagt Carla, »und zwar sofort!«
    Das hat sie noch nie gesagt. Und diese

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