Babylon: Thriller
wegen meiner eigenen Sicherheit zu zerbrechen brauchte.
»Du bist von dieser Geschichte mittlerweile regelrecht besessen. Du solltest sie zu den Akten legen. Kannst du dich denn nicht ebenfalls für einige Zeit irgendwohin zurückziehen?«
Ich dachte an die Verfolgungsjagd am Port Authority Busbahnhof. »Sie würden mich finden.«
Sue fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und seufzte. »Ich glaube, insgeheim liebst du solche Abenteuer. Du sagtest, du würdest die Schrifttafel dem FBI übergeben. Ist das wirklich dein Ernst? Denk doch mal an das Geld, das du dafür verlangen könntest – das muss doch ziemlich verlockend sein.«
»Verlockend für einen Narren. Das Ding ist heißer als ein Brandeisen. Ein Händler mit jahrelanger Erfahrung und sehr diskreten ausländischen Kunden könnte ein solches Geschäft vielleicht erfolgreich unter Dach und Fach bringen, aber so weit bin ich noch nicht.«
»Jedes Stück von Peters Sammlung ist weg. Stimmt das?«
»Soweit ich weiß ja. Ich habe alle Objekte, die wir katalogisiert haben, verkauft.«
»Du solltest dir mal ansehen, in welchem chaotischen Zustand die Akten und Aufzeichnungen sind. Das war nicht nur Hals Schuld – die Unterlagen seiner Mutter befinden sich in einem ähnlichen Zustand.« Tränen rannen über ihre Wangen.
Ich war mir nicht ganz im Klaren, was sie von mir erwartete. Ich trat neben sie, um ihr zu vermitteln, dass ich da war und ihr zur Seite stehen würde und nicht noch mehr Druck auf sie ausüben wollte. »Was ist los?«
»Ich wünschte, Hal und ich hätten es noch einmal miteinander versuchen können. Ich hatte tatsächlich derartige Hoffnungen, nachdem Mina gestorben war. Die Leute sagten, sie seien eigentlich nie so richtig an uns beide herangekommen. Aber Hal hatte eine verborgene Seite, von der niemand etwas wusste. Er hat niemals versucht, mich zu kontrollieren. Er hat meine Ansichten immer geschätzt und mich unterstützt, auch wenn meine Entscheidungen gelegentlich in einem Desaster endeten.«
Sie hatte den Kopf ein wenig gesenkt und rieb mit einer Hand ihre Wange, als wollte sie ihren Drang zu weinen unterdrücken. Ich legte meine Arme mit der Absicht um sie, sie zu trösten. Doch die freundschaftliche Geste verwandelte sich plötzlich in etwas völlig anderes. Ihre Brüste pressten sich gegen mich. Ich vergrub mein Gesicht in ihrem seidigen Haar, küsste ihren Nacken und dann ihren Mund. Ich versuchte, mich zurückzuhalten und meine aufflammende Begierde unter Kontrolle zu bekommen, doch jeder Vorsatz, die Dinge langsam anzugehen, verflüchtigte sich.
Sie schob mich widerstrebend von sich weg. »Bitte«, sagte sie, »ich würde nur zu gerne weitermachen, aber ich bin noch nicht ganz so weit. Hal ist noch nicht beerdigt, und ich brauche ein wenig Zeit, um mit mir selbst ins Reine zu kommen. Uns geht ganz sicher nichts verloren, wenn wir noch ein wenig warten.«
Ich murmelte, das sei schon okay, obgleich meine Worte in krassem Widerspruch zu meinen wahren Gefühlen standen und ich ihre Zurückweisung wie einen Schlag in die Magengrube empfand. Als sie sich ganz von mir löste, um in ihr Arbeitszimmer zurückzukehren, griff ich nach der Weinflasche und leerte sie in einem Zug. Dabei kam ich mir vor wie weggeworfen, obwohl ich keinen Grund hatte, so zu reagieren. Ich versuchte, mich auf Hals Rätsel zu konzentrieren, musste aber feststellen, dass mir immer wieder andere Dinge durch den Kopf gingen.
Ich hatte keine Ahnung, was mich geweckt hatte. Es hätten die Windböen sein können, die vereinzelt Regentropfen hereinwehten, wo sie auf dem Parkett zerplatzten. Ich schaute auf die Uhr: Viertel nach neun.
Ich schlurfte zur Glastür hinüber. Die Terrasse war dunkel und trübe, die Essensreste auf unseren Tellern waren vom Regen durchweicht. Der Kerzenleuchter war umgefallen und eine Kerze hatte ein schwarz umrändertes Loch in die Tischdecke gebrannt, ehe sie erloschen war.
Ich schlug die Tür zu und wäre auf dem glitschigen Fußboden beinahe ausgerutscht und zu Fall gekommen. Mir war kalt und, um ehrlich zu sein, ich schämte mich ein wenig, weil ich eingeschlafen war. Ich schaute im Badezimmer nach. Es war leer. Keine Laurel. Ich rief ihren Namen. Sie antwortete nicht.
Warum waren die Lampen gelöscht? Ich erinnerte mich daran, das Licht im Wohnzimmer gedämpft zu haben, doch ich hatte es nicht ausgeknipst. Das musste Laurel getan haben, als sie sah, dass ich schlief. Ich tastete die Wand nach dem Schalter ab, fand und betätigte
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