Back to Blood
ihr, eine Stimme mit Akzent. Sie drehte sich um, und da war er — ER … der Märchenprinz, so attrak tiv und strahlend und vieles andere, wovon sie eine volle Woche geträumt hatte. Mit einem Blip von unglaublicher Geschwindigkeit senkte sich Sergejs Blick, inspizierte ihre Brüste, die das Bustier zu sprengen drohten — und blippte wieder nach oben.
Magdalena bemerkte es … und mochte es … und in diesem Augenblick war der Zorn verschwunden, den Norman in ihr entfacht hatte. Einfach so. ¡Mirabile visa! wie eine der Nonnen, Schwester Clota, immer zu sagen pflegte. ¡Was für ein wundervoller Anblick! ¡Die Erhabenheit höchstselbst! Aber im nächsten Augenblick, hellwach in der traumlos realen Welt, stürzte die Liebesbomberin aus Hialeah in all ihrer Erhabenheit ab, zerschellte und brannte aus, so wie immer wieder in der vergangenen Woche, wenn sie sich in ihrer Obsession verloren hatte. Warum hatte er sich ihr gerade jetzt genähert? … während sie ein saudummes Gemälde »stu dierte« und damit überspielen wollte, dass sie ein armes Ding, ein gesellschaftlicher Außenseiter war. Na ja, das lag doch auf der Hand. So freundlich, wie er war, wollte er sie nur vor einer gesellschaftlichen Blamage bewahren. Was für ein grauenvolles Rendezvous! Was sah er in ihr? … Ein albernes Dummerchen, das sein Mitleid brauchte! Es war demütigend — demütigend! — so demütigend, es ließ sie jede Rolle, in die sie hätte schlüpfen können, schlagartig vergessen … die der flirtenden Unschuld, des Vamps, der Schülerin Äskulaps, des Gottes der Heilkunst, der barmherzigen Mutter der schwer beladenen Sexbessenen, des Groupies des großen russischen Oligarchen und philantropischen Kunstsammlers. Also reagierte sie, ohne es zu wollen, vollkommen aufrichtig … ihr fiel die Kinnlade herunter, ihr Mund klappte auf, und ihre Lippen öffneten sich …
Als ob das helfen würde, machte Sergej sich daran, sie mit seinem Charme zu überschütten. »Ich freue mich sehr, Sie zu sehen, Magdalena!« Schon tauchte ein anderer Gast neben ihm auf, der mit einem schiefen Lächeln nur auf den Augenblick wartete, dass seine Lippen aufhörten sich zu bewegen und er Sergej in Beschlag nehmen konnte.
Sergej beugte sich zu Magdalena vor und sagte leise, »Auf der Miami Basel hatten wir kaum Gelegenheit, uns zu unterhalten.« Wieder blippte er mit dem schnellsten, schlüpfrigsten Augenzwinkerer hinunter zu ihrem Bustierbusen.
Inzwischen war Magdalena so nervös, dass sie am Nagel ihres kleinen Fingers knabberte. Der Klang seiner intimen, leisen Stimme pumpte wieder rotes Blut und dessen Bodyguard, die Hinterlist, in ihren Organismus. Sie konnte es buchstäblich spüren. Langsam zog sie den kleinen Fingernagel von ihren knabbernden Zähnen zurück, legte die Hand auf ihr Dekolleté und brachte ihre Lippen dazu, auf eine bestimmte, ungemein vergnügte Art zu lächeln … und sagte dann mit leiser und rauchiger Stimme, »Oh ja, ich erinnere mich …«
Inzwischen drängten sich drei Leute um Sergej, deren glänzende Augen gierig Blickkontakt suchten. Einer von ihnen, ein kleines Wiesel von Mann, dessen Hemdkragen in sich zusammengefallen war, weil die Krawatte fehlte, klopfte ihm linkisch auf die Schulter. Sergej schaute Magdalena an, verdrehte bedrückt die Augen und sagte, »Fortsetzung folgt …« Dann ergab er sich seinen Höflingen, nicht ohne sich vorher noch einen letzten schnellen Blick auf ihren Busen zu gönnen.
Magdalena stand wieder allein da, aber diesmal störte es sie nicht. Nicht im Geringsten. Für sie existierte nur eine einzige Person im Chez Toi, und jetzt wusste sie, dass er interessiert war …
Kurze Zeit später tauchte Norman wieder auf. Als sie ihn sah, setzte er ein schmallippiges Gesicht auf und schüttelte den Kopf, wie Männer es immer tun, wenn sie sagen wollen, »Ich schwöre, Liebling, ich hab alles versucht.«
»Tut mir ehrlich leid. Ich hatte jemanden gesehen, den ich unbedingt sprechen musste, und ich war mir nicht sicher, ob ich ihn noch mal erwischen würde. Hab ja nicht gewusst, dass —« Er verstummte, als er das heitere freundliche Lächeln auf Magdalenas Gesicht sah.
»So, so, du hast ihn also aufgespürt.«
»Ähhh, ja.«
Sie lächelte nur über diese kleine Genderlüge. Was machte das schon für einen Unterschied? »Ich bin so glücklich, Liebling«, sagte sie.
Er schaute sie komisch an, als witterte sein Radar Ironie. Wahrscheinlich wegen des »Liebling«. Aus irgendeinem Grund war Norman
Weitere Kostenlose Bücher