BACCARA EXKLUSIV, BAND 64
bisherigen Leben.
Als sie vor der Lodge geparkt hatte und zu Toms Büro marschierte, war sie fest entschlossen. Sie war nicht mehr die nette, nachgiebige kleine Lucy. Sie wusste, dass sie stark war. Das verdankte sie Ethan.
Seit zwei Wochen war Tom bedrückt und überraschend empfänglich für ihre Vorschläge. Er hatte ein schlechtes Gewissen wegen der Schulden und seiner Mitschuld an Ethans Abreise. Er hatte ihr den ganzen Hergang gebeichtet und sich wiederholt entschuldigt. Sie verstand inzwischen besser, weshalb Ethan davongelaufen war.
Deshalb war es jedoch nicht leichter zu ertragen.
Es würde ihr etwas besser gehen, wenn Tom ihre heutigen Bemühungen zu schätzen wüsste. Sie hatte genug Geld aufgetrieben, um ihre Gläubiger zu bezahlen und Toms persönliche Spielschulden. Doch sie würden noch mehr Geld brauchen, um die Hypothek zurückzuzahlen, die er auf das Anwesen aufgenommen hatte.
Sie war zwar fest entschlossen, dennoch drückte sie sich selbst die Daumen.
Schnell durchquerte sie das Foyer zu Toms Büro. In der Tür blieb sie wie angewurzelt stehen.
Ihr Herzschlag schien auszusetzen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Ethan Rae saß Tom an dessen großem Schreibtisch gegenüber.
Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Himmel, er sah gut aus. Dabei hatte sie sich so viel Mühe gegeben, seine Gesichtszüge zu vergessen, seine unvergleichliche Ausstrahlung.
Nach einem Moment des Zögerns beschloss sie, sich nicht von seinen wohlwollenden Blicken erweichen zu lassen. Das rote Kostüm hatte sie nicht für ihn gekauft. Ohne Ethan zu begrüßen, wandte sie sich an Tom. „Ich dachte, wir hätten eine Verabredung.“
„Ethan hat mich überrascht. Möchtest du Kaffee?“
Mit unsicheren Schritten ging Lucy zu ihnen hinüber. Am liebsten wäre sie auf und davon gelaufen. Ehe der Mut sie verließ, legte sie ihre Aktentasche auf den Schreibtisch und nahm einen Stapel Unterlagen heraus.
„Es ist genügend Geld da, um unsere Schulden zu begleichen, abgesehen von der Hypothek.“
Tom nahm die Unterlagen, die sie ihm hinhielt. „Du hast dein Apartment verkauft?“ Ungläubig starrte er auf den Schätzpreis des Maklers.
„Die Versteigerung ist nächste Woche.“ Sie ließ die Warnung des Maklers unerwähnt, dass eine Eilversteigerung selten den Mindestpreis erbrachte. „Außerdem habe ich meinen Wagen verkauft und das Gemälde.“
War Ethan überrascht zusammengezuckt? Lucy erinnerte sich an sein Interesse an dem teueren Geschenk ihres Vaters. Na und? Sie zwang sich, sich wieder ganz auf ihren Bruder zu konzentrieren. Bisher hatte sie Tom nie richtig überrascht erlebt. Jetzt öffnete und schloss er den Mund, ohne ein Wort herauszubringen.
„Gütiger Himmel, Lucy, das ist ja … überwältigend.“
„Ich habe noch mehr.“ Sie deutete auf den großen weißen Umschlag unter den Schecks. Tom zog eine Broschüre von der Organisation „Anonyme Spieler“ heraus und errötete heftig. Auf der Vorderseite war ein Terminkärtchen befestigt. Zehn Uhr nächsten Donnerstag. Sie würde ihn begleiten. „Und ich war bei der Polizei. Sie werden Joseph Dunn überprüfen. Sie kennen ihn gut.“
Mehr hatte sie nicht zu bieten. Sie ging zum Fenster hinüber. Die Minuten verstrichen, und sie spürte, dass Ethan sie nicht aus den Augen ließ. Das war ihr größter Test. Das Geschäftliche erledigen und entfliehen.
Warum war er hier? Weitere Vorwürfe? Vielleicht eine Entschuldigung – aber warum sollte er sich dann mit Tom treffen?
Sie wandte sich erst um, als sie Tom tief ausatmen hörte, denn sie wusste, Ethan anzusehen, würde ihr den Rest geben.
Die Augen ihres Bruders strahlten. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das Ganze ist einfach fantastisch.“
Lucy entging nicht, dass die beiden Männer kurz einen verschwörerischen Blick wechselten.
Sie kehrte zum Schreibtisch zurück und setzte sich. „Wir wären schuldenfrei, Tom, bis auf die Hypothek. Wir brauchen den Club also gar nicht. Und wir brauchen das Land nicht zu verkaufen.“
Tom spielte mit seinem Füller herum. „Tja. Also, das ist der Grund für Ethans Besuch. Er hätte da einen sehr interessanten geschäftlichen Vorschlag.“
Einen geschäftlichen Vorschlag? Versuchte er, ihr Land zu kaufen? Er wusste ja, dass sie mit dem Rücken an der Wand standen.
„Es geht um Pacht, Lucy“, fuhr Tom fort. „Wenn Ethan das nutzbare Land von uns pachten würde, hieße das, er zahlt uns zunächst eine Pauschale und dann jährlich einen Pachtzins.
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