Back to Blood
fielen auf seine Hose … auf die frisch gepols terten Sitze des Camaro … Was ihn nicht im Geringsten ärgerte, die sanft fallenden Blätterteigflocken an diesem stillen Samstagmorgen um 7:30 Uhr waren auch ein kleines Stückchen Himmel … Die fallenden Flocken erinnerten Nestor an zu Hause, an fröhliche Kindertage, an ein sonniges Hialeah, an die gemütliche casita … weiche, flauschige Wolken aus Liebe und Zuneigung … und Schutz. Aus den Schlitzen der brummenden Klimaanlage wehte Zephyr sanft, sanft die Flocken herum … Nestor spürte, wie die furchtbare Spannung sich langsam löste langsam löste langsam löste und er trank noch einen Schluck Kaffee … unbeschreibliche Süße — wie warm der Becher und der Plastikdeckel den Kaffee hielten! … und er aß noch einen pastelito- Halbmond, und die Flocken fielen so sanft und taumelten in Zephyrs Brise, und er griff nach unten … und zog den kleinen Hebel neben dem Sitz nach oben und ließ sein Gewicht die Lehne nach hinten drücken, bis sie bei einer Neigung von zwanzig Grad einrastete … und der Kaffee, der ihn nach einer schlaflosen Nacht eigentlich wach halten sollte, schwappte wie eine Woge perfekter Wärme durch seinen Körper … und sein Körper ergab sich vollkommen der Neigung des Sitzes … und sein Geist ergab sich vollkommen einem hypnagogischen Zustand, und augenblicklich …
Er schreckte aus dem Schlaf hoch. Er schaute auf den Auto schlüssel, der in ON -Stellung in der Zündung steckte, und spürte den kühlen Luftzug der Klimaanlage. Er war bei laufendem Motor eingeschlafen … Er drehte die Fenster herunter, um frische Luft hereinzulassen … Gott, war die frische Luft heiß! Die Sonne stand genau über ihm … killergrell … Wie spät war es? Er schaute auf seine Jumbouhr. Es war 10:45 Uhr! Er hatte drei Stunden geschlafen … ausgestreckt im Reich des Sandmanns, mit laufendem Motor und einer Klimaanlage, die elektrische Luft kotzte.
Er nahm das Handy vom Schalensitz auf der Beifahrerseite und seufzte … Welche Nachrichten sein Innenleben auch für ihn bereithielt, sie waren sicher giftig. Doch einmal mehr konnte er nicht widerstehen. Er holte sich die neuen Nachrichten aufs Display. Eine Nummer nach der anderen drückte er weg … bis er schließlich bei einer zweimal hinschauen musste. Die Nummer sprang ihn geradezu an — eine SMS von Manena!
»komme zu Yeya party cu«
Er starrte die Buchstaben an. Er versuchte ein Zeichen von Liebe darin zu entdecken … irgendwas … Sechs Worte? Er schaffte es nicht. Trotzdem simste er zurück: »meine manena kanns kaum erwarten cu2«
Seine Lebensgeister drehten durch. Es waren noch mindestens vier Stunden bis zum Beginn der Party, aber er musste nach Hause … sofort. ::::::Ihr Camagüey guajiros, Papa und Yeya und Yeyo, ich ignoriere euch einfach. Aber ich werde verdammt noch mal da sein, wenn Manena kommt.::::::
Inzwischen war es 11 Uhr, und die Straßen von Hialeah säumten Wände aus geparkten Autos. Er musste den Camaro über einen Block entfernt abstellen. Als er die Hälfte seiner Straße hinuntergegangen war, trat ein paar casitas vor ihm Señor Ramos aus der Haustür. Durch seine große CopSonnenbrille konnte Nestor sehen, dass Ramos ihn anstarrte. Dann drehte er sich wieder zur Haustür um, schnippte übertrieben mit den Fingern, als hätte er etwas vergessen, und — schwupp — war er wieder in seiner casita verschwunden. Señor Ramos ist nichts weiter als ein Gepäckabfertiger auf dem Miami Airport. Ein Gepäckabfertiger! Ein kleines Menschenkorn! Aber an diesem Morgen, in diesen Straßen, wollte er nicht mal ein buenos días mit Officer Nestor Camacho wechseln. Na ja, was soll’s? Magdalena kommt.
Das war ja klar, oder? Schon vier oder fünf casitas vorher kann Nestor seine eigene casita hören … den Dampfstrahler, der dem heißen Hialeah-Beton Druck macht. Na klar. Da ist Mami, die lange, schlabberige Shorts, ein noch schlabberigeres, zu großes weißes T-Shirt und Flipflops trägt … und zum weiß Gott wie vielten Male an diesem Morgen die betonierte Wildnis zähmt … und ihm steigt … na klar … der erste Hauch des duftenden Schweins in die Nase, das wahrscheinlich schon ein paar Stunden …. vor sich hin brutzelt … beaufsichtigt von Ich-Camilo und El Pepe Yeyo, den beiden Machomeistern der wichtigen Dinge des Lebens …
Als sie ihren Sohn sieht, dreht Mami sofort das Wasser ab und schreit: »Nestorcito! Wo bist du gewesen? Wir haben uns Sorgen gemacht!«
Nestor
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