Babylon 5 - Krieg der Verschwörer
größere Teil des Raumes, in dem die Hütte stand, lag im Dunkeln.
Delenn zögerte. Sie fühlte sich nicht bedroht, aber die Dunkelheit machte sie nervös. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloß ihn aber sofort wieder, als sie sich an den Hinweis ihrer Gastgeberin erinnerte. Sie beobachtete den Schatten des geduldig wartenden Lennier, der bewegungslos im Halbdunkel verharrte, dann machte sie einen behutsamen Schritt vorwärts. Als sie sich bewegte, ging eine Lampe an und erleuchtete eine Pflanze, die auf einem Podest stand.
»Oh«, hauchte sie, als sie erkannte, um was es sich handelte, und ging näher heran. Die Pflanze war ein winziger Baum, dessen knorriger Stamm weit zur Seite geneigt war, als wäre er zeitlebens dem starken Wind an einem Berghang ausgesetzt gewesen. An den Spitzen seiner Äste saßen kleine Nadelbüschel, die vor Gesundheit und Frische glänzten. Seine grauen Wurzeln umklammerten einen am Rand mit Moos bewachsenen Felsen. Das Arrangement entfaltete sich in einer schönen Messingschale, doch Delenn hatte den Eindruck, auf einen frühsommerlichen Berghang zu blicken.
Nachdem sie alles eingehend betrachtet hatte, ging die Minbari weiter. Der nächste kleine Baum stand aufrecht. Sein silbriger Stamm ruhte in einem Bett aus Moos, in das hier und da ein paar Steine eingebettet waren. Der Stamm war ganz verdreht, und an seinen Ästen und Zweigen wuchsen zahlreiche wunderschöne goldene Blätter, deren Ränder purpurrot glänzten. Einige Blätter waren auf das Moos herabgefallen und lagen dort verstreut wie Juwelen. Es gab noch andere Bäume, jeder ein Wunder für sich, jeder das vollkommene Gedicht eines Miniaturbaumes. Der Stamm des letzten Baumes war elegant nach hinten gebeugt, und an seinen kleinen Ästen standen rosarote Blüten, von denen keine größer als eine Träne war. Er wuchs aus einer silbernen Schale, und seine Wurzeln verloren sich zwischen winzigen weißen Kieselsteinen. Ein Anblick, der an den Frühling erinnerte.
Delenn sah Lennier an, der sie anlächelte, und sie gingen gemeinsam zu der Bank hinüber, die ihre Gastgeberin hingestellt hatte, damit sie in Ruhe die erleuchteten Bäumchen auf ihren Podesten betrachten konnten. Nach einer Weile schweifte Delenns Blick zu dem kleinen Brunnen. Sie beugte sich nach vorne und ließ das Wasser über ihre Hände rieseln. Dann entdeckte sie ein Handtuch neben dem Brunnen und hob es auf.
»Unsere Gastgeberin versteht den Wunsch, mit dem Wasser in einem Brunnen zu spielen«, bemerkte sie lächelnd.
Lennier beugte sich an ihr vorbei nach unten und ließ seine Hände ebenfalls vom Wasser umspielen. Er nahm Delenn das Handtuch ab. »Ich hatte gehofft, daß Sie das tun würden.«
Nachdem sie eine Weile still gesessen, dem Geräusch des fließenden Wassers gelauscht und Midoris wunderschöne Bäume betrachtet hatten, fühlten sie sich so angenehm unbeschwert wie in der Abgeschiedenheit eines wirklichen Gartens.
Geräuschlos trat Midori neben sie, gekleidet in ein enganliegendes pfirsichfarbenes Kleid mit weiten, fließenden Ärmeln, das mit Blumen bedruckt war. Um die Taille hatte sie eine breite Schärpe geschlungen, die in ihrem Rücken zu einer Art Kissen gebunden war. Ihre Haare waren zu einem kunstvollen Knoten hochgesteckt, den eine weiße Blume krönte. Sie lächelte feierlich und verbeugte sich. Dann drehte sie sich um und verschwand.
Delenn und Lennier sahen einander an, erhoben sich und folgten ihr. Die Tür an der Seite der erleuchteten Hütte stand offen, war aber so niedrig, daß sie sich tief bücken mußten, um hindurchschlüpfen zu können. Drinnen stand in einer Nische ein schlichtes Blumengesteck, ein Nethai-Zweig in seiner winterlichen Beerenpracht. An jeder einzelnen Beere haftete ein kristallklarer Wassertropfen. Unter dem Zweig lag eine einfache Erdenblume, wie eine rosafarbene Rüsche, die aus ihrer glatten, grünen Knospe wuchs.
»Oh«, entfuhr es Delenn, und sie schüttelte den Kopf. Wie hat sie das nur auftreiben können ? Minbari-Pflanzen waren außerhalb ihres Heimatplaneten und dessen Kolonien sehr selten. Ihre Augen labten sich an dieser prächtigen Blüte, die sie an ihr Zuhause erinnerte. Darüber hinaus war der Raum nur mit einer Bildrolle geschmückt, die hinter dem Pfanzenarrangement an der Wand hing. Es war die Tuschezeichnung eines kleinen, verwachsenen Baumes, der halb unter einem Schleier aus Schnee verborgen lag. Neben der Zeichnung zogen sich Reihen von schönen Buchstaben, vielleicht auch
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