Baby-Bingo
natürlich nicht, inzwischen sind manche Reisen auf die Malediven billiger als nach Mallorca.
»In zwei Wochen geht’s los«, sage ich.
»Was, du hast schon gebucht?«
Statt begeistert reagiert Carla geschockt.
»Und was ist, wenn ich bis dahin schwanger bin?«
»Umso besser!«
»Das ist doch wieder mal typisch, du denkst nicht an mich, sondern nur an dich.«
»Wie meinst du das? Ich wollte dir doch nur eine Freude machen.«
»Wie lange fliegt man denn auf die Malediven?«
»Hm, ich schätze mal zehn Stunden«, rate ich.
»Eben. Weißt du, dass ein Langstreckenflug so ziemlich das Schlimmste ist, was man in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft machen kann?«
»Wirklich …?«
Wie soll ich das wissen, so ein Mist aber auch. Da möchte man seiner Frau einen Traum erfüllen und mit einem romantischen Liebesurlaub der Zweisamkeit einen Kick geben, wieder ein bisschen Feuer im Kamin machen. Aber dann funkt schon im Vorfeld der ungeborene Nachwuchs dazwischen.
»Dann müssen wir die Reise eben verschieben, das geht schon irgendwie«, sage ich reumütig. Und enttäuscht.
»Außerdem weißt du gar nicht, ob ich Lust habe, mit dir zu verreisen«, sagt Carla. »Du hast sehr hoch gepokert, ich lasse mich nicht mit einer schönen Reise kaufen.«
»Das weiß ich. Aber ich kenne dich besser, als du glaubst.«
»Na, sei dir deiner Sache mal nicht zu sicher. Die Konkurrenz schläft nicht. Ich habe noch ganz gute Chancen, wie ich in den letzten Tagen erfahren habe. Es gibt Männer, die meine Figur durchaus mögen.«
Diese kleine Spitze musste sein. Und ich glaube ihr, denn auch der Silver-Daddy am Nachbartisch guckt auffällig oft in Carlas Richtung.
»Pass auf, ich beweise dir, dass ich sogar deine geheimen Wünsche kenne. Ich gehe jetzt zur Toilette, und du bestellst währenddessen. Wenn ich wiederkomme, sage ich dir, was du bestellt hast.«
»Klar, du kennst meine Lieblingsgerichte, aber was ist, wenn ich heute Lust auf etwas ganz anderes habe?«
»Ich weiß, worauf du Lust hast, genau darum geht es doch«, sage ich.
»Du wirst so was von danebenliegen«, sagt Carla, aber ich merke, dass sie Spaß an diesem Spielchen hat, das hoffentlich auch etwas von unserem großen Thema ablenkt.
»Und«, sagt sie, als ich wiederkomme, »wie lautet dein Tipp?«
» Caprese mit Büffelmozzarella. Das war einfach, das bestellst du ja meistens. Die Hauptspeise ist schon schwieriger. Aber ich glaube, du brauchst heute Fleisch. Tagliata di manzo . Richtig?«
»Wahnsinn, es stimmt«, sagt Carla scheinbar wirklich beeindruckt. »Hast du dich in der Zeit ohne mich so gelangweilt, dass du einen Hellseherkurs belegt hast? Ich mach mir wirklich Sorgen. Da ist man fünf Jahre zusammen, und der Partner kann bereits Gedanken lesen. Irgendwie erschreckend …«
»Na, keine Sorge, alle kann ich noch nicht lesen. Aber ich arbeite daran.«
Nachdem Carla am Anfang so unmissverständlich ihre Forderungen an mich formuliert hat und meine Entschuldigung wohl angenommen hat, wird es ein entspannter Abend. Das Gespräch scheint dadurch beflügelt, dass wir uns einige Zeit nicht gesehen haben. Wir unterhalten uns intensiv, lachen viel. Wir sind uns wieder mal richtig nahe.
Als ich zum ersten Mal auf die Uhr sehe, ist es bereits nach elf. Außer uns sind nur noch zwei Tische besetzt. Auch die Familie am Nachbartisch hat sich längst verabschiedet.
»Was machen wir jetzt eigentlich mit der Reise?«, frage ich.
»Wir lassen das mal auf uns zukommen«, sagt sie. »Versteh mich nicht falsch, es ist total lieb von dir, dass du so eine Traumreise organisiert hast. Ich bin ganz gerührt, ich weiß das grundsätzlich wirklich zu schätzen.«
Sie nimmt meine Hand, zum ersten Mal an diesem Abend.
»Danke«, sagt sie und sieht mich mit ihren funkelnden grünen Augen an.
»Magst du noch einen Espresso?«, frage ich etwas ungelenk, ihr Stimmungsumschwung kommt für mich doch etwas überraschend.
»Du kannst doch meine Gedanken lesen, warum fragst du dann?«, sagt sie sanft und lächelt.
Ich bestelle zwei Caffè bei Luca, meinem Lieblingskellner.
»Ich muss dir noch was sagen, Martin.« Carla sieht mich plötzlich wieder ernst an. »Ich hab’s mir überlegt, ich werde doch nicht mit dir auf die Malediven fliegen.«
Ich kann erst mal ein paar Sekunden lang gar nichts sagen, so überraschend kommt dieser Satz für mich.
»Wieso denn nicht?«, frage ich schließlich. »Wir hatten doch einen tollen Abend. Ich dachte, es sei wieder alles
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