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back to past - zurueck zu dir

back to past - zurueck zu dir

Titel: back to past - zurueck zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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Knie, knickte am Ellbogen ein, doch er hielt ihn aufrecht. Gabriel sah zu, wie seine Hand kraftlos in der Luft hing, weiß im kalten Licht des Krankenhauses. Rötlich-braun getrocknete Blutflecken bedeckten Knöchel und Finger.
    Arnold neben ihm atmete geräuschvoll ein, streifte Gabriels Unterarm, als wollte er ihn trösten und ihm zugleich Halt geben. Doch er stoppte, noch bevor er das Handgelenk erreichte. Gabriel konnte nicht entscheiden, ob er die Spuren entfernen wollte oder sich an ihnen festhalten, sollten sie das Einzige sein, das ihm von Christian geblieben war. Sein Mund war trocken, und jetzt erst bemerkte er, dass seine Lippen sich bewegten, dass er Christians Namen flüsterte. Immer wieder und ohne sich selbst Einhalt gebieten zu können.
    Plötzlich richtete Arnold sich auf und winkte. Gabriel spürte den Luftzug, presste die Lider zusammen, als der Schwindel sich verstärkte. Schnelle Schritte kamen näher. Corinna erreichte sie als Erste.
    „Bekommt heraus, was mit Chris ist.“ Erneut dämpfte Arnold seine Stimme. „Ich schätze, Gabriel findet keine Ruhe, bevor er ihn nicht zu sehen bekommt.“
    Die Schritte entfernten sich, und Gabriel atmete aus, lehnte sich ein wenig nur in Arnolds Griff, murmelte ein heiseres ‚Danke‘.
    „Hier nicht für“, sagte der und rubbelte Gabriels Haar.
    Aus einiger Entfernung klangen Stimmen zu ihnen. Der Regen rauschte immer noch gegen die Fenster, bot eine Geräuschkulisse, die beruhigend wirkte, wäre Gabriel nicht jenseits aller Möglichkeiten angelangt, die schwelende Sorge in sich zu ersticken.
    Er sah hoch, sprang auf, schwankte leicht und spürte Arnolds Hand in seinem Rücken.
    Der Arzt und eine Schwester, gefolgt von seinen beiden Nachbarinnen standen vor ihm, wechselten einen Blick und einen weiteren mit den beiden Frauen.
    „Es ist alles in Ordnung“, erklärte der Arzt. „Es wird ein wenig dauern, bis er wieder fit ist, aber wir schicken ihn morgen nach Hause.“
    Die Luft entwich Gabriels Lungen und seine Schultern sackten herab. „Kann ich ihn sehen?“
    Seine Stimme klang heiser und als stamme sie nicht aus seiner Kehle.
    Die Schwester nickte und winkte ihnen, ihr zu folgen, während der Arzt die Akte schloss und in eine andere Richtung verschwand.
    Der Raum, auf dessen Tür er die ganze Zeit gestarrt hatte, entpuppte sich als Vorratskammer und in einem anderen Augenblick hätte Gabriel gelacht. Die ganze Zeit über war er davon überzeugt gewesen, dass ihn nur Wand und Tür von Christian trennten. An diesem Gedanken hatte er sich festgehalten. Dass man ihn lediglich aus dem Weg geräumt hatte, erschien ihm zugleich traurig und unendlich komisch. Die Schwester führte sie nur einen Gang weiter und zu einem Zimmer, vor dem auffallend viel Betrieb herrschte. Gabriel ging wie auf Watte, vorwärtsgetrieben, so schwer ihm jeder Schritt auch fiel. Arnold blieb an seiner Seite, und als sie das Zimmer erreichten, spürte Gabriel den Schwindel nicht mehr. Stattdessen schlug sein Herz bis in seinen Hals hinauf. Der pochte und pulsierte, und Gabriel atmete mühsam.
    Dass Christian eben erst in dem Raum geschoben worden war, zeigte sich an dem Nachttisch, den ein Pfleger gerade heranrollte, während die Schwester einen Beutel mit klarer Flüssigkeit am Infusionsständer einhängte.
    Die zwei weiteren Patienten beachtete Gabriel nicht, als er seine Schritte beschleunigte, Arnold abschüttelte und erst vor Christians Bett stehen blieb. Auf einmal unschlüssig verharrte er, starrte auf das bleiche Gesicht, die winzige Falte zwischen den Augenbrauen, die leicht gerunzelte Stirn, lauschte auf den wehmütigen Seufzer, der den blassen Lippen entkam. Christians Nasenlöcher weiteten sich und die Decke, unter der er lag, hob sich mit dem Atemzug. In Gabriels Brust flackerte ein Feuer auf. Doch dieses Mal war es kein Schmerz, der die Hitze verursachte, sondern überwältigende Erleichterung, die sich in ein Strahlen verwandelte, als Christian die Augen öffnete. Ein schwaches Lächeln brach sich Bahn, das dennoch den Raum erleuchtete. Doch es war nur ein kurzer Moment, bis sich das Lächeln in den Ausdruck plötzlichen Schmerzes verwandelte, und Christian die Augen wieder schloss, Lider und Lippen zusammenpresste.
    „Es tut mir so leid“, rutschte es Gabriel heraus und er schwankte vorwärts. Ein weiteres Mal stützte ihn Arnold, während Corinna einen Stuhl herbeitrug und sie beide Gabriel drängten, auf diesem Platz zu nehmen.
    Wie zuvor, nur unendlich viel

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