BACCARA EXKLUSIV Band 61
ansehen kann! Und falls er je erfährt, wer mein Freund ist, wird er ihn ganz sicher umbringen!“
„Ich habe deinen Vater zwar noch nicht kennengelernt, aber etwas derart Unvernünftiges tut er bestimmt nicht.“
„Doch! Mein Dad ist Architekt, bei ihm muss alles immer nach Schema F laufen. Und nun diese Geschichte. Ich hab’ ihn noch nie so fuchsteufelswild erlebt.“
„Er ist genauso aufgebracht wie du selbst, weil er dich liebt.“
„Wenn ich nur wüsste, was ich tun soll, Miss Gallagher!“ Barbie fing erneut heftig zu schluchzen an.
Elizabeth fuhr fort, sie zu trösten. Egal, wie Barbie sich entscheiden würde, es würde hart für sie werden, und sie würde schneller erwachsen werden müssen als andere Mädchen ihres Alters.
Mit Teenagern in der gleichen Situation wie Barbie hatte Elizabeth jeden Tag zu tun. Viele ihrer Schützlinge kamen durch die Vermittlung der Schulbehörde zu ihr, deren Büro nicht weit von Barbies Highschool entfernt lag. Trotzdem ging ihr die Verzweiflung der jungen Mädchen immer wieder nah.
„Weißt du, was wir jetzt machen, Barbie?“ Elizabeth reichte Barbie ein paar Papiertaschentücher. „Es ist schon nach sieben, und deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen. Ich rufe jetzt deine Mutter an, damit sie dich abholt. Und morgen treffe ich mich dann mit deinen Eltern.“
„Ich hab’ es Ihnen noch gar nicht gesagt, aber ich habe keine Mutter mehr. Sie starb, als ich elf war.“ Barbie brach von Neuem in Tränen aus. „Ich wünschte, ich hätte eine Mutter. Eine, die für mich da ist und mir zuhört. Sodass wir wieder eine richtige Familie wären.“
Elizabeth atmete tief durch. Es führte zu nichts, wenn sie sich von Mitleid überwältigen ließ. „Dann rufe ich eben deinen Dad an und warte hier mit dir, bis er dich abholt. Ich bin sicher, wenn wir erst mal ins Gespräch kommen, wird er sehr viel Verständnis aufbringen.“
„Im Grunde ist es ihm egal! Er will bloß den Vater ausfindig machen und ihn verdreschen, damit er sich wieder ganz seiner Karriere widmen kann!“
„Aber, aber, Barbie. Bring deinen Vater morgen mit. Ich werde mit ihm reden.“
Barbie strich sich die blonden Haare zurück. Ihre großen blauen Augen schimmerten tränenfeucht. „Sie verstehen nicht, Miss Gallagher. Eigentlich ist er der Meinung, dass man nur zum Psychologen geht, wenn man verrückt ist. Er hat mich bloß zu Ihnen geschickt, weil er nicht weiß, was er sonst mit mir machen soll!“
„Ach, wirklich?“ Elizabeth versteifte sich kaum merklich. „Und das ist seine Vorstellung von väterlicher Hilfe?“
„Keine Ahnung. Ich habe solche Angst, Miss Gallagher.“
„Gibt es bei euch denn nicht irgendeine Frau im Haus? Eine Tante? Eine Stiefmutter? Deine Großmutter?“
„Nein. Es gibt nur uns beide.“ Barbie klang derart verlassen, dass es Elizabeth fast das Herz brach.
„Gib mir seine Nummer.“ Zögernd kam Barbie ihrer Aufforderung nach. Nachdem es Elizabeth dann endlich gelungen war, bis zur Sekretärin von Barbies Vater durchzudringen, wurde ihr gesagt, dass Mr. Damati in einer wichtigen Besprechung sei, die sich vermutlich bis Mitternacht hinziehen würde. Handelte es sich um einen Notfall?
Was sollte sie darauf antworten? Er kannte ja bereits den Zustand seiner Tochter. Er kannte die Probleme, denen sie sich gegenübersah. Er musste wissen, welche Ängste sie ausstand. Und dennoch war er in einer endlos langen Besprechung und überließ sein Kind sich selbst.
Der fiese Kerl.
„Könnte ich dann bitte eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen?“, bat sie mit kaum beherrschter Stimme.
Gleich darauf sagte sie in den Hörer: „Mr. Damati, hier spricht Elizabeth Gallagher, die Psychologin, mit der Sie heute Nachmittag einen Termin hatten. Ihre Tochter sitzt hier in meinem Büro, ganz aufgelöst, und das zu Recht. Ich habe eben erfahren, dass Sie zu beschäftigt sind, um ans Telefon zu kommen oder Ihre Tochter heute Abend abzuholen. Deshalb werde ich sie über Nacht mit zu mir nehmen. Sie können mich anpiepen, und ich werde sofort zurückrufen. Inzwischen werde ich dafür sorgen, dass Barbie etwas zu essen bekommt und sich ausruht.“ Sie gab die Nummer ihres Beepers durch und legte auf.
Barbie sah Elizabeth ungläubig an. „Sie nehmen mich mit zu sich nach Hause?“
„Ja.“ Sie hatte eben eine Grenze überschritten – sie musste Distanz zu „ihren Mädchen“ wahren –, aber nun gab es kein Zurück mehr. „Komm, nimm deine Bücher und
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