Baccara Exklusiv Band 04
…"
"Ja?"
Sie zitterte. Offenbar glaubte er, ihr sei kalt, denn er umfasste sie fester. Im Licht, das aus dem Haus strahlte, wirkten seine Konturen noch markanter, und als er sie ansah, waren seine schiefergrauen Augen fast schwarz und leuchteten wie die Sterne über ihnen.
Oh Himmel, dachte sie verzweifelt. Musste er sie gerade jetzt so ansehen, dass ihr die Knie weich wurden?
Sag es ihm! wiederholte die Stimme erbarmungslos.
Aber sie wollte die Wahrheit nicht so geradewegs hinausposaunen, und so überlegte sie fieberhaft nach einer anderen Möglichkeit. "Hast du jemals Märchen gelesen?"
"Wie bitte?" Adam starrte sie an, als habe er sich verhört.
"Du weißt schon, Märchen. Zum Beispiel … Aschenputtel."
"Ja, die Geschichte kenne ich."
"Und erinnerst du dich daran, dass der Prinz ihren Schuh auf der Treppe findet?"
"Ja …", meinte er langsam.
"Und alles ging gut aus, weil der Prinz Aschenputtel liebte. Aber er hätte auch sehr böse auf sie sein können, oder?"
"Ich weiß nicht. Wieso?"
Sie wurde allmählich ärgerlich, weil er so gar nicht verstand, worauf sie hinauswollte. "Nun, schließlich dachte er, sie sei eine strahlende, verführerische Prinzessin, und dann findet er heraus, dass sie nur … dass sie im Grunde eine bessere Putzfrau ist."
Er lachte. "Das ist doch nur ein Märchen, Chelsey. Ich wusste gar nicht, dass man sie auch so kompliziert betrachten kann, aber ich habe nicht viele gelesen."
Sanft, aber nachdrücklich zog er sie weiter und schloss die Glasschiebetüren zum Billardzimmer auf.
"Was hast du bloß gelesen, als du klein warst?" fragte sie anklagend. Sie fühlte sich hundeelend.
"Architekturzeitschriften." Er schob die Tür auf und blieb auf der Schwelle stehen. "So allmählich ahne ich, dass du mir etwas Bestimmtes sagen willst, Chelsey. Darf ich dir einen direkteren Ansatz empfehlen? Ich halte das immer für das Beste."
Ich eigentlich auch, dachte sie zerknirscht, unter normalen Umständen. Aber das hier waren ganz und gar einzigartige Umstände. Während Adam nach dem Lichtschalter tastete, holte sie tief Luft. Sie blinzelte wegen der plötzlichen Helligkeit und sagte: "Die Wahrheit ist: Ich bin nicht Chelsey. Ich bin Laura."
"Verdammt noch mal, was, zum Teufel …" Er ließ sie einfach stehen und stürzte ins Haus.
Sie hatte ja befürchtet, dass Adam nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen würde, aber eine so harsche Reaktion hatte sie nicht erwartet.
Seufzend folgte sie ihm, und dann sah sie, dass Adam nicht ihretwegen geflucht hatte. Wahrscheinlich hatte er ihr Geständnis gar nicht gehört. Sie würde noch einmal ganz von vorn anfangen müssen, aber im Augenblick traf etwas anderes sie viel härter.
Hinter dem Billardzimmer befand sich eine kleine Nische, die Adam als Büro benutzte. Dort sah es aus wie nach einem Erdbeben. Die Schubladen standen offen, und überall lagen Aktenordner herum. Selbst die Bücher waren aus den Regalen gerissen und auf den Boden geworfen worden.
"Du meine Güte", murmelte sie erschrocken und trat in den kleinen Raum. "Adam?"
Er stand fassungslos inmitten des Chaos. Sein Gesicht war wie versteinert vor Wut. Dann kniete er sich hin und durchwühlte die herumliegenden Papiere, als suche er etwas ganz Bestimmtes.
Es war unglaublich. Während Adam und sie sich wenige hundert Meter entfernt am Strand geliebt hatten, war jemand in das Haus eingebrochen. Ängstlich spähte sie um sich. Vielleicht war dieser Jemand ja noch da?
Adam fluchte erneut, und sie blickte wieder zu ihm. Er warf gerade eine Eisenkiste auf den Boden. Offenbar war sie leer.
"Adam, was ist denn passiert? Was fehlt?"
Er schloss verzweifelt die Augen und fuhr sich in einer wilden Bewegung durchs Haar. "All die Dokumente über das Haus in Belle's Point sind weg."
"Oh Adam! Doch nicht die, die du für den Prozess gegen Storm brauchst?"
Er nickte finster. "Dieser Bastard! Ich hätte nie gedacht, dass er so weit geht."
"Du denkst, es war Storm?"
"Wer sonst?"
"Irgendwie kann ich ihn mir nicht vorstellen, wie er in seinem Designeranzug dieses Chaos anstellt."
"Dafür hat er jemand anderen, damit er selber eine reine Weste behält. Aber welchen Unterschied macht das schon?" Adam ließ sich in einen Drehstuhl fallen. "Entscheidend ist, dass Storm jetzt die Papiere hat."
"Sollten wir nicht die Polizei verständigen?"
"Wozu? Ich kann nicht beweisen, dass er dahinter steckt, und der Dieb ist sicher schon über alle Berge …"
Plötzlich schlug eine Tür.
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