Back to Blood
schaute sie einen Moment lang an. Es war die Art Blick, die Magdalena nie einordnen konnte. Ein gleichmäßiger Blick … mehr nicht. Schließlich sagte Amélia:
»Und, hast du vor, ihn heute Abend schon an deine Papaya ranzulassen?«
Magdalena war so schockiert, dass sie ihr geliebtes Knie losließ und den Fuß auf den Boden stellte, als ginge sie in Stellung für einen Kampf.
»Amélia!«, sagte sie »Was ist das denn für eine Frage?«
»Eine praktische Frage«, sagte Amélia. »Ab einem gewissen — also, wenn ein Kerl ein gewisses Alter erreicht hat, dann geht er davon aus, dass das einfach dazugehört zu einer erfreulichen ersten Verabredung. › Aflojate, Baby! Na, wie wär’s?‹ Wenn ich an all die Sachen denke, die ich gemacht habe, nur weil Reggie das von mir erwartet hat … So was nennt man eine ›Beziehung‹. Wenn ich nur das Wort höre, möchte ich mir am liebsten den Finger in den Hals stecken.«
»Ich habe dich noch nie so … am Boden erlebt wie heute, Amélia.«
»Ich weiß nicht«, sagte Amélia. »Jedenfalls habe ich vorher noch nie so was erlebt wie heute. Dieser Dreckskerl! — nein, er ist kein Dreckskerl. Ich hätte Reggie sofort geheiratet. Ich hoffe, dass du so was nie erleben musst.«
Erste Tränen liefen ihr über die Backen, und ihre Lippen fingen an zittern. Amélia — die immer die Stärkere und Gefestigtere der beiden gewesen war. Magdalena fühlte sich zunehmend unwohl. Sicher, Amélia war verletzt ::::::was wohl genau zwischen ihr und Reggie passiert ist?:::::: aber für so einen Zusammenbruch und so viel Selbstmitleid war sie einfach immer viel zu positiv gewesen. Wenn sie jetzt anfinge zu heulen und zu flennen, Magdalena könnte es nicht ertragen. Sie könnte nicht einfach dasitzen, während Amélia vor ihren Augen einen Nervenzusammenbruch erlitt — dafür hatte sie Amélia immer zu sehr bewundert. Sie war zwei Jahre älter, hatte eine bessere Ausbildung und war kultivierter.
Sie wischte sich die Tränen ab und riss sich zusammen. Ihre Augen waren noch feucht, aber sie brachte ein natürliches Lächeln zustande und sagte, »Tut mir leid, Magdalena.« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen :::::: Bitte, Amélia, reiß dich zusammen!:::::: was sie Gott sei Dank tat. Sie verdrückte die Tränen, so gut es ging, und sagte mit einem Lächeln, »Ist wohl nicht mein bester Tag heute.« Sie lachte kurz auf. »Natürlich helfe ich dir … wenn ich kann … Weißt du was, schau mal in meinen Schrank, da hängt ein neues scharzes Kleid von mir, mit einem Ausschnitt —« Sie beschrieb mit ihren Händen einen V-Ausschnitt vom Hals bis zur Hüfte. »Ist mir ein bisschen zu eng, aber dir müsste es perfekt passen.«
Diese Schwerelosigkeit! Diese extraterrestrische Vision! Diese Astralwanderung! Diese Glückseligkeit!
Nicht, dass Magdalena die Ausdrücke »extraterrestrische Vision« und »Astralwanderung« kannte, aber es waren die beiden wesentlichen Bestandteile ihres überirdischen Hochgefühls. Sie hatte das Gefühl — obwohl es für sie mehr als ein Gefühl war, es war sehr real — dass sie auf dem samtweichen, hellbraunen Leder des Beifahrersitzes dieses glamourösen Sportwagens saß … und gleichzeitig über der Szene schwebte … hoch oben, astral wandernd … und auf die unglaubliche Wendung des Schicksals hinabblickte, die Magdalena Otero, ehedem wohnhaft in Hialeah, hautnah neben einen Mann gesetzt hatte, der zu tollkühn, zu attraktiv, zu reich und zu prominent war, als dass er sie hätte anrufen und einladen dürfen — aber er hatte es getan! Er, Sergej Koroljow, der russische Oligarch, der dem Miami Museum of Art Gemälde im Wert von siebzig Millionen Dollar geschenkt hatte, der in dem gesellschaftlich angesagtesten Restaurant von ganz Miami, dem Chez Toi, die angesagteste Dinnerparty gegeben hatte, bei der sie je gewesen war, der diesen superheißen Wagen fuhr, der so teuer aussah und zweifellos auch so teuer war — er saß direkt neben ihr am Steuer! Von hier oben konnte sie sie beide sehen. Sie konnte direkt durch das Dach sehen. Sie schaute sich um … wie viele Menschen beobachteten diese Szene, beobachteten Magdalena Otero, wie sie in diesen superheißen Wagen einstieg, der schon jetzt, als er noch am Bordstein stand, pfeilschnell aussah?
Nun ja … leider nicht viele. Niemand wusste, wer sie war. Die Drexel Avenue war zwar ihre offizielle Adresse, aber wie oft hatte sie in diesem Jahr schon hier geschlafen?
Wuuuuuusch — so schnell sie sich in ihren
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