Back to Blood
voll davon«, sagte Magdalena. »Sechzig Prozent aller Klicks sind auf Pornoseiten. Sie wären überrascht, wie viele berühmte Männer süchtig danach sind. Die schauen sich fünf, sechs Stunden am Tag Pornos an, meistens während der Arbeit, im Büro. Es ist traurig! Sie ruinieren ihre Karrieren.«
»Im Büro? Warum im Büro?«
»Zu Hause haben sie Frauen und Kinder.«
»Woher wissen Sie das alles?«
»Ich bin Krankenschwester. Ich habe mal für einen Psychia ter gearbeitet.« Magdalena suchte in Sergejs Gesicht nach Anzeichen, ob er über Norman Bescheid wusste … Nichts, Gott sei Dank. Dieser kleine Vortrag über Pornografie — schließlich doch noch ein Triumph! Sie hatte es wieder bewiesen … sie war nicht nur ein Nichts mit einem schönen Gesicht und einem scharfen Körper … er hatte keine Wahl … er musste sie ernst nehmen … und sie hörte Amélias flüsternde Stimme, die durch ihr Innenohr in den Gehörgang drang und ihr Trommelfell vibrieren ließ: »Und, hast du vor, ihn heute Abend an deine Papaya ranzulassen?«
Kommt drauf an! Wie immer bei solchen Entscheidungen! Kommt drauf an! Als sie Sunny Isles hinter sich gelassen hatten und weiter Richtung Norden fuhren, erinnerte die Umgebung immer weniger an Miami Beach … Hollywood … Hallandale … »Jetzt erreichen wir das russische Herzland.« Er kicherte, um Magdalena zu zeigen, wie amüsant er diese Bemerkung fand.
Er bog von der Collins Avenue auf einen kleineren Highway ab, der Richtung Westen führte. Magdalena hatte keine Ahnung, wo sie waren.
»Wie hieß das noch mal?«, sagte sie. »Das Restaurant, zu dem wir fahren …?«
»Gogol’s.«
»Und das ist ein russisches Lokal?«
»Oh ja, sehr russisch«, sagte er … mit seinem blasiert weltmännischen oder weltmännisch blasierten Lächeln.
Sie fuhren weiter Richtung Westen in die Dunkelheit … und hinter einer Kurve sah sie es — ein leuchtendes, von hinten angestrahltes, genauso grelles Schild wie das des Honey Pot: GOGOL’S! … vor dem Eingang eine überdachte Auffahrt, deren Pfeiler mit die Sinne verwirrenden Flachreliefs verziert waren, die wilde Meuten nackter Nymphen zeigten: GOGOL’S!
Unter dem Vordach ein regelrechter Bienenstock aus jungen, hellhäutigen Burschen vom Parkservice. Ständig fuhren Autos hinein und hinaus … Scharen von Männern und Frauen drängten hinein …
Sergej scherzte auf Russisch mit den Jungen vom Parkservice. Sie kannten Gospodin Koroljow sehr gut. Als er und Magdalena das Gebäude betraten, eilte sofort ein großer, kräftiger Mann auf sie zu — fast zwei Meter, dunkler Anzug, weißes Hemd, marineblaue Krawatte, das schüttere schwarze Haar streng über den Schädel nach hinten gekämmt — und rief mit überschäumender Begeisterung, »Sergej Andrejewitsch!« Der Rest war auf Russisch. Der Mann war wahrscheinlich der Besitzer, zumindest der Geschäftsführer. Sergej sagte auf Englisch zu ihm, »Das ist meine Freundin Magdalena.« Der große Mann deutete eine Verbeugung an, die Magdalena für »europäisch« hielt. Das Lokal war riesengroß … Jeder Quadratzentimeter Wand war mit einem kräftigen, malvenfarbenen (synthetischen) Samtstoff bedeckt, der von Myriaden kleiner Strahler beleuchtet wurde, die in die schwarze Decke eingelassen waren. Der malvenfarbene Stoff diente als Hintergrund für jede Form von Glitzerzeug, das die russischen Innenarchitekten in die Finger bekommen hatten. Die beiden schwungvollen Treppen, die zu einer zweiten Ebene hinaufführten, die höchstens eineinhalb Meter über der ersten gelegen war, waren extravaganter als die in der Pariser Oper. Die Geländer zierten Streifenintarsien aus poliertem Kupfer. Die weißen Tischtücher im Gogol’s glichen dank der winzigen in den Stoff eingewebten Pailletten einem grandios glitzernden Ozean … Auf allen Tischen standen kleine Lampen mit funkelnden Ständern aus künstlichem Kristall und malvenfarbenen Schirmen … Wo immer sich im Gogol’s Platz fand, an Einfassungen und Einrahmungen, an Borten und Bordüren Glitzerzeug anzubringen — es wurde angebracht. All diese Dinge sollten für funkelnden Glanz inmitten üppiger, aber einschläfernd malvenfarbener Schwermut sorgen … was sie aber nicht taten. Sie waren nicht mal kitschig. Sie sahen bieder, banal, blasiert, spießig und aufgeblasen aus. Der ganze höhlenartige Speisesaal sah aus wie Großmutters Schmuckschatulle.
Ein regelrechter Schwarm aus gleichaltrigen oder älteren Männern keilte Sergej ein. Waren die
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