BACCARA MAGISCHE MOMENTE Band 01
hatte. Sie sah auf, fluchte und rannte weg.
Gideon zielte, halb sitzend, halb liegend, auf sie. Sein Blickfeld verschwamm. Er kniff ein paar Mal fest die Augen zusammen. Es wäre möglich, ihr einen elektrischen Schlag zu versetzen, aber hatten sie durch den Lärm bereits die Aufmerksamkeit der Gäste im Coffeeshop auf sich gezogen? Und wenn er Tabby umbrachte, erfuhr er nie, wie sie herausgefunden hatte, dass er mit Geistern sprechen konnte … und wie viele Menschen sie umgebracht hatte … und warum …
Er konnte sie nicht entkommen lassen. Er hob eine Hand und zog mehr Elektrizität zu sich, als er je auf einen anderen Menschen gefeuert hatte.
Aber er feuerte nicht. Seine Gedanken waren normalerweise so klar, doch in diesem Moment waren sie alles andere als das. Jemand, dessen Stimme ihm bekannt vorkam, rief seinen Namen. Raintree! Das Pärchen tauchte plötzlich auf und verstellte Gideon die Sicht.
Hope, die Pistole in der Hand, rannte zu Gideon. „Alles in Ordnung?“
„Ja“, sagte er, als sie sich zwischen ihn und den Mann drängte. „Nein, eigentlich nicht. Was zur Hölle machen Sie hier?“, fügte er hinzu, aber sie war bereits zu weit weg. Er sollte nicht überrascht sein. Die Frau war überall, wo sie nicht sein sollte.
„Rufen Sie Verstärkung!“,brüllte sie, während sie Tabby hinterherrannte.
Gideon sah auf seine zerrissene Hose. Er heilte schnell, aber nicht sofort. Der Kratzer an der Hand verblasste bereits, aber sein Oberschenkel war etwas anderes, und das Pulver brachte ihn immer noch ins Schwanken. Das Messer hatte ihn tief getroffen, er presste seine Hand auf die Wunde. Zu jeder anderen Zeit wäre er in die Notaufnahme gegangen, aber nicht in der Woche vor einer Sonnenwende. Seine Anwesenheit würde die Technik des Krankenhauses durchdrehen lassen.
Eine Serienkillerin, die wusste, was seine Gabe war. Es war ein Albtraum. Tabby würde nicht mehr von Stadt zu Stadt ziehen. Sie würde ihm einen Geist nach dem anderen schicken, und jeder würde ihn um Gerechtigkeit anflehen. Sie würde ihr Spielchen spielen, bis einer von ihnen tot war.
Sie hatte ihm keinen Sand in die Augen geworfen, um ihn zu blenden, sondern eine Droge, die ihm den Verstand nahm. Er drückte fester auf die Wunde. Er wünschte sich Taubheit, aber der klaffende Schnitt tat höllisch weh.
Die Lichter des Coffeeshops begannen zu flackern, und er blinzelte gegen die seltsam verschobene Helligkeit. Sein Herz schlug nicht richtig, es war aus dem Takt geraten. Tief in seinem Innersten wusste Gideon, dass er versuchen sollte aufzustehen. Aber sein Körper war bleischwer, er konnte sich nicht länger konzentrieren. Er konnte gerade gut genug denken, um zu merken, dass das schlecht war. Sehr schlecht.
Hope war auf dem Weg zurück zu ihm, langsamer als auf der Verfolgung, aber immer noch schnell. Er blinzelte dieser nächtlichen Vision entgegen. Wie in aller Welt konnte sie auf ihren Absätzen so schnell laufen?
„Ich habe sie verloren“, sagte sie außer Atem. „Mist, sie war genau vor mir, und ich …“ Sie schüttelte den Kopf und kniete sich neben ihn. „Sie sehen furchtbar aus. Haben Sie Verstärkung und einen Krankenwagen gerufen?“
„Nein.“ Seine Lippen fühlten sich taub und schwer an.
Sie griff nach ihrem Handy. „Sie haben das hier nicht gemeldet? Verdammt, Raintree …“
Er griff nach ihrem Telefon. „Kein Krankenhaus. Keine Verstärkung. Fahren Sie mich nur nach Hause.“
„Nach Hause!“ Sie stieß seine Hand sanft fort. Der Anblick seiner Wunde ließ sie das Gesicht verziehen. „Das glaube ich kaum.“ Sie drückte ihre erstaunlich starke Hand auf die Blutung. „Sie brauchen einen Arzt.“
„Ich kann nicht.“
„Du musst es ihr sagen“, sagte Lily Clark.
„Ich kann nicht.“
„Das haben Sie bereits gesagt. Sie können nicht klar denken.“
„Sie wird es verstehen“, sagte Lily fast mitfühlend.
„Nein, wird sie nicht.“ Gideon spürte, dass er eine Menge Blut verloren hatte, aber da war auch noch etwas anderes. „Niemand hat es je verstanden.“
„Was verstanden? Raintree, bleiben Sie gefälligst bei mir.“ Sie versuchte, ihr Handy zurückzubekommen, aber Gideon hatte immer noch genug Kraft, um sie abzuhalten.
Vielleicht hatte Lily recht. Er hatte sein Geheimnis schon so lange niemandem mehr anvertraut. Tabby kannte es. Bedeutete es, dass er aufgeflogen war? Er betrachtete das blasse Gesicht des Geistes, ein Gesicht, das nur er sehen konnte. „Vielleicht hast du recht.
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