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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla und Martin Moretti
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weiß es ja selbst nicht.
    Vor der Operation werde ich nochmals ausführlich untersucht. Aber die Ergebnisse sind die gleichen. Der Embryo hatte sich vorerst normal entwickelt, ist dann aber abgestorben.
    Ich wache aus der Narkose auf, und das Erste was ich höre, ist Babygeschrei. Habe ich vielleicht doch nur alles geträumt? War es ein Albtraum?
    Nein, es ist leider Realität. Genauso wie das Babygeschrei. Das darf doch nicht wahr sein. Hätte man mich nicht auf eine andere Station legen können? Ich meine, ist es nicht schon schlimm genug, eine Fehlgeburt zu haben, muss ich dann auch noch mit Babygeschrei konfrontiert werden?
    Ich fühle mich miserabel. Mein Unterleib tut weh, mein rechter Arm hängt an einem Tropf. Und ich bin allein. Jetzt wäre ich doch froh, wenn Martin bei mir wäre.
    Die Tür geht auf, und der Arzt kommt herein.
    »So, Frau Moretti. Alles ist gut bei Ihnen verlaufen. Eventuell haben Sie die nächsten Tage noch leichte Blutungen, aber die gehen schnell vorbei. Ich würde Ihnen raten, zwei Monate zu warten, bevor Sie wieder versuchen, schwanger zu werden.«
    Gut verlaufen. Wie das klingt. Gar nichts ist gut verlaufen für mich.
    Als mich Martin kurze Zeit später abholt, treffen wir auf dem Gang die Krankenschwester.
    »Auf Wiedersehen, Frau Moretti«, sagt sie. »Und das nächste Mal möchten wir Sie hier erst wieder zur Geburt Ihres Babys sehen.
    Es ist das erste Mal seit zwei Tagen, dass ich wieder lächle.

Martin
    Die Versuchung
    Lange nicht mehr ist mir eine Frau so nahe gekommen. Außer Carla natürlich. Renas Lippen sind ungefähr zehn Zentimeter von meinen entfernt. Volle, sinnliche Lippen. Lippen wie aus der Estée-Lauder-Werbung. Lippen, die es schwer machen, sie nicht einfach küssen zu wollen.
    Zum Glück bewegen sich diese Lippen pausenlos. Denn Rena erzählt mir seit zwanzig Minuten irgendwelche Jobgeschichten, von denen ich nur Bruchstücke verstehe. Zum einen, weil die Musik so laut ist. Zum anderen, weil Rena offensichtlich im Laufe des Abends weit mehr getrunken hat, als sie das gewöhnt ist. Ihre Aussprache hat deutlich an Präzision verloren.
    Gelegentlich, wenn sie sich zu mir beugt, um mir den nächsten Satz ins Ohr zu brüllen, streift ihre Wange ganz leicht über meine. Ich kann nicht sagen, dass das ein völlig unangenehmes Gefühl ist.
    Auch darüber hinaus gehört Rena zur Spezies derjenigen, die beim Gespräch gerne Körperkontakt suchen. Um manche Passagen ihres Monologs zu unterstreichen, legt sie ihre Hand kurz auf meinen Arm, meine Schulter, meinen Oberschenkel. Eigentlich mag ich das nicht, doch ihr verzeihe ich es beängstigend gerne.
    Ich könnte, um diesen verhängnisvollen Lippen zu entkommen, das Gespräch halbwegs elegant beenden. Toilette, neues Getränk holen oder so. Ja, theoretisch ginge das. Praktisch sieht es so aus, dass ich die extreme Nähe unserer 26-jährigen Volontärin genieße. Geschätzte 90 Prozent aller Jungs im Verlag sind wie wild hinter ihr her. Aber Rena unterhält sich mit mir. Ganz exklusiv. Ich gebe zu, das schmeichelt meinem Ego gewaltig.
    Und es wird von meinen Kollegen registriert. Ich merke, wie die anderen genau beobachten, ob sich unser Lippenabstand von zehn Zentimetern noch weiter verringert.
    Nein, diesen Gefallen tue ich ihnen nicht. Klischee-Aktionen überlasse ich dann doch den notgeilen Ehemännern, die einmal im Jahr hier auf der Weihnachtsfeier des Verlags ihre Anziehungskraft auf junge, angeschickerte Kolleginnen testen müssen.
    Rena sieht mich an, als erwarte sie eine Antwort. Vermutlich war ihr letzter Satz, den ich nicht verstanden habe, eine Frage. Sie lächelt, fasst mich mit beiden Händen an der Schulter, zieht mich zu sich und kommt mit ihrem Mund meinem Ohr so nahe, dass sie dabei mein Ohrläppchen berührt. Okay, man kann das immer noch als zufällige Kollateralberührung werten.
    »Wollen wir tanzen?«, fragt sie.
    Will ich tanzen? Nein! Ich weiß, dass ich beim Tanzen sicher nicht bei ihr punkten kann.
    Wie bitte, Martin, habe ich das eben wirklich gedacht: bei ihr punkten? Spätestens jetzt wäre es dringend an der Zeit für einen würdigen Abgang. Letzte Chance.
    Verpasst. Ich möchte Rena weiter nahe sein. Und sei es, wenn ich mich dabei sogar zur Musik bewegen muss.
    Rena tanzt, wie das nur Mädchen ihres Alters können. Es sieht so unaufgeregt aus, als würde es ganz nebenbei passie ren. Fast ein bisschen träge, dabei unglaublich lässig und sexy. Vermutlich ist sie sich aber ihrer Wirkung

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