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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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aber auch sagen, te cagaste. « Du hast es vermasselt. Wörtlich, du hast es verschissen. Dann wandte Mr. Ruiz ihm wieder den Rücken zu.
    Gedemütigt! — von diesem — diesem — diesem — Nestor hatte gute Lust, ihm den großen Kopf vom Rumpf zu reißen und — und — und in seinen dürren Hals zu scheißen.
    »Nestor!«
    Nestor schaute zur Theke. Es war die Blondine. Anscheinend hatte sie sich auf die Zehenspitzen gestellt, um über die Kante der Theke schauen zu können. Er kannte sie. Cristy La Gringa! wollte er schreien, aber Mr. Ruiz’ Anwesenheit hielt ihn zurück.
    Er ging zur Theke. Die wunderbar wilde blonde Mähne! Cristy La Gringa! »Cristy La Gringa!« Das hatte zwar nicht die poetische Kraft von »Inga La Gringa«, aber dennoch kam er sich vor wie Nestor der Narr … toller Witz, no es verda d ? Cristy war auf der Hialeah High School eine Klasse unter ihm — und in ihn verknallt gewesen. Sie hatte keinen Zweifel daran gelassen. Und er war versucht gewesen. Seine Lenden hatten sich geregt … Pastelitos! Oh ja!
    »Cristy«, sagte Nestor. »Ich wusste gar nicht, dass du hier arbeitest! La guapa gringa! «
    Sie lachte. So hatte er sie immer auf der Highschool genannt … wenn sie vermeintlich nur herumgealbert hatten.
    »Ich habe gerade erst angefangen«, sagte Cristy. »Nicky hat mir den Job besorgt. Du erinnerst dich doch an Nicky, oder? Sie war eine Klasse über dir.« Sie zeigte auf das dritte Mädchen. »Und das ist Vicky.«
    Nestor schaute sich alle drei an. Nickys und Vickys Haare ergossen sich wie die von Cristy in stürmischen Wellen über ihre Schultern, nur dass sie kubanisch dunkel waren. Alle drei trugen knallenge Jeans. Sie umschlossen jede Rundung, ob vorne oder hinten, drangen in jede Spalte ein, erforschten jeden Hügel und jedes Tal des Unterleibs, erklommen die Venushügel —
    — aber irgendwie konnte er nicht … Er war zu deprimiert. »Vicky und Cristy und Nicky und Ricky’s«, sagte er. Sie lachten … unsicher … und damit hatte es sich dann auch.
    Er bestellte ein paar pastelitos und Kaffee … zum Mitnehmen. Eigentlich hatte er sich ein langes, gemütliches Frühstück an einem der kleinen Tische ausgemalt, ruhig, auf neutralem Boden, nur er mit seinen pastelitos und seinem Kaffee. Mr. Ruiz hatte diesen Traum zunichtegemacht. Weiß Gott, wie viele Klugscheißer trotz des frühen Samstagmorgens noch auftauchen würden?
    Wenig später stellte Cristy eine kleine weiße Papiertüte mit den pastelitos und dem Kaffee auf die Theke. Aus irgendeinem Grund verwendeten alle kleinen Bäckereien und Diners in Hialeah nur weiße Tüten. Als sie ihm an der Kasse das Wechselgeld gab, sagte er, »Danke für alles, Cristy.« Er meinte es eigentlich liebevoll, aber es klang nur traurig und deprimiert.
    Cristy war schon wieder hinter der Theke verschwunden, als Nestor in einem Regal an der Vorderseite der Theke zwei Stapel Zeitungen auffielen.
    Wuuh! Sein Herz versuchte aus seinem Brustkorb zu hüpfen. Er! — ein Foto von ihm selbs t ! — sein offizielles Dienstfoto aus dem Polizeipräsidium — auf der Titelseite des spanischsprachigen El Nuevo Herald. Daneben ein — ein Bild von einem jungen Mann mit verzerrtem Gesicht: Nestor kannte das Gesicht, klar — der Mann auf dem Mast … über den beiden Porträts ein großes Foto von dem Schoner am Causeway und einer mit gefletschten Zähnen pöbelnden Menschenmenge auf der Brücke … und darüber die größten, schwärzesten Druckbuchstaben, die Nestor je auf einer Zeitungsseite gesehen hatte: ¡DETENIDO ! A 18 METROS DE LA LIBERTAD — quer über die gesamte Titelseite … des El Nuevo Herald. Schock! — sein Herz begann zu rasen. Er wollte die Geschichte nicht lesen, ernsthaft, wollte es wirklich nicht — aber seine Augen saugten gierig den ersten Satz auf und konnten sich nicht mehr losreißen.
    Er lautete auf Spanisch: »Ein kubanischer Flüchtling, wie verlautet der Held einer regimekritischen Untergrundbewegung, wurde gestern in der Biscayne Bay festgenommen. Achtzehn Meter trennten ihn vom Rickenbacker Causeway — und vom Asyl. Die Eltern des Polizisten, der ihn verhaftete, waren selbst aus Kuba geflohen und hatten sich mit einer selbst gebauten Jolle bis nach Miami in die Freiheit durchgeschlagen.«
    Nestor hatte plötzlich das Gefühl, als würde ein Hitzestoß seinen Cortex durchdringen und ihm das Gehirn verbrühen. Jetzt war er ein Schurke, ein undankbarer Widerling, der seinen eigenen Leuten eben jene Freiheit verwehrte,

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