Baccara Exklusiv Band 23
bespritztes Sweatshirt, aus dem die Ärmel herausgerissen waren, durchlöcherte Jeans und Ohrringe, die bis zu den Schultern hinunterbaumelten. "Warum hast du überhaupt die alten Fotos herausgeholt?", fragte er. "Du willst nicht zufällig irgendwas beweisen?"
Sie zögerte. "Nun, ich meine, du scheinst dich nicht besonders auf das neue Baby zu freuen."
"Natürlich freue ich mich", widersprach er.
"Aber du hast kaum etwas gesagt, besonders nicht, seit … Daddy, wann kommt Keely nach Hause? Sie sollte bloß zwei Wochen wegbleiben, und jetzt sind es schon drei."
"Du vermisst sie, was?"
"Du musst zugeben, dass sie besser kocht als du."
"Tina", begann er streng. "Ich habe Keely nicht geheiratet, damit sie kocht und den Haushalt führt."
"Ich weiß, ich weiß." Tina kaute auf ihrer Unterlippe herum und kämpfte offenbar mit sich. "Okay, ja, ich vermisse sie. Und … oh, Daddy, ich fürchte, ich bin der Grund, warum sie weggefahren ist. Ich habe schreckliche Dinge zu ihr gesagt. Und dann habe ich an diesem Abend euren Streit gehört. Keely hat eine Scheidung erwähnt." In Tinas Augen glänzten Tränen.
"Tina, Liebling." Ben legte die Arme um sie. "Es ist nicht deine Schuld, dass Keely wegmusste, das schwöre ich dir. Sie hat nur Ruhe gebraucht."
Tina ließ die Umarmung ein paar Sekunden zu, bevor sie sich befreite. "Aber für wie lange?", wollte sie wissen.
Ben konnte das nicht beantworten.
"Du hast genauso viel Angst wie ich, dass sie nicht mehr zurückkommt."
Etwas in ihm zog sich zusammen. Das Leben war die Hölle ohne Keely.
Es war schlimm genug gewesen, als er dachte, dass sie bloß für zwei Wochen verreisen würde. Er hatte fast jeden Abend mit ihr telefoniert und ihr versichert, sie solle so lange bei Eileen bleiben, wie sie es nötig hatte, obwohl er die Tage bis zu ihrer Rückkehr zählte. Aber inzwischen waren es schon drei Wochen, und Keely hatte nichts davon erwähnt, wann sie zurückkommen würde. Bens Optimismus war geschwunden, und seine Stimmung war immer düsterer geworden.
Er fragte sich, ob Keely ihn überhaupt vermisste. Oder war sie erleichtert, von dem Druck des Ehelebens befreit zu sein? Lag sie nachts wach und wünschte sich jemanden, der sie festhielt? Träumte sie, er würde sie umarmen, bloß um dann aufzuwachen und eine so heftige Enttäuschung zu empfinden, dass sie kaum noch atmen konnte?
"Ich denke, wir sollten etwas unternehmen", meinte Tina.
"Wir können sie nicht zwingen, nach Hause zu kommen, wenn sie nicht will."
"Aber sie muss. Wenn sie noch viel länger bei Tante Eileen bleibt, wird das Baby dort ohne uns geboren. Außerdem, woher wissen wir denn, dass sie nicht kommen will? Vielleicht wartet sie bloß darauf, dass wir sie darum bitten. Ich denke, das sollten wir tun."
Ben atmete tief ein. Es überraschte ihn, wie sehr ihn der Gedanke störte, das Baby könnte in seiner Abwesenheit auf die Welt kommen. Mit jedem Tag, den Keely und er getrennt waren, wurde die Wahrscheinlichkeit größer. "Ich will Keely genauso zurück wie du", sagte er. "Aber wir können sie im Moment nicht drängen. Sie steht unter großem Druck. Sie wird zurückkommen, wenn sie bereit ist."
"Wie Mom?"
Ben öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte heraus. Tina verstand es, genau ins Schwarze zu treffen.
"Ich erinnere mich kaum daran, wie es war, als Mom weggegangen ist", fuhr sie unbarmherzig fort. "Aber ich weiß noch, dass du gesagt hast, sie würde nach Hause kommen, wenn sie bereit wäre. Sie hat es nie getan."
Ben wollte einwenden, die Situation wäre völlig anders. Die Familie hatte Nora nichts bedeutet, Keely hingegen bedeutete sie alles. Sie hatte ihn und Tina gern. Sie liebte sie sogar … oder? Aber innerlich zitterte er so sehr, dass er nicht sprechen konnte. Tina hatte seine schlimmsten Befürchtungen in Worte gefasst. Wie konnte er so sicher sein, dass Keely zurückkehren würde oder dass sie ihn liebte? Sie hatten niemals von Liebe gesprochen.
Jetzt begriff er, wie gründlich er sich selbst zum Narren gehalten hatte. Er hatte es nicht nur genossen, jeden Abend zu Keely nach Hause zu kommen, über die Ereignisse des Tages zu reden und die Nächte mit ihr zu teilen. Sie war ein Teil von ihm geworden, so wichtig und notwendig wie sein Herz.
Das hatte er ihr nie gesagt.
Tina meldete sich wieder zu Wort. "Tu etwas, Daddy." In ihrer Stimme konnte Ben die verängstigte Siebenjährige hören, die sie einmal gewesen war, das Kind, das seine Mutter durch nichts davon hatte abhalten
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