Babylon 5 - Krieg der Verschwörer
vorgesehenen Stelle an einer der kleineren Kisten an. In Sekundenschnelle leuchtete ein grünes Licht auf, das Zeichen dafür, daß sie nun nicht mehr versiegelt war.
»Vorsicht!« fauchte Semana, als die Arbeiter den Deckel entfernen wollten. »Ich meine«, fügte sie aufgeregt hinzu, »es ist zerbrechlich.«
»Aus was ist es gemacht – Glas?« fragte Garibaldi.
»Natürlich nicht.« Sie grinste ihn an. »Aber wenn man eine Statue an der richtigen Stelle trifft, zerbricht sie in tausend Stücke. Ich habe schon von solchen Fällen gehört«, erklärte sie ihm, als er sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. »Das kommt sogar bei Diamanten vor.«
Eine Schicht Verpackungsmaterial wurde entfernt und gab den Blick auf eine humanoide Figur unbestimmbaren Geschlechts frei. Sie war aus einem blaßblauen Stein gehauen. Die Arme waren hochgereckt und der nach hinten gestreckte Kopf in eine Kapuze gehüllt, die zu einer Art Umhang gehörte. Das Gesicht war nur angedeutet: die Augen hatten keine Pupillen, die Nase war schmal, der Mund nur ein Spalt.
»Sie verstehen wirklich etwas von Kunst«, bemerkte Garibaldi. Er stimmte ihrer Einschätzung der Statue voll und ganz zu.
Semana lachte. »Scheußlich, nicht wahr?«
»Sieht aus wie geschmolzen,«
»Na ja, sie ist auch eher gegossen als behauen worden«, erklärte sie. »Die Statue besteht aus einem tonartigen… Zeug. Es wurde vor über zweihundert Jahren von Zahnärzten erfunden.«
»Und so sieht die ganze Statue aus?«
»Schlimmer«, entgegnete sie.
Garibaldi schauderte. »Um diesen Garten werde ich in Zukunft einen großen Bogen machen. « Er sah sich die Aufstellung in den Unterlagen an. Organisches Material auf der Basis von Kohlenstoff und Wasserstoff, mit Spuren von Salz und Calcium zur Stabilisierung . »Und, was sagen die Sensoren?«
Der Techniker an der Konsole berührte seinen Bildschirm. »Sir. Kohlenstoff, Wasserstoff, Calcium, Salze – und eine Menge Wasser. Eine ganz schöne Pampe.«
»Sehr treffend ausgedrückt«, meinte Garibaldi. Keine Lebenszeichen oder Schmuggelware in irgendeiner der Kisten.
»In Ordnung.« Er gab der Frau den Datenkristall zurück. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt auf Babylon 5 .«
»Vielen Dank.« Semana nahm den Kristall mit einem freundlichen Lächeln entgegen. »Den gedenke ich zu haben.«
Den gedenke ich tatsächlich zu haben , dachte Semana. Den Kerl allerdings mußte sie im Auge behalten. Aus Erfahrung wußte sie, daß Männer, die auf ihre anschmiegsame Art, sich bei ihnen unterzuhaken, nicht reagierten, gegen ihren Charme immun waren. Und Männer, die immun gegen ihren Charme waren, kamen ihr gewöhnlich in die Quere.
Semana verwarf den Gedanken. Eigentlich hatte ich Glück, dem Sicherheitschef gleich zu begegnen . Also betrachtete sie es als gutes Omen.
Sie ging den Gepäckträgern mit ihrer Wagenladung sogenannter Kunst hinterher, den Gang entlang und betrat einen-Lastenaufzug, der sie zu dem Lagerraum brachte, den sie angemietet hatte.
»Nein! Stapeln Sie die Kisten nicht aufeinander!« Wieso wollen Gepäckträger nur immer alles wie die Ameisen aufeinanderstapeln? Ist das vielleicht angeboren? In dem Lagerraum war genug Platz, um die Kisten nebeneinander abzustellen.
Als Semana endlich zufrieden war, entließ sie ihre mürrischen Helfer, sperrte das Lager hinter sich ab und schlenderte den Gang mit den numerierten Türen hinunter. Sobald sie allein war, hob sie ihre hutschachtelartige Handtasche und schaute hinein. »Hallo, mein Schatz«, flüsterte sie und lachte. »Du mußt nur noch ein bißchen Geduld haben, dann besorgt dir Mami was zu essen. «
»Semana MacBride«, murmelte Garibaldi vor sich hin, während er die Unterlagen durchsah, die er sich kopiert hatte. Bis vor kurzem hatte sie freiberuflich Planeten erforscht. Dann hatte sie ohne ersichtlichen Grund ihren Beruf gewechselt und die Laufbahn einer Kunsthändlerin eingeschlagen. Seltsam. Wieso sollte jemand, der bisher alleine in unerforschte Gebiete gereist war, plötzlich mit minderwertigen Kunstobjekten handeln? Die beiden Berufe hatten eigentlich nur eines gemeinsam: ein paar wenige, die diese Jobs machten, verdienten sehr viel Geld damit, während alle übrigen sich kaum am Leben erhielten.
Ich wünschte, man müßte Gründe dafür angeben, warum man den Beruf wechseln will , dachte Garibaldi. Die meisten Leute lassen sich bereitwillig darüber aus . Doch es war die pure Frustration, die aus ihm sprach.
Er selbst hätte
Weitere Kostenlose Bücher