BACCARA EXKLUSIV Band 61
mithalten, was sie auch taten.“ Dylan rührte in seinem Müsli.
„Und was haben die Jungs diesmal gemacht?“
„Es war Winter, und es schneite. Es gab zu wenig Schlitten, also benutzten wir die Tabletts aus der Küche zum Rodeln. Deine Mom war so aufgebracht, dass ich schon befürchtete, sie würde mir einen Monat lang nur Haferschleim auftischen.“ Er schüttelte den Kopf. „Du wolltest auch ein Tablett benutzen, aber du warst gerade erst aus der Kirche gekommen und hattest noch dein Sonntagskleid und Kniestrümpfe an. Wir haben dir gesagt, dass du nicht auf dem Tablett rodeln kannst, weil du ein Mädchen bist und ein Kleid anhast.“
„Ich habe so eine Ahnung, wie die Geschichte weitergeht“, meinte sie. „Ich wollte euch beweisen, dass ich es doch kann, setzte mich auf ein Tablett und raste den Hügel hinunter.“
Dylan nickte. „Das Problem bestand darin, dass dein Lenksystem ein bisschen daneben war. Das Tablett wirbelte herum, sodass du kopfüber in einer Schneewehe gelandet bist und wir alle dein Rüschenhöschen sehen konnten.“
Alisa kaute nachdenklich an ihrem Croissant. „Ja, ich kann mich kaum daran erinnern, aber es ist mir noch immer peinlich. Ich wette, ihr habt mich endlos damit aufgezogen.“
Dylan nickte erneut, während er einen Löffel Müsli aß.
„Bist du dir sicher, dass ich dich nicht insgeheim hasse?“
Er schüttelte den Kopf und sah sie an. „Du hast mich bewundert“, behauptete er mit einer Mischung aus Überzeugung und Verführungskunst.
„Ich kann mir nicht vorstellen, weshalb“, log sie und legte ihr Croissant auf den Teller zurück.
Er hob die Brauen. „Warum nicht?“
„Wenn du auch nur ein Zehntel so großspurig warst wie heute, musst du unerträglich gewesen sein.“
„Du bist mir nachgelaufen wie ein Hündchen.“
„Daran kann ich mich absolut nicht mehr erinnern.“
„Einmal hast du Ärger mit deiner Mutter bekommen, weil du mit mir im Regen gespielt hast.“
Sie wollte ihm schon widersprechen, doch plötzlich stieg ein verschwommenes Bild vor ihr auf. Sie schloss die Augen und sah jetzt ganz deutlich einen Jungen und ein Mädchen durch Matschpfützen stampfen. „Du hattest Tennisschuhe an“, sagte sie und konzentrierte sich auf jedes Detail. „Ich habe meine schwarzen Lackschuhe ruiniert. Deine Haare waren zu lang. Du kamst mir groß vor.“
„Meine Haare waren damals tatsächlich zu lang. Man schnitt sie uns alle drei Monate, aber meine wuchsen wie Unkraut.“
„Du hast mir dein grünes Regencape geliehen.“
„Aber das hat deinen Schuhen auch nicht viel genützt.“
Sie hielt die Augen noch geschlossen und machte eine Reise zurück in die Vergangenheit. Sie konnte ihre Mutter schimpfen hören, doch als kleines Mädchen lächelte sie innerlich. Ein weiteres Abenteuer mit Dylan. Alisa machte die Augen auf.
„Hast du mich immer zu solchem Unfug angestiftet?“
Er rückte mit seinem Stuhl vom Tisch ab, lehnte sich lässig nach hinten und lenkte ihre Aufmerksamkeit unbeabsichtigt auf seine Oberschenkel. „Ich habe dir nur beigebracht, wie man als Kinder ein bisschen Spaß miteinander hat.“
Der Gedanke, dass er ihr auch beibringen könnte, wie Erwachsene miteinander Spaß haben, kam ihr plötzlich in den Sinn, und ihr wurde heiß. Doch so rasch, wie dieser Gedanke gekommen war, verscheuchte sie ihn wieder. Sie musste sich darauf konzentrieren, ihre Erinnerung zurückzubekommen, und sich nicht andauernd fragen, was für eine Art Liebhaber Dylan wohl war. Sie trank einen Schluck kalten Orangensaft und sagte ruhig: „Das Frühstück ist wirklich üppig. Wieso habe ich deine Köchin noch nicht gesehen? Langsam fange ich an zu glauben, dass sie unsichtbar ist.“
„Sie zieht sich gern zurück, wenn der Tisch gedeckt ist.“
„Ich möchte mich bei ihr bedanken. Das heißt, falls sie mal aus ihrem Versteck herauskommt.“
„Ich werde dich mit ihr bekannt machen.“
„Gut.“ Sie atmete tief durch. „Ich wäre jetzt bereit, zu meinem Apartment zu fahren.“
Irrte sie sich, oder flog ein Schatten über sein Gesicht? Ein Gefühl, das sie nicht benennen konnte, verdunkelte seine Augen. „Dann werden wir fahren“, sagte er, und es klang, als enthielten seine Worte die Andeutung einer düsteren Vorahnung.
„Keine Bilder an den Wänden“, stellte Alisa bei ihrem Rundgang durch ihre Wohnung missbilligend fest. Sie hatte auf offensichtliche Hinweise gehofft, die Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit zuließen. „Ich hatte mir
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