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back to past - zurueck zu dir

back to past - zurueck zu dir

Titel: back to past - zurueck zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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gegriffen hatten. Neben dem Dröhnen in seinen Ohren nahm er heisere Schimpfworte wahr, deren Sinn sich ihm nicht offenbarte, während er die Arme vor sein Gesicht hob, sich auf dem Boden zusammenrollte und die Schläge abzuwehren suchte. Eine instinktive Reaktion, die von ihm Besitz ergriff, während sein Verstand ihn lähmte, lange verdrängte Erfahrungen ihn mahnten, sich still zu verhalten, die erste Welle des Zorns abzuwarten, das Feuer des Angreifers nicht zusätzlich anzufachen.
    „Drecksstück“, schrie Matthias, und Christian kam zu sich. Das war anders, das war nicht sein Vater, der hier würde nicht aufhören, der steigerte sich in seinen Ausbruch hinein, bis der in einer Katastrophe endete. Der hier, sollte man ihn nicht aufhalten, wäre zu einem Mord fähig.
    Christian wehrte sich. Er trat zu, versuchte aufzustehen, erinnerte sich an die wenigen Stunden in Selbstverteidigung, die er einst besucht und viel zu früh aufgegeben hatte. Er landete einen Hieb, doch der prallte an Matthias’ grober Gestalt ab. Er fand Halt an einem Sessel, kämpfte sich hoch. Doch als er den anderen über sich fühlte, traf sein Knie ins Leere, erschütterte das kaum gewonnene Gleichgewicht, noch bevor ein Schmerz in seinem Bein hochschoss. Er glaubte, sein Schienbein bräche entzwei, während ein Fausthieb in seinem ungeschützten Gesicht landete. Christians Lippe platzte auf und das Blut rann heiß sein Kinn herab. Doch er registrierte beides nicht, als Matthias ihn packte, seinen Arm verdrehte und ihn erneut gegen die Wand schleuderte. Noch während er an der herabrutschte, trafen ihn die Tritte harter Stiefel, bevor ein weiterer Schlag gegen die Stirn seinen Blick verdunkelte.
    Er glaubte, seine Augen weiterhin aufzureißen, griff mit unsicheren Bewegungen nach Halt, den er nicht sehen konnte, und landete mit der Schulter zuerst hart auf dem Boden. Als der Stiefel seinen Hüftknochen rammte und ein Wirbel geballter Fäuste seine Rippen bearbeiteten, wusste Christian, dass das sein Ende war. Der Mann meinte es ernst. Und ein Teil von ihm war überzeugt davon, immer gewusst zu haben, dass es für ihn so ausginge. Dass er niemals so weit hätte kommen dürfen, dass es nur ein wenig Mut erfordert hätte und es wäre ihm gelungen, seinen Vater über diese Klippe zu befördern. Nur eine Bemerkung, eine Andeutung, die dessen verbliebene Selbstkontrolle zerfallen ließ.
    Und doch grub sich eine andere Überzeugung aus ihm hervor, verriet ihm, dass sein Vater nicht in sich getragen hatte, was diesen Mann antrieb. Dass Christian stärker war als sie beide. Dass er den Vater überlebt hatte, ohne zu wissen warum. Und dass es einen Grund gab, auch das hier zu überstehen. Er musste nur durchhalten.
    Christian riss die Augen auf. Die Dunkelheit wich einem roten Schleier und er fühlte Blut nun auch in seinen Augen. Sein gesamter Körper schmerzte und das Dröhnen in seinen Ohren war zu einem heiseren Brüllen angeschwollen. Sein Kopf wurde zurückgerissen und gerade noch gelang es ihm die Arme hochzureißen und den Aufprall abzuwehren, der sein Gesicht erneut mit der Wand kollidieren lassen wollte.
    Für einen Augenblick glaubte er Kälte zu empfinden, einen Luftzug, der ihn erschauern ließ, während die Welt um ihn erbebte. Nein, sie zitterte in einem Donnerschlag, der das Brüllen in seinem Kopf übertönte. Grelles Licht verwandelte das Rot in eine Flamme, die schneller wieder erlosch, als er sie begreifen konnte, während das Donnern unvermindert anhielt.
    Doch mit der Kälte hatte eine Veränderung eingesetzt, durchdrang eine Stimme die Dunkelheit und rief seinen Namen.
    Als Christian den nächsten Schlag erwartete, blieb der aus.

*

    Gabriel wusste, dass etwas nicht stimmte, noch bevor er die letzte Kurve nahm, bevor das Jugendzentrum vor seinem Blick auftauchte. Die Dunkelheit nahm eine bedrohliche Note an, über ihm in den düsteren Wolken rumorte es verhalten. Von Zeit zu Zeit flackerten Teile der unförmigen Gebilde auf. Sie wirkten wie bösartige Auswüchse der Natur, erleuchtet von unsichtbaren Blitzen, verborgen in tief hängenden Massen. Das Schauspiel trieb Gabriel an, erschien ihm als kaum verhohlene Warnung.
    Im Licht der Laternen sah Gabriel sich im aufpeitschenden Wind wiegende Zweige, aufwirbelnden Staub und Schmutz. Blätter trafen sein Gesicht, Sand gelangte in seine Augen, sodass er sie kaum offen halten konnte, nicht nach links und nicht nach rechts sah, als er die Straße überquerte.
    Im Zentrum brannte

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