Babylon: Thriller
durch den Ausgang an der Amsterdam ging, tauchte der Mann im Narrenkostüm, der hinter der hohen Mauer auf mich gewartet hatte, neben mir auf und rammte eine Pistole in meinen Bauch.
Und drückte ab.
Eine brennende Woge wälzte sich durch meine Eingeweide, schien sich auszudehnen und verwandelte meinen gesamten Körper in ein einziges zitterndes Schmerzbündel. Ich sackte in die Knie und wand mich zappelnd auf dem Bürgersteig wie ein Lamm auf der Schlachtbank. Ich konnte nicht mehr atmen. Ich spürte undeutlich, wie ich in ein Automobil gezerrt wurde, roch den Gestank von Abgasen und hörte eine Frauenstimme. Als ich versuchte, mich zu bewegen, war es, als gehörte mein Körper mir nicht mehr.
»Wo ist sie?« Eris starrte mich an. Sie riss meine Reisetasche auf und fluchte, als sie sah, dass sie leer war.
»Er hat auf mich geschossen.« Ich versuchte, eine Hand zu heben und auf meinen Leib zu pressen.
»Er hat Sie getasert , Ihnen einen Elektroschock verpasst«, korrigierte sie mich. »Was haben Sie mit der Schrifttafel gemacht?«
Immer noch angeschlagen und halb betäubt, stemmte ich mich in eine sitzende Position hoch, holte mehrmals tief Luft, ballte meine zitternde Hand zur Faust und holte aus, um ihr einen wütenden Hieb zu versetzen. Sie fing die Faust locker ab und drehte mir schmerzhaft den Arm um. Dann holte sie den Taser hervor.
»Wollen Sie noch mehr davon? Wie wäre es mit fünfzehnhundert Volt direkt in Ihre Schläfe?«
»Dann finden Sie die Tafel niemals !«
Sie runzelte die Stirn und nickte widerstrebend. »Okay, dann wiederhole ich mich. Wo haben Sie sie deponiert?«
»Sie war nicht da.«
»Sie lügen.« Sie legte an dem Schocker irgendeinen Schalter um und drückte ihn gegen meine Schläfe.
Ein Telefon trällerte. Eris griff in ihre Handtasche und holte es heraus. Nach einer kurzen, mit knappen Worten geführten Unterhaltung schaute sie für einige Sekunden aus dem Fenster, dann wandte sie sich lächelnd zu mir um. »Wir sind fast da«, sagte sie. »Er kommt herunter, um mit Ihnen zu reden.«
»Wer immer es ist, er kann mir auch gestohlen bleiben.«
»Wir werden es schon aus Ihnen herausholen.«
Sechsundzwanzig
Der Wagen rollte in eine ziemlich große Tiefgarage, die, wie ich annahm, zu dem Gebäude in der 34. Straße West gehörte. Wir stoppten vor einer Laderampe. Eris und der Spaßvogel schleiften mich unsanft durch das Halbdunkel und ein paar Treppenstufen zu einer Stahltür hinauf.
Auf den ersten Blick erinnerte mich der Raum, den wir betraten, an eine Leichenhalle, allerdings eine stinkvornehme, speziell für Reiche hergerichtete. Dicke, hellbeige Auslegeware bedeckte jeden Quadratzentimeter Fußboden. Eine hohe, silberne Vase stand auf einer Anrichte im Queen-Anne-Stil. Sie war derart auf Hochglanz poliert, dass die Vase sich darin perfekt widerspiegelte. Rund um ihren Fuß waren die fünf alten Planetensymbole eingraviert, die ich zuerst auf der Website der Alchemy Archives gesehen hatte: Jupiter, Venus, Mars, Saturn und Merkur. Ein süßlicher Duft lag in der Luft, als ob jemand versucht hätte, einen unangenehmen Geruch mit einem billigen Blumenduftspray zu kaschieren. In dem Raum herrschte eine bedrückende Atmosphäre, die einem fast die Kehle zuschnürte, ähnlich wie im Wartezimmer einer Notaufnahmestation oder neben einem Grab.
»Setzen Sie sich dorthin.« Eris deutete auf zwei Polstersessel.
Ich schaute mich in dem Raum um, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit und hörte plötzlich hinter mir eine Stimme.
»Ich denke, diesmal wird unsere Unterhaltung ein wenig ehrlicher sein.«
Als ich mich umwandte, stand Jacob Ward nur ein paar Schritte von mir entfernt. Meine erste Überraschung ließ schnell nach. Dort war, ohne Zweifel, Jupiter. Nach meiner Vorstellung konnte er nichts anderes sein als die Nummer eins. Meine Gedanken rasten. Jacob Ward war Tomas’ Kontaktmann. War diese ganze Geschichte von Anfang bis Ende inszeniert worden? Ward hatte ein ausgeprägtes Interesse für die infrage stehende Periode und sicherlich auch genug Geld, um das Artefakt zu kaufen. Aber wenn er und Tomas im Besitz von Nahums Schrifttafel waren, warum setzte Ward mich dann jetzt unter Druck?
»Eines muss ich Ihnen lassen, Ward. Sie haben wirklich schauspielerisches Talent. Wie haben Sie es geschafft zu verschleiern, dass Sie im Grunde nichts Besseres sind als irgendein mieser Killer in Rikers?«
Er errötete leicht und wischte sich mit einer Hand übers Kinn, als hätte ich ihm
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