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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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Polizeigeschichten eigentlich? Da heißt es dann immer ›laut Polizeiangaben‹ oder ›sagte die Polizei‹ oder ›sagte ein Polizeisprecher‹ … ich meine, wer ist ein ›Polizeisprecher‹ … und wer sagt denn da was, wenn es heißt ›die Polizei sagte‹? Die Pressestelle? — und woher kriegen die die Einzelheiten? Rufen die die Beamten an, die den Fall bearbeiten? Die müssen irgendwen fragen. Verstehen Sie, was ich meine?«
    ::::::Nichts davon ist direkt gelogen … aber was, wenn Hernandez oder Nuñez oder Flores mich auf den Kopf zu fragen? Komme ich dann mit meinen Ausflüchten auch noch durch? Wahrscheinlich liest keiner von ihnen den Herald. Aber angenommen, sie zählen einfach eins und eins zusammen … John Smith plus John Smith plus John Smith.:::::: Abgesehen von seiner Paranoia fühlte er sich auch noch schuldig.
    Genau in diesem Augenblick fing die linke Brusttasche seines karierten Flanellhemdes an zu vibrieren: Nestor zieht das Handy aus der Tasche und sagt, »Camacho.«
    Am anderen Ende der Leitung eine Mädchenstimme: »Spreche ich mit Officer Camacho?«
    »Ja, hier ist Officer Camacho.« Er wiederholte das »Officer Camacho«, um dem Sergeant, Nuñez und Flores zu zeigen, dass es sich um ein Dienstgespräch handelte.
    »Officer Camacho, hier ist Ghislaine Lantier. Wir haben gestern gesprochen, erinnern Sie sich?«
    »Ähhh … ja, natürlich.« Beim Klang ihrer Stimme spürte er einen Kick, den er sich nicht erklären konnte. Er war einfach da.
    »Wahrscheinlich hätte ich Sie nicht anrufen sollen, weil das gar nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt … aber ich brauche einen Rat.«
    »Worüber?« Er sah sie vor sich, als würde sie direkt vor ihm stehen … die bleiche helle Haut, das dunkle Haar, die großen, weit aufgerissenen, unschuldigen … ängstlichen Augen … und ihre Beine. Auch ihre Beine kamen ihm sofort in den Sinn.
    »Es hat nichts damit zu tun, was gestern passiert ist. Die Geschichte ist etwas kompliziert, und mir ist niemand eingefallen, den ich sonst hätte anrufen können. Dann habe ich heute Morgen die große Geschichte über Sie im Herald gesehen und dachte mir, versuch es einfach. Ich hatte noch Ihre Karte. Bis heute Morgen, als ich die Zeitung gelesen habe, hatte ich keine Ahnung, dass Sie der Polizist aus dem Fernsehen sind, der den kubanischen Flüchtling von dem Mast runtergeholt hat.«
    Und der Engel sang! »Bleiben Sie dran«, sagte Nestor, legte die Hand aufs Telefon und sagte zu seinen Kollegen, »Ist wichtig, ich bin gleich wieder da.«
    Dann stand er auf, ging nach draußen auf den Gehweg und sagte in sein Handy, »Ich gehe woandershin, wo es ein bisschen leiser ist. Da drin ist es zu laut.«
    Woanders war der große CVS an der nächsten Ecke. Hinter der Eingangstür, zwei schweren automatischen Glasschiebetüren, befand sich im Abstand von etwa einem Meter fünfzig die gleiche Tür noch einmal und schuf so eine Art Vorraum. Nestor lehnte sich an eine Seitenwand und sagte zu Ghislaine Lantier, »Tut mir leid, hat ein bisschen gedauert, aber hier ist es besser.« Mit »besser« meinte Nestor, dass ihr Anruf ihn vor weiteren Fragen von Hernandez über sein Verhältnis zu John Smith bewahrt hatte. Eine glatte Lüge, dass er den Mann gar nicht kannte, wäre sinnlos gewesen. Wer konnte wissen, ob ihn nicht vielleicht jemand in der letzten Nacht mit John Smith gesehen hatte, erst im Isle of Capri und dann, wie sie zu ihm nach Hause gefahren waren? Plötzlich hatte er eine düstere Vision: von einer Untersuchung des Präsidiums über die geheime Zusammenarbeit eines Polizisten mit einem periodista. Oh Mann! Ein fünfundzwanzigjähriger einfacher Polizist, der Informationen ohne Genehmigung von oben an die Presse weitergibt? ¡ Dios mío! Immer düsterer wurde das Schicksal, das er sich in seinen Gedanken ausmalte … Er stand in der Luftschleuse eines CVS … und klammerte sich an dieses Gespräch mit Ghislaine Lantier, als hinge sein Leben davon ab.
    »Also, wie kann ich Ihnen helfen?«, sagte er zu ihr. »Es geht nicht um die Sache von gestern. Hab ich das richtig verstanden?«
    »Ja … es geht um — ich gehe ein großes Risiko ein, wenn ich das Ihnen erzähle, einem Polizeibeamten! Aber irgendwie bin ich mir sicher, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich wünschte, ich könnte es meinem Vater erzählen … ich meine, natürlich werde ich es ihm erzählen, aber ich kann es ihm nicht einfach so hinwerfen und sagen, ›Friss oder stirb!‹ Können Sie das

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