Back to Blood
Astralkosmos hochgebeamt hatte, so schnell kam sie auch wieder herunter.
Sergej gab in dieser Kulisse natürlich eine makellose Figur ab. Zu seinem Profil, dem kräftigen Kinn, der straffen Kinnpartie ohne den Hauch überflüssigen Fleischs … passten seine Haare. Sie waren voll, tiefbraun mit blonden, sonnengebleichten Strähnen und sahen aus, als drückte ein Luftstrom sie an die Seiten seines Kopfes … obwohl sie natürlich, wie jeder zurechnungsfähige Autofahrer in Südflorida, in dem klimatisierten Kokon des Innenraums saßen. Blip — außer Norman in seinem immer offenen Cabrio. Aber Norman war nicht zurechnungsfähig!
Sergej schaute zu ihr hinüber — was für Augen er hatte! — blaue, schelmisch schimmernde Augen! Ein leichtes Lächeln … Da keiner der beiden irgendein amüsantes Thema angeschnitten hatte, hätte ein Tourist aus Cincinnatti dieses leichte Lächeln möglicherweise blasiert genannt. Das war allerdings keineswegs das Wort, das Magdalena in den Sinn kam. Oh nein. Charmant, weltmännisch, kultiviert … das schon eher. Und seine Kleidung … sie sah so reich aus … sein Jackett — Kaschmir? — so weich, dass sie am liebsten ihren Kopf darin vergraben hätte … das schimmernde weiße Hemd — Seide? — mit einem hohen offenen Kragen, augenscheinlich geschneidert, um offen getragen zu werden … kein Knopf, kein Knopfloch, das den Anschein erwecken konnte, sein Trä ger hätte die Krawatte vergessen … Natürlich sah auch sie umwerfend aus. Amélias Kleid mit dem endlosen Ausschnitt … Hin und wieder ertappte sie Sergej dabei, wie er einen schnellen Blick auf die inneren Rundungen ihrer Brüste warf. Sie fühlte sich … scharf.
Als Sergej losgefahren war, hatte der Motor des Wagens kaum ein Geräusch gemacht. Inzwischen fuhren sie … bei schwachem Verkehr … auf der Collins Avenue Richtung Norden … und die Wohntürme huschten vorbei … einer nach dem anderen, eine Wand, die den zufälligen Passanten vergessen ließ, dass sich zweihundert Meter östlich ein Ozean befand.
Magdalena zerbrach sich auf der Suche nach irgendeinem Gesprächsthema den Kopf … nach irgendwas … das interessant genug wäre, um mit Sergej darüber zu sprechen … Gott sei Dank gehörte zu seiner Kultiviertheit die Fähigkeit, aus Luft Small Talk zu spinnen … kein nervöses Schweigen …
Magdalena konnte sich nicht erinnern, jemals so weit im Norden von Miami Beach gewesen zu sein. Sie mussten schon fast die Stelle erreicht haben, wo Miami Beach ins Festland überging.
Sergej drosselte das Tempo und schenkte Magdalena sein fröhlichstes Lächeln. » Ahhh … jetzt sind wir in Russland. Das ist Sunny Isles.«
Nach dem zu urteilen, was Magdalena von der Straße aus sehen konnte, die Straßenlampen, das Mondlicht, die großen Spiegelglasfenster, die hier und da in den hohen Gebäuden leuchteten, sah es hier nicht anders aus als in Miami Beach … an der Ostseite der Collins Avenue die gleiche Wand aus Wohntürmen, die das Monopol auf den Meerblick hielten … und auf der anderen Seite alte und kleine Gebäude, die sich westlich der Collins auf Gott weiß wie vielen Kilometern zusammendrängten.
Sergej fuhr jetzt noch langsamer, zeigte auf das chaotische Häusermeer und in eine Nebenstraße mit billigen Mietshäusern. »Sehen Sie die Läden da?«, sagte er. Sie sahen nicht sehr eindrucksvoll aus, nicht für jemanden, der schon mal in Bal Harbour oder Aventura gewesen war. »Wenn Sie hier kein Russisch sprechen, können Sie in den Läden nichts kaufen. Klar, man kann ein paar Dollar aus der Tasche ziehen, auf etwas deuten und sagen, ›Kaufen?‹« Er sprach mit übertrieben russischem Akzent weiter. »Das sind echte Russen, sie sprechen kein Englisch und wollen auch keine Amerikaner sein. Wie auf der Calle Ocho in Miami, wenn man in einen Laden geht und kein Spanisch kann. Die wollen auch keine Amerikaner sein …«
»Was ist das da?«, fragte Magdalena.
»Was ist was?«
»Das große Schild. Sieht aus, als würde es in der Luft schweben.«
Gleich hinter der schäbigen kleinen Ladenzeile leuchtete in Rot, Gelb und Orange ein grelles Neonschild auf: THE HONEY POT . Es schien keine Verbindung zum Boden zu haben. Sergej zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Sieht aus wie irgendein Striplokal.«
»Für Russen?«
»Nein, nein — für Amerikaner. Russen gehen nicht in Stripklubs. Wir lieben die Frauen. Die Amerikaner lieben die Pornografie. Niemand sonst fährt so darauf ab.«
»Das Internet ist
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